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Sieh dich um: Thriller (German Edition)

Sieh dich um: Thriller (German Edition)

Titel: Sieh dich um: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jon Osborne
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selbst aufkommende Verärgerung. Sie konnte nichts dagegen tun – obwohl sie in ihrem Herzen wusste, dass Brown wahrscheinlich recht hatte. Bauchgefühl oder nicht, sie sollten die Möglichkeit zumindest in Betracht ziehen. Nur trug die Erkenntnis verdammt wenig dazu bei, ihre Verärgerung zu dämpfen.
    »Warum nicht diesmal?«, wiederholte Brown seine Frage.
    Dana öffnete die Augen und schüttelte den Kopf in dem Versuch, die Frage abzuschütteln, aber ihre Gedanken wanderten unwillkürlich zurück zu ihren frühen Tagen an der FBI Academy, zurück zu der Zeit, als sie zu einer Expertin für Serienmord geworden war, praktisch auf Crawford Bells Schoß, dem erfolgreichsten Profiler, den das FBI je gehabt hatte. Beinahe so, als lege er von irgendwo oben herab einen Schalter in ihrem Kopf um, kehrten die Fallstudien in ihre Erinnerung zurück, die er mit ihr durchgesprochen hatte.
    1827 und 1828 hatten sich William Burke und William Hare zusammengeschlossen, um in Schottland siebzehn Menschen zu ermorden. In den 1990er-Jahren hatten Paul Bernardo und Karla Homolka in Kanada eine Serie von Morden begangen. Unter den Opfern war Homolkas eigene Schwester gewesen. 1872 bis 1873 hatte die gesamte Bender-Familie in ihrem Gasthof in Labette County in Kansas mindestens zwanzig Menschen gemeinsam ermordet. Die Tochter des Bender-Clans, Kate Bender, ein selbsternanntes Medium, hatte vorgegeben, mit Toten zu kommunizieren, während die Gäste entspannt in behaglichen Lehnsesseln gesessen hatten. Ein anderes Mitglied der Bender-Familie hatte sich hinter einem Vorhang versteckt und einen günstigen Moment abgewartet, um das ahnungslose Opfer mit mehreren Hammerschlägen auf den Kopf zu töten. Die Leichen waren durch eine Falltür in einen tiefen Keller geworfen worden, um die Beweise zu beseitigen. Aus den Augen, aus dem Sinn.
    Aber stellte das in diesem Fall eine echte Möglichkeit dar? Konnte es sein, dass Dana und Brown es mit zwei Serienmördern zu tun hatten, die gemeinsam die Straßen von New York City unsicher machten? Wie hoch standen die Chancen dafür? Es geschah zwar hin und wieder, aber so selten, dass es absurd erschien.
    Andererseits war Schach ein Spiel für zwei Spieler. Ganz zu schweigen von der schieren Zahl der Opfer, die bislang gestorben waren.
    Dana streckte den Nacken, während sie nachzudenken versuchte. Die traurige Tatsache war, dass sie keine Ahnung hatte, wie viele Killer in diesen Fall verwickelt waren, und das machte ihr Angst. Vor allem war ihr bewusst, dass sie und Brown sich nicht erlauben konnten, leichtsinnig zu werden und das Leben weiterer Menschen aufs Spiel zu setzen. Es war nicht fair den Opfern gegenüber – vergangenen, gegenwärtigen und zukünftigen –, es sei denn, sie fänden einen Weg, die beiden letzten Kategorien aus der üblen Gleichung zu beseitigen.
    Langsam blies Dana den Atem aus und traf eine Entscheidung. Sie konnte sich mit der Theorie von zwei Mördern einfach nicht anfreunden, auch wenn der Gedanke von ihr selbst gekommen war. »Ich bin auf dem Holzweg«, beharrte sie. »Bitte, lass uns das vorerst vergessen und mit dem weitermachen, was wir haben. Mit dem Bild des Jungen.«
    Brown strich sich durch das vorschriftsmäßig kurze kastanienbraune Haar und starrte weiter wortlos auf sie herab. Seine Schläfen ergrauten bereits, obwohl er erst fünfunddreißig Jahre alt war – nur wenige Jahre jünger als Dana. Brown sah aus, als wäre er in der kurzen Zeit, seit sie ihn kannte, um mindestens zehn Jahre gealtert, doch das stellte keine besondere Überraschung dar. Das FBI hatte es von jeher an sich gehabt, junge Agenten mit strahlenden Augen schon nach wenigen Jahren im Dienst vorzeitig altern zu lassen.
    Einen Augenblick später durchbrach Brown das Schweigen und überraschte sie erneut. »Nein«, sagte er.
    Dana starrte ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an. »Wie bitte?«
    Brown rollte die muskulösen Schultern. Seine Halsschlagader pulsierte dicht über dem Hemdkragen. »Ich sagte Nein, Dana. Ich werde diese Theorie nicht einfach vorerst vergessen. Diesmal nicht. Ich denke, du bist da auf etwas gestoßen, und wir sollten die Möglichkeit einkalkulieren. Wir haben gar keine andere Wahl. Das sind wir den Menschen schuldig. Wir werden dafür bezahlt, sie zu beschützen.«
    Dana wollte weiter protestieren, stellte jedoch fest, dass ihr dafür die Kraft fehlte. Ob ein Mann oder zwei, der Schachbrett-Mörder hatte ihr jegliche Energie geraubt. Und um weitere Anspannung

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