Sieg des Herzens
rein. Es hat schon bei anderen Gelegenheiten wunderbar funktioniert. Und Gott weiß, daß noch viele der Verwundeten von Gettysburg, die man hier eingeliefert hat, ihren Verletzungen erliegen werden.«
Er wollte gerade den Mund aufmachen, um zu protestieren, hielt dann aber inne. Sydney hatte vielleicht gar nicht so unrecht. So viele Männer waren schon tot ... und würden noch sterben. Ian würde sicher tun, was in seiner Macht stand. Aber das konnte noch dauern. Särge gab es allerdings in Hülle und Fülle.
Während er darüber nachdachte, ertönten Kirchenglocken. Sie hatten schon sehr oft außer der Reihe geläutet: immer dann, wenn ein bekannter Yankee-Offizier, der in der Schlacht von Gettysburg verwundet worden war, in einem der Washingtoner Krankenhäuser seinen Verletzungen erlegen war.
Um die verstorbenen Rebellen machte man hier in der Hauptstadt der Yankees natürlich nicht so viel Aufhebens. Alles was sie erwartete, war ... ein Sarg und der Transport in den Süden - nach Hause!
In den Tagen, die auf die große Schlacht von Gettysburg folgten, unternahm die Unionsarmee einige kleinere Feldzüge, um die Südstaatler aufzuhalten. Rhiannon wußte, was man damit beabsichtigte - und was nicht. General Magee hatte ihr davon erzählt.
Anfänglich schien der Zustrom der Verwundeten, die noch Tage nach der Schlacht vor den Lazaretten ausharrten und auf ihre Behandlung warteten, nicht abzureißen. Aber nun nahmen die langen, ermüdenden Stunden, die sich nur dadurch unterschieden, daß es mal Tag und mal Nacht war, allmählich ein Ende. Schließlich hatte man alle Verletzten versorgt, und wenn sie transportfähig waren, schickte man sie weiter in andere Krankenhäuser oder zur Genesung nach Hause. Die verwundeten Rebellen kamen ebenfalls in Krankenhäuser im Norden - oder ins Gefängnis.
Auch jetzt starben noch sehr viele an den Folgen der Schlacht. Man setzte sie in hastig ausgehobenen Gräbern bei, nicht weit von den Feldlazaretten entfernt, in denen sie ihren Verletzungen erlegen waren.
Schließlich war der Großteil der Transportfähigen auf dem Weg zu ihrem Bestimmungsort, und die Behandlung derer, die man noch vor Ort betreuen mußte, wurde viel leichter. Außerdem verteilte man die Verbliebenen auch noch auf die einzelnen Lazarette. Viele von ihnen würden noch lange unter der Obhut patriotisch gesonnener Yankees in Gettysburg bleiben müssen. Einige brachte man auch nach Harrisburg, und manche - Rebellen und Yankees gleichermaßen - starben unterwegs und wurden eiligst beerdigt.
Erst später würde man richtige Gräber schaffen können. Aber im Augenblick wurden die Yankees und ihre Rebellenbrüder, im Tod wieder vereint, auch gemeinsam begraben. Die Zahl der Toten war so unvorstellbar groß, daß man ihrer anders nicht Herr werden konnte. Außerdem war die Bedrohung, die von den Zehntausenden von Leichen ausging, Grund genug, den Gefallenen diese Behandlung zuzumuten.
Das Lazarett auf dem Gehöft, in dem Rhiannon arbeitete, bekam allmählich wieder so etwas wie geregelte Arbeitszeiten. General Magee ließ für die Bediensteten nun auch gemeinsame Mahlzeiten auftragen und gönnte sich jeden Abend ein paar Stunden der Muße, in denen er die Füße hochlegte, um sich ein wenig auszuruhen, Briefe zu schreiben - oder sich mit Rhiannon zu unterhalten.
Da er sehr festgefügte Ansichten über den Stand der Dinge hatte und sie jemandem mitteilen wollte, war Rhiannon ganz gut informiert. Seiner Meinung nach hätte man Lee gleich verfolgen sollen. Der Südstaatengeneral habe bestimmt nur mit dem Kopf schütteln können, als er sah, was die Unionsarmee tat beziehungsweise unterließ. Kein Wunder, daß die Rebellen immer noch der Meinung waren, diesen Krieg gewinnen zu können, obwohl der Norden ihnen zahlenmäßig, und auch was die Ausstattung anging, weit überlegen war. Magees Ansicht nach waren die Yankees nicht in der Lage, auch nur einen einzigen Mann zu rekrutieren, der tatsächlich Mumm genug hatte, um richtig zu kämpfen.
Lincoln sei natürlich begeistert über den Ausgang der Schlacht gewesen - aber außer sich darüber, was seitdem passiert war. Man habe die Rebellen einfach so davonkommen lassen, weil Meade wohl der Ansicht gewesen war, daß seine Truppen einfach zu erschöpft seien, um sich jetzt gleich noch einmal eine Schlacht mit Lees Leuten zu liefern. Die unzähligen Verwundeten schien der Politiker bei seiner Betrachtung der Lage zu vergessen. Aber schließlich arbeitete Meade doch einen
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