Sieg des Herzens
kennt Ian.«
»Ich weiß, sie sind beide bei der regulären Kavallerie.«
»Jesse war für die Rebellen ein wichtiger Gefangener, und er sollte gegen Jerome ausgetauscht werden, als der von der Bundesarmee hier im Kapitol festgehalten wurde. Aber irgend jemand hat in letzter Minute das Arrangement platzen lassen, und so wurde Jesse gegen einen anderen ausgetauscht. Aber Jerome hatte natürlich nicht die Absicht, hierzubleiben - wie du dir sicher vorstellen kannst. Und während der Flucht, kurz bevor Jerome mich abholen wollte, kam Jesse, der irgendwie Wind davon bekommen hatte, zu mir und sagte, wenn ich mit Jerome die Stadt verließe, würde er Alarm schlagen. Weil... er gedacht hat, ich sei in Gefahr, wenn ich mit Jerome unterwegs wäre. Ich war natürlich total außer mir, aber was blieb mir denn sonst übrig. Jesse mußte schließlich zurück in den Krieg. Nun, ja, und dann ... hatte ich mich wegen Jerome ja schon ziemlich an das Gefängnis gewöhnt, und als sie auch noch eine neue Wachmannschaft schickten, die viel anständiger war als Jeromes Wärter, fing ich an, regelmäßig herzukommen, um die gefangenen Rebellen zu besuchen. Und dabei habe ich natürlich alle möglichen Informationen mitbekommen, die den Krieg betrafen...«
»Und du hast sie weitergeleitet!« ergänzte Julian.
»Nun, das macht man doch gewöhnlich mit Informationen«, sagte Sydney.
»Nachdem Jennifer beinah gehängt worden wäre und all dem, was bei Alaina schiefgelaufen ist?«
Verwundert starrte Sydney ihn an, bevor sie ihm darauf antwortete: »Jeden Tag werden Männer erschossen, und trotzdem ziehen immer noch mehr in den Krieg.«
»Nun, als Mann hat man da auch kaum eine andere Wahl«, erklärte Julian.
»Das ist nicht wahr. Als Frau hast du keine Wahl.«
»Sydney...«
»Nun, genau darum geht es doch. Du, Ian, Jerome, Brent, mein Vater, dein Vater - ihr hättet es alle als eure heilige Pflicht angesehen, mich aus dem Schlamassel herauszuholen, in den ich mich selbst gebracht hatte. Das habe ich Rhiannon auch gesagt, als sie hier war, und sie deshalb um Hilfe gebeten.«
»Und dann ist sie zu Hauptmann Jesse Halston gegangen.«
Sydney nickte. »Nun, so wie es aussieht, glaubt General Magee immer noch, daß es für uns alle besser ist, wenn wir im Gefängnis bleiben. Obwohl ich es nicht gerne zugebe -da Jesse derjenige war, der mich hier reingebracht hat -, war er immerhin anständig genug, mich auch wieder rauszuholen. Viele Möglichkeiten hatte er da nicht. Er kam her, wir wurden getraut, er warnte mich noch, mich nicht wieder auf irgendwelche Spionagetätigkeiten einzulassen, und dann ritt er davon, um sich erneut seiner Einheit anzu-schließen.« Verbittert fügte sie hinzu: »Er ist noch gerade rechtzeitig dort angekommen, um an der Schlacht von Gettysburg teilzunehmen.« Beinah ängstlich sagte sie dann: »Julian, ich habe gehört, daß er in die Schulter getroffen wurde und es eine sehr ernste Verletzung war.«
»Er hat die Operation gut überstanden.«
Sydney biß sich auf die Unterlippe: »War Rhiannon dabei, als du operiert hast?«
»Ja.«
»Nun, dann hat er vielleicht eine Chance.«
Julian senkte den Blick und überlegte, ob er gekränkt darüber sein sollte, daß jetzt sogar schon seine eigene Verwandtschaft nur noch an seine Fähigkeiten glaubte, wenn sie wußten, daß Rhiannon ihm assistiert hatte. Aber er sprach dieses Thema nicht an, sondern fragte Sydney statt dessen: »Ich bin neugierig, wie du Rhiannon überhaupt kennengelernt und herausbekommen hast, daß sie diese besonderen Fähigkeiten im Umgang mit Kranken hat?«
»Hat sie dir das denn nicht erzählt?« entgegnete Sydney ehrlich erstaunt.
»Wir hatten nie viel Zeit, um uns zu unterhalten.«
»Wie auch? Ich kenne ja das ungestüme Temperament der McKenzie-Männer...«
»Na, hör mal, warum betonst du so das Temperament von uns Männern?«
»Hab' ich vielleicht dem Fotografen von Harpers eine runtergehauen?«
»Wenn du dabeigewesen wärst, hättest du ihm jedes Haar einzeln ausgerissen«, versicherte ihr Julian.
Sydney lächelte und kam auf Julians Frage, wie sie und Rhiannon sich kennengelernt hatten, zurück: »Es gibt hier einen jungen Gefreiten, der eine ernste Fußverletzung hatte. Ich dachte, daß man den Fuß womöglich abnehmen müßte. Aber Sergeant Granger schlug vor, daß wir erst mal Rhiannon holen sollten ... und sie hat wirklich Wunder gewirkt. Sie hat so eine Fähigkeit - ein Talent, mit Verletzungen umzugehen -, fast könnte man
Weitere Kostenlose Bücher