Sieh dich um: Thriller (German Edition)
herab. Hätte Dana in diesem Moment allerdings einen Kaffee in der Hand gehalten, hätte sie ihn dem aufgeblasenen Dreckskerl mit ziemlicher Sicherheit mitten ins Gesicht geworfen, brühheiß oder nicht.
»Na schön«, meinte Garabaldi nach kurzem Schweigen, schüttelte den Kopf und grinste unverändert. »Ich schätze, heute muss ich wohl auf meinen Frappuccino verzichten.« Er zog die Augenbrauen hoch. »Was ist jetzt? Worauf wartet ihr noch? Ich hab nicht den ganzen Tag Zeit. Fahrt mir nach und versucht, diesmal dranzubleiben, okay?«
Auf dem kurzen Weg zu ihrem Ford Focus sagten weder Dana noch Brown ein Wort. Hundert Meter vom Café entfernt stiegen sie in den Wagen, der zwischen einem glänzenden Rolls Royce Phantom II und einem alten, verbeulten El Camino ohne Radkappen parkte. Als sie die Sicherheitsgurte anlegten, erklang im Radio Toes von der Zac Brown Band. Brown beugte sich vor und schaltete das Radio ab. »Passt jetzt nicht so recht zur Stimmung«, murmelte er.
Diesmal saß Dana hinter dem Lenkrad, als sie dreißig Sekunden später hinter Garabaldi anhielten. Sie betätigte zweimal die Lichthupe, um ihm anzuzeigen, dass er losfahren konnte. Er hob die Hand, winkte in den Rückspiegel und lenkte seinen Wagen in den Vormittagsverkehr.
»Warum nur habe ich das Gefühl, dass dieser Kerl Spaß daran hat, uns wie Marionetten tanzen zu lassen?«, fragte Brown, während sie ihm mit knappem Abstand folgten und einen Lieferwagen schnitten, um an Garabaldi dranzubleiben.
Zehn Sekunden nach Garabaldi bog Dana nach links in die Lombard Street. Sie schürzte die Lippen. »Ich hoffe nur, dass alles nach Plan läuft. Je weniger Zeit wir mit diesem Kerl verbringen müssen, desto besser. Der verursacht mir Gänsehaut.«
Zwanzig Minuten später lenkte Garabaldi seinen schicken schwarzen Town Car auf den Parkplatz eines leer stehenden Lagerhauses in Brooklyn. Über dem Eingang hing ein verrostetes Metallschild und wies das Gebäude als den ehemaligen Sitz der Firma »Kimble & Sons Manufacturing« aus. Dana und Brown stiegen aus dem Auto. Vom klaren blauen Himmel schien strahlendes Sonnenlicht. Dana seufzte angesichts des jüngsten, schizophrenen Wetterumschwungs. Vielleicht hatte der Frühling diesmal ja endgültig Einzug gehalten.
Auch wenn es sich nicht so anfühlte.
Schließlich stieg auch Garabaldi aus. Er schnippte seine brennende Pall Mall auf den gesprungenen Asphalt, trat die Glut mit dem Absatz eines schwarzen Designerschuhs aus und steckte sich im nächsten Moment eine neue Zigarette an.
Er nickte in Richtung des Eingangs des Lagerhauses. »Kommt mit«, forderte er die Ermittler auf. »Joeys Leiche ist da drin.«
Dana und Brown folgten Garabaldi in das Lagerhaus. Zur Sicherheit hielten sie einen gewissen Abstand zu dem Gangster. Für den unwahrscheinlichen Fall, dass sie in einen Hinterhalt gelockt werden sollten, griff Dana in ihre Jacke und legte die Hand um den Griff ihrer Glock. Man durfte nie unterschätzen, was sich das Hirn eines Verbrechers ausdenken mochte. Erst recht nicht, wenn es um ein so offensichtlich krankes Hirn wie das von Mario Garabaldi ging. Erst vor fünfzehn Stunden hatte er einem seiner besten Freunde den Schädel weggepustet. Somit gehörte er mit Sicherheit nicht zu den Menschen, denen man freiwillig den Rücken zukehrte.
Das Innere des alten Lagerhauses präsentierte sich dunkel und bedrohlich wie die Szenerie eines Horrorfilms. Alte Maschinen, Scherben von eingeschlagenen Fenstern, mehrere Dutzend leere Bierflaschen auf dem Zementboden. Ein modriger Schlafsack neben einem verrosteten kleinen Hibachi-Grill verriet Dana, dass das Gebäude vor nicht allzu langer Zeit als inoffizielles Obdachlosenasyl gedient hatte. Staubige Sonnenstrahlen mühten sich durch die Löcher in der Decke und tauchten die unheimliche Szene in trübes Licht.
Dann bemerkten sie den vertrauten Geruch.
Dana hielt sich angesichts des überwältigenden Gestanks von verwesendem Fleisch die Hand vor Mund und Nase. Brown folgte ihrem Beispiel. Dann holte er ein Leinentaschentuch aus der Innentasche seines Blazers, sprühte aus einer kleinen Flasche etwas Eau de Toilette auf den Stoff und reichte Dana das Tuch. Sie nahm es dankbar entgegen.
Garabaldi schien den widerlichen Gestank nicht mal zu bemerken. Wahrscheinlich war er längst an den Gestank des Todes gewöhnt. Es war schließlich nicht sein erster Mord, bei Weitem nicht. Man stieg nicht in den Rang eines Vollstreckers auf, indem man, so wie die Granden
Weitere Kostenlose Bücher