Sieh dich um: Thriller (German Edition)
Gründen Menschen zu töten –, aber sie wusste, dass es manchmal ein notwendiges Übel bei ihrer Arbeit war. Außerdem musste sie – wie Krugman schon festgestellt hatte – das große Ganze im Auge behalten. Indem sie vorerst über Garabaldis Mord an Baldarama hinwegsahen, konnten sie an Tucci an der Spitze der Machtstruktur heran und das gesamte Kartenhaus zum Einsturz bringen, statt sich nur einen der unwichtigeren Handlanger der Organisation zu holen. Dana wusste, dass es wesentlich wichtiger war, der Gambino-Sippe das Handwerk zu legen, als ihre eigene, allzu vereinfachte Definition von Richtig und Falsch auf diesen Fall anzuwenden. Schließlich war sie keine vier Jahre mehr. Das Ziel von Krugmans Strategie war nicht schwer zu verstehen: Schlug man der Schlange den Kopf ab, starb auch der Körper. »Garabaldi verlangt im Gegenzug für seine Aussage eingeschränkte Immunität und eine geringe Haftstrafe für den Mord an Baldarama. Er sagt, er ist mit drei Jahren in einem Gefängnis mittlerer Sicherheitsstufe einverstanden, mit keinem Tag länger. Anschließend will er in das Zeugenschutzprogramm. Er sagt, er würde überall hingehen, wo es warm und wo Wasser ist. Vorzugsweise nach Hawaii.«
Krugman überlegte kurz. »Hoffentlich spielt er nicht schon wieder mit Ihnen«, sagte er schließlich. »Wir machen es einfach. Fünf Jahre für den Mord an Baldarama, den Sie und Brown beobachtet haben, keinen Tag weniger. Und wir brauchen belastende Dokumente, die direkt zu Tucci führen, sonst ist der Deal ungültig. Außerdem muss Garabaldi Ihnen und Brown zeigen, was er mit Baldaramas Leiche gemacht hat. Und wir geben keine Garantie dafür, wohin er im Rahmen des Zeugenschutzprogramms geschickt wird. Wir sind schließlich kein Reisebüro.«
Dana beendete das Gespräch und berichtete Brown von den Vorgaben des Direktors.
»Meinst du, Garabaldi steigt darauf ein?«, fragte Brown, als Dana fertig war.
»Es gibt nur einen Weg, das herauszufinden«, antwortete sie. »Gibst du mir seine Nummer?«
Brown beugte sich auf dem Sitz vor und kramte seine Geldbörse aus der Gesäßtasche, dann las er die Nummer vor, die der Gangster auf eine Visitenkarte von Luigi’s Deli gekritzelt hatte. Dana tippte die Ziffern ein. Zehn Sekunden später hob Garabaldi ab, und Dana übermittelte ihm, was Krugman ihr gesagt hatte.
Garabaldi grunzte ärgerlich, als Dana fertig war. »M-m«, brummte er. »Ich hab’s doch erklärt: drei Jahre und keinen Tag länger. Rufen Sie Ihren Boss noch mal an. Ich bin nicht …«
Dana fiel ihm ins Wort. »Hören Sie zu, Garabaldi«, presste sie zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. »Ich bin nicht sicher, wie Sie darauf kommen, dass Sie bestimmen können, wo’s langgeht, aber Sie können es nicht. Ich erkläre Ihnen mal, wie das funktioniert. Sie werden unseren Vorschlag annehmen, und Sie werden zufrieden damit sein. Kein Herumzicken, kein Stöhnen, kein Jammern. Und ganz sicher kein Verhandeln. Sie bekommen da einen sehr großzügigen Deal, und das wissen Sie genau. Jetzt müssen Sie nur noch darauf achten, keinen Mist zu bauen. Glauben Sie, dass Sie das schaffen? Entweder, Sie nehmen an, oder Tucci erfährt, dass Sie versucht haben, ihn aufs Kreuz zu legen. Verstanden?«
Garabaldi kicherte, und Dana gewann den Eindruck, dass er früher in der Schule ein Bengel gewesen sein musste, der sich immer wieder mit Charme und netten Worten aus der Affäre gezogen hatte. In diesem Fall würde das nicht funktionieren. »He, sachte, Süße, nicht so schnell«, sagte Garabaldi. »Ganz ruhig. Hab doch bloß rumgealbert. Ich meine, versuchen kann man’s ja mal, oder? Was muss ich sonst noch tun? Sagen Sie’s mir, und wir bringen die Sache ins Rollen.«
»Sie müssen uns zeigen, was Sie mit Baldaramas Leiche gemacht haben«, antwortete Dana.
»Kein Problem. Sind Sie noch im Café?«
»Ja.«
»Ich bin in zwanzig Minuten bei Ihnen.« Kurz verstummte er. Dann fragte er: »Würden Sie mir wohl einen Frappuccino zum Mitnehmen bestellen?«
36
Eineinhalb Stunden später lenkte Mario Garabaldi seinen Wagen endlich vor dem Café Lalo an den Straßenrand. Während Passanten zwischen ihm und Dana und Brown auf dem nassen Bürgersteig hin und her liefen, ließ der schick gekleidete Gangster die getönte Seitenscheibe seines Lincoln Town Car herunter und beugte sich vom Fahrersitz den beiden Ermittlern entgegen. »Wo ist mein Frappuccino?«, fragte er grinsend.
Dana und Brown ließen sich zu keiner Antwort
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