Siegel der Nacht: Mercy Thompson 6 - Roman (German Edition)
ziemlich aufgeregt, als ihnen klarwurde, dass er immer noch einfach da unten rumliegt. Sie haben noch ungefähr drei Minuten, bevor ich dich in die Notaufnahme bringe.«
Seine Selbstbeherrschung hing an einem seidenen Faden. Eine richtige Gefährtin wäre unterwürfig und sanft, bis er sich erholt hatte.
»Ich will nicht ins Krankenhaus«, quengelte ich. Ich wollte mich jetzt, wo mir endlich wieder warm war, mindestens hundert Jahre lang nicht bewegen. Wenn ich mich nicht bewegte, tat mir auch nichts weh. Zumindest fast nichts.
»Du hast keine Wahl.« Seine Stimme war ach so ruhig, aber ich konnte den Sturm spüren, der hinter der Kontrolle lauerte.
»Ich habe das böse Monster umgebracht. Ich finde, ich sollte etwas dazu zu sagen haben«, erklärte ich ihm. Peinlicherweise traten mir Tränen in die Augen. Ich musste ganz schnell blinzeln, um sie zurückzudrängen. Ich war fertig und hatte keinerlei Kraftreserven mehr übrig. Ich konnte heute Nacht einfach nichts mehr ertragen.
»Du stehst unter Schock«, sagte er grimmig. »Du musst an mindestens einem halben Dutzend Stellen genäht werden und dein Bein ist gebrochen. Wohin sollten wir deiner Meinung nach fahren?«
»Nach Hause?«
Er seufzte, lehnte sich vor und berührte für einen Moment meine Stirn mit seiner. »Ich bringe dich morgen nach Hause«, versprach er. »Heute Nacht landest du in der Notaufnahme.«
Im Krankenhaus schnitten sie mir meinen alten Badeanzug vom Körper, bevor eine müde wirkende Ärztin und zwei Krankenschwestern (von denen eine ein Mann war) meinen Körper schrubbten, nähten, klammerten und auf andere Art missbrauchten. Ich bat sie darum, Adams Hundemarke an meinem Hals zu lassen. Die Ärztin und beide Krankenschwestern flirteten hemmungslos mit Adam, obwohl er inzwischen ein Hemd und Schuhe zu seinen Jeans trug. Aber Adam schien es nicht zu bemerken, also war das okay.
Als die Sonne schließlich aufging, hatte ich einen leuchtend pinken Gips am Bein und den Befehl, mich so schnell wie möglich noch von einem Orthopäden durchchecken zu lassen. Mein Schlüsselbein war auf jeden Fall gebrochen, genauso wie meine Kniescheibe, und die Röntgenbilder zeigten außerdem einen verdächtigen Schatten an meinem Knöchel. Ich hatte mehr Stiche am Körper als eine Lumpenpuppe und meine Hände waren eingewickelt wie die einer Mumie. Nicht nur war meine rechte Hand gebrochen, sondern beide Hände waren verletzt, zerhäckselt und verbrannt. Ich hatte zwei Veilchen. Das erste war die Erinnerung an den Kampf im Wal-Mart. Ich hatte keine Ahnung, wann ich mir das zweite geholt hatte. Vielleicht, als der Flussteufel nach seinem Tod auf mir gelandet war, oder davor, als sich die Kreatur noch wand. Ich hatte es nicht gespürt, als es geschehen war, und jetzt fühlte ich es auch nicht mehr, weil ich unter den besten Drogen des Universums stand. Ich war sehr glücklich und es kümmerte mich nicht besonders, dass mein Bein immer noch wehtat; das Siegel des Flussteufels war verschwunden.
Sobald meine Schmerzen weg waren, sprach Adam nicht
mehr mit dieser sanften Stimme, die mir solche Sorgen machte, und seine Augen wurden dunkler, bis sie fast ihre normale Farbe hatten. Natürlich hörte ich in dem Moment, in dem meine Schmerzen verschwanden, auch auf, mir Sorgen darum zu machen, dass Adam die Kontrolle verlieren und jemanden umbringen könnte, was er später bedauern würde.
»Hey«, fragte ich Adam, als er den Papierkram entgegennahm, den eine Schwester ihm reichte, »ist das das Krankenhaus, in das sie auch Benny gebracht haben?«
Also schob mich Adam in einem Rollstuhl durch die Flure, um Benny zu besuchen. Als wir sein Zimmer erreichten, schlief Benny tief und fest in seinem Bett, eine müde wirkende Frau döste in einem müde wirkenden Stuhl und Calvin saß auf dem breiten Fensterbrett und starrte in die Morgendämmerung hinaus.
Einer der Räder des Rollstuhls quietschte; das erregte Calvins Aufmerksamkeit. Er drehte den Kopf, dann fiel er fast vom Fensterbrett.
»Was ist denn dir passiert?«, fragte er. Dann hellte seine Miene sich auf, er lehnte sich vor und fragte eindringlich: »Hast du es geschafft?«
»Wir haben ein Monster weniger«, sagte ich und weckte damit aus Versehen die Frau im Stuhl – und auch Benny.
»Schmerzmittel«, murmelte Adam, um irgendetwas zu erklären. Ich glaube, es war das Kichern. »Wie ihr sehen könnt, war es eine knappe Sache.«
»Erzähl mir davon«, sagte Benny.
Also tat ich es. An irgendeinem
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