Sieg des Herzens
Trauerkleidung ablegte.
Sie stand auf und stellte fest, daß er ihr Wasser dagelassen hatte, mit dem sie sich ein wenig frisch machen konnte. Und als sie ihren Kopf aus dem Zelt steckte, stand da draußen ein junger Trommler, der den Auftrag hatte, sich um sie zu kümmern. Sobald er sie sah, war er auch schon bei ihr und fragte, ob er ihr Kaffee bringen solle.
Anstatt ihm darauf zu antworten, wollte Rhiannon lieber erst einmal wissen, wo Julian war.
»Er ist ausgeritten, Ma'am«, antwortete der Junge, der höchstens zwölf Jahre alt sein mochte, strohblondes, glattes Haar, ein keckes Lächeln und lustige Grübchen hatte. Er war viel zu dürr, aber ein aufgewecktes Kerlchen.
»Und wohin ist er geritten?«
»Es gab ein Scharmützel da draußen, und er wollte die Verwundeten versorgen. Ich hole Ihnen jetzt einen Kaffee und etwas zu essen, Ma'am. Ich fürchte allerdings, daß unser Essen nicht so gut ist. Aber wir haben noch ein paar frische Eier - ich hab' sie selbst besorgt -, und ich bin ein sehr guter Koch.«
»Da bin ich ganz sicher ... und wie heißt du?«
»Josiah, Ma'am. Josiah. Lassen Sie mich Ihnen jetzt Kaffee bringen.« Mit diesen Worten ging er zu einer der Kochstellen und kam mit einem Becher für sie zurück. Als Rhiannon vorsichtig daran nippte, fragte er besorgt: »Schmeckt er denn nicht?«
»Doch, köstlich.«
Achselzuckend erklärte er dann: »Wir haben ihn gerade eingetauscht. Da sind ein paar Yankees flußabwärts. Corporal Reilly hat ihnen ein bißchen von dem besten Tabak seines Vaters geschickt. Ich hab' gehofft, daß wir damit ein gutes Geschäft machen würden.«
»Der Kaffee schmeckt wunderbar.«
»Ich koche Ihnen jetzt ein paar Eier.«
»Das brauchst du nicht...«
»Dr. McKenzie hat gesagt, daß Sie bald ein Baby bekommen, Ma'am. Wir müssen auf das Kleine aufpassen. Schließlich wird Ihr Baby einmal die Zukunft unseres Volkes sein, stimmt's?«
Sie zögerte und mußte dann unwillkürlich lächeln. »Ja, natürlich.«
Der Junge ging davon und kam eine Weile später mit Eiern und frischem Brot zurück - wie er das Brot organisiert hatte, blieb sein Geheimnis. Während sie aß, setzte er sich zu ihr, und sie unterhielten sich ein bißchen. Seine Mutter war vor dem Krieg gestorben, und er glaubte, daß sein Vater mittlerweile auch tot sei, da er schon seit langem vermißt wurde. Als Rhiannon fertig war, bat sie ihn, sie zu den Verwundeten zu bringen.
Ihr taten die Männer so leid, die da Reihe an Reihe in ihren Feldbetten lagen, weil es ihnen immer noch so schlechtging, daß man sie nicht nach Hause transportieren konnte, und es gab auch keine freien Plätze mehr in einem regulären Krankenhaus. Sie brachte den Männern zu trinken, las ihnen vor, wechselte ihre Verbände, und der Tag verging wie jeder andere.
Sie erschrak allerdings, als sie auf Liam Murphy stieß, einen der jungen Männer, die bei Julian gewesen waren, als er ihr Haus als Zufluchtsort benutzt hatte.
»Liam!«
»Mrs. Tremaine, äh, McKenzie!« sagte er lächelnd. »Es stimmt doch, daß Sie Colonel McKenzie geheiratet haben? Ist eine wunderbare Geschichte, wissen Sie. Sie macht überall die Runde.«
»Da bin ich mir sicher«, murmelte Rhiannon. »Wie geht es Ihnen, und wo sind Sie verletzt?«
Anstelle einer Antwort hob er das Laken, und sie sah den freien Platz, an dem normalerweise sein linker Unterschenkel sein sollte.
»O Liam, es tut mir so leid!«
»Ich bin noch am Leben.«
»Gott sei Dank.«
»Und ich komme bald heim.«
»Das ist ja noch besser.«
»Um wieder zu kämpfen.«
»Nein!«
»Doch. Die Yankees scheinen sich wieder mehr für Florida zu interessieren. Sie haben schon alle möglichen Treffen deshalb abgehalten. Florida ist die Kornkammer für die Konföderierten. Die Yankees denken, daß wir schwach sind und sie uns einfach so angreifen können. Aber unsere Kommandeure sind ja nicht blöd. Sie werden die Yankees schon aufhalten«, sagte er stolz und fuhr dann mit gesenkter Stimme fort: »Ich hab' Julian heute morgen gesehen, Mrs. McKenzie. Es war schön, ihn wiederzusehen, aber er hat auch Angst. Er will nach Hause. Er hat gesagt, daß Sie was Kleines bekommen und daß er will, daß sein Kind in Florida zur Welt kommt. Er hat schon einen Antrag gestellt, daß man ihn wieder nach Hause versetzt, jetzt wo man weiß, daß es dort wieder losgeht!«
»Nun, warten wir es erst mal ab.«
»Würden Sie das wollen - nach Hause gehen, meine ich?«
Lange blickte sie ihm in die Augen und erwiderte
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