Sieh dich um: Thriller (German Edition)
der Mafia, darauf achtete, sich nicht die Hände schmutzig zu machen. Im Gegenteil.
Danas Blick wanderte zu Garabaldis Händen. Sie sahen sauber aus, zweifellos am frühen Morgen unter der Dusche mit einer Bürste geschrubbt, bis jede Spur seiner kaltblütigen Tat abgewaschen war. Am kleinen Finger seiner linken Hand prangte ein Brillantring mit einem Stein, der nach mindestens zwei Karat aussah. »Kommt«, sagte Garabaldi. »Es ist hier drüben.«
Dana und Brown folgten ihm zur Nordseite des Lagerhauses. Sie stiegen über alte Kisten, Kartons, Eisenschrott und andere, unidentifizierbare Dinge. Dana spürte etwas Klebriges unter ihrer Sohle und sah nach unten. Eine Armee von Ameisen drängte sich auf der Suche nach Nahrung auf einem Fleck verschütteter, längst eingetrockneter Limonade. Endlich, gut sechzig Meter vom Eingang entfernt, blieb Garabaldi stehen. Vor ihm erhob sich ein gewaltiger, anderthalb Meter hoher Haufen toter Ratten. Obenauf lag Joey Baldaramas abgetrennter Kopf.
Seine Augäpfel waren verschwunden, aufgefressen von einem effizienten Reinigungskommando aus Nagern und Insekten. Widerliche weiße Maden wanden sich in den leeren Höhlen.
Dana schluckte die beißende Magensäure hinunter, die ihr in die Kehle stieg, und kämpfte gegen ihren Ekel an. Das war ein Teil ihrer Arbeit, an den sie sich niemals gewöhnen würde. »Wo ist der Rest von ihm?«, hauchte sie durch das Taschentuch.
Garabaldi lachte, offensichtlich völlig unbeeindruckt von der Abscheulichkeit, die er geschaffen hatte. »Oh, das ist alles«, sagte er und deutete auf den Haufen. »Sein ganzer Körper ist da drin. Ich schätze, es wird eine Weile dauern, bis eure Leute ihn wieder zusammengesetzt haben. Dürfte ein ziemliches Puzzlespiel werden.«
Dana und Brown ignorierten den geschmacklosen Scherz. »Worüber hat Baldarama gesungen?«, fragte Brown, verlagerte unbehaglich das Gewicht und nickte in Richtung des unappetitlichen Haufens toter Ratten.
Ein verwirrter Ausdruck huschte über Garabaldis wettergegerbtes Gesicht. »Gesungen? Was meinen Sie damit?«, fragte er.
Der intensive Gestank brachte Brown zum Husten. Seine klaren braunen Augen tränten. »Die Botschaft hier ist nicht gerade subtil«, sagte er. »Ein Haufen toter Ratten – eine Ratte in der Familie. Also, worüber genau hat Baldarama ausgepackt?«
Garabaldi ließ seine aktuelle Zigarette fallen und zertrat auch diesen Stummel mit dem Absatz seines schwarzen Designerschuhs, bevor er antwortete. »Oh, Joey hat über gar nichts ausgepackt. Er war ein loyaler Typ, von Anfang an, schon damals, als wir noch jung waren und zusammen Drogeriemärkte ausgeräumt haben. Wisst ihr, das ist so: Tucci wollte Joeys Tod nur deshalb, weil es Tucci immer so macht. Wenn er keine Ratte in der Mannschaft hat, erfindet er eine. Das tut er, um dafür zu sorgen, dass der Rest der Leute nicht aus der Reihe tanzt – um ihnen zu zeigen, was passiert, wenn sie anfangen, zu singen wie die Vögelchen. Es ist eine Art Vorsorge.«
»Und warum singen Sie jetzt?«, wollte Dana wissen. »Haben Sie denn keine Angst, was Tucci anstellen wird, wenn er herausfindet, dass Sie mit uns kooperieren?«
Garabaldi verzog das Gesicht. »Ist das nicht offensichtlich?«, entgegnete er. »Ich singe, weil es keine Rolle mehr spielt, was ich tue und was nicht. Irgendwann bin ich an der Reihe, so oder so. Es ist nur noch eine Frage der Zeit. Wenn ich auspacke, habe ich wenigstens die Chance, am Leben zu bleiben, obwohl es im Knast natürlich gefährlich wird. Aber wenn ich die Zeit überstehe, ist danach alles in Butter.«
Dana schüttelte den Kopf. Die Worte des Gangsters ergaben auf bizarre Weise sogar Sinn. Und wenn es ihr und Brown gelänge, Tucci und das gesamte Gambino-Syndikat durch Garabaldis Aussage aus dem Verkehr zu ziehen, wäre allen gedient. Schnitt man einer Schlange den Kopf ab, starb auch der Rest.
Dana richtete den Blick auf Garabaldi, während sie weiter Browns Taschentuch auf Mund und Nase presste. »Wenn Sie und Joey Baldarama Jugendfreunde waren, wie konnten Sie es dann über sich bringen, ihn zu erschießen?«
Garabaldi kicherte. »Ganz einfach. Ja, Joey war mein Freund, aber das war nichts Persönliches, nicht mal annähernd. Es war rein geschäftlich , wie alles andere bei den Familien. Es sind nicht die Feinde, auf die man achten muss, sondern die Freunde. Herrgott, haben Sie noch nie im Leben einen Mafiafilm gesehen? So läuft es eben. Töten oder getötet werden. Ich mache die
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