Sieh dich um: Thriller (German Edition)
was sie oben in seinem Zimmer gesehen hatte, hatte Brown in letzter Zeit nicht allzu viele Trainingseinheiten ausfallen lassen. Dana wünschte, sie könnte dasselbe von sich behaupten. Selbst Bill Krugman mit seinen täglichen zehn Kilometern auf dem Laufband war dieser Tage besser in Form als sie. Wenn Dana Glück hatte, kam sie auf zehn Kilometer in der Woche .
Brown kramte sein Mobiltelefon hervor und rief Garabaldi an, um ihm mitzuteilen, was das FBI von ihm brauchte. Nach einem kurzen Wortwechsel beendete Brown das Gespräch und wandte sich wieder Dana zu. »Garabaldi sagt, er hat bereits tonnenweise Unterlagen, die wir durchsehen können. Anscheinend gehörte es mit zu seinen Aufgaben, die Bücher zu führen. Allerdings sagt er, dass alles verschlüsselt ist und er deshalb dabei sein muss, um uns zu erklären, was es bedeutet.«
Dana runzelte die Stirn. Sie hatte nicht die geringste Lust, auch nur eine Minute mehr als nötig mit dem Gangster zu verbringen. Aber was hatte sie schon für eine andere Wahl? Keine.
Sie drehte den zierlichen Hals, um eine Verspannung zu lösen, und versuchte, gegen die intensive Verärgerung anzukämpfen, die in ihr aufzusteigen drohte. Sie hatte sich größte Mühe gegeben, das Gerede zu ignorieren – den »Klatsch«, wie man es beim FBI nannte –, doch den Gerüchten zufolge betrachtete Bill Krugman sie – ungeachtet ihrer zurzeit etwas angespannten Beziehung – als seine beste Agentin. In den Gängen der FBI-Zentrale munkelte man, Krugman baue Dana dafür auf, eines Tages seine Stelle an der Spitze der Behörde einzunehmen, obwohl nach Krugmans Abdankung mit größter Wahrscheinlichkeit eine Interimslösung gefunden werden musste. Mit neununddreißig Jahren war Dana nicht annähernd alt genug für den Job des Direktors. Auch wenn sie sich angesichts des Cleveland-Slasher-Falls, des ungelösten Falls des Schachbrett-Mörders und des aktuellen Mafiafalls deutlich älter als neununddreißig fühlte . Und wenn letzterer Fall so verliefe wie der des Schachbrett-Mörders, würde es nicht mal zu einem Bewerbungsgespräch für den Direktorposten kommen.
»Wo willst du die Sache durchziehen?«, fragte Dana. Angesichts der über die Stadt verteilten FBI-Außenstellen mit ihren überarbeiteten Agenten hatten Dana und Brown ihre Angelegenheiten bisher in einem der Konferenzräume des Fontainebleau abgewickelt. Nicht gerade die sicherste Umgebung der Welt. Dana war klar, dass sie einen ungestörteren Ort in Erwägung ziehen sollten, wenn sie mit derart heiklen Informationen arbeiten würden. Schließlich wusste man nie, wann derselbe Raum für ein Treffen der Briefmarkensammler von Manhattan gebucht war und man das Feld räumen musste.
Brown zuckte die Schultern. »Ich sehe nicht viele Möglichkeiten. Ich weiß, dass wir nächste Woche ausziehen sollten, aber was hältst du davon, auf eigene Rechnung hierzubleiben? Die Konferenzraumtüren sind versperrbar, und ich bezweifle stark, dass wir woanders einen besseren Raum finden. Außerdem wird das Hotel rund um die Uhr bewacht – und ich wette, wenn wir dem Burschen am Empfang ein Trinkgeld zustecken, hält er für uns die Augen offen.«
Dana schob sich eine lose blonde Strähne hinters rechte Ohr. Das entsprach zwar nicht der vorgeschriebenen Vorgehensweise, aber sie und Brown hatten auch ohne den Umzugsstress in ein neues Hotel schon Arbeit bis über beide Ohren. »Meinetwegen«, erwiderte sie. »Ich informiere Krugman später, aber ich glaube nicht, dass er deswegen Ärger machen wird. Wann sollen wir uns eigentlich mit Garabaldi treffen? Ich will diese Sache so schnell wie möglich hinter mich bringen.«
Brown warf einen Blick auf seine Tag Heuer – ein Geschenk von Dana zu seinem fünfunddreißigsten Geburtstag. Sie zuckte innerlich zusammen, als sie sah, dass er sie immer noch trug. Dann schaute Brown auf, sah sie jedoch nicht an.
Dana folgte seinem Blick zu den gläsernen Drehtüren am Haupteingang des Hotels. Dort bahnte sich Mario Garabaldi, gekleidet in einen Designeranzug von Pierre Cardin mit rosa Einstecktuch, den Weg in die Eingangshalle des luxuriösen Hotels.
Brown drehte sich wieder Dana zu und zog die Augenbrauen hoch. »Was hältst du von jetzt gleich? «
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Sergej Michalovic loggte sich in dem geradezu absurd luxuriösen Wohnzimmer der Präsidentensuite des Fontainebleau Hotels in sein MacBook Pro ein und lachte laut auf, als er den kurzen Artikel überflog, der Betty Arsenaults grausame Ermordung durch
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