Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sieh dich um: Thriller (German Edition)

Sieh dich um: Thriller (German Edition)

Titel: Sieh dich um: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jon Osborne
Vom Netzwerk:
im Land der unbegrenzten Möglichkeiten, im Land der freien und tapferen Menschen – war man nur so schuldig, wie es das Bankkonto sagte. So einfach war das, und O’Haras Bankkonto besagte, dass er sich rein gar nichts zuschulden kommen lassen hatte – mit der offensichtlichen Ausnahme, dass er das System mittlerweile hervorragend beherrschte, das so lange versucht hatte, ihn und seine Angehörigen klein zu halten.
    Und vielleicht – nur vielleicht – machte sich der Ire in diesem Moment auch eines kleinen Diebstahls schuldig.
    O’Hara lächelte. Er wusste sehr wohl, dass Michalovic ihn beim Einstecken des St. Gaudens Double Eagle beobachtet hatte. Schließlich hatte er das direkt vor der Nase des Russen getan. Allerdings wusste er auch ohne jeden Zweifel, dass der Russe eher sterben würde, als ein Wort darüber zu verlieren. Etwas Derartiges wäre unerhört unter Männern ihrer hohen Stellung. Denn in ihrer geschlossenen Welt der Hochfinanz – in der die Reichen mit jedem Tick des Sekundenzeigers an der New Yorker Börse reicher und die Armen zusammen mit dem Tickerabfall, der am Ende jedes Handelstags auf dem Boden zurückblieb, nach draußen gekehrt wurden – reichte schon der geringste Anschein finanzieller Not aus, um einen an Ort und Stelle zu vernichten. Es war wie Blut im Wasser, das den Angriffsinstinkt sämtlicher Haie auslöste, die einen umgaben.
    O’Hara griff in die Innentasche seines Gucci-Blazers und setzte sich seine Schildpatt-Lesebrille auf, um das Etikett auf dem Zigarrenkästchen eingehender zu studieren. Vierzig Zigarren, was bedeutete, dass er nun exakt ein Prozent der Weltproduktion besaß. Sogleich beschloss er, dass er mindestens einundfünfzig Prozent brauchte. Und zwar bald. Im Geist setzte er sich eine Frist von drei Monaten, um dieses Ziel zu erreichen. Wie bei dem Wettstreit, den er und Michalovic erneut einzugehen vorhatten, war es ein Spiel für ihn, und die Position eines Minderheitsaktionärs hatte ihn noch nie sonderlich interessiert.
    O’Hara hob den Blick, bis er dem des Russen begegnete, der ihm gegenüber an dem stabilen Mahagonitisch saß, während er gleichzeitig an dem gestohlenen St. Gaudens Double Eagle in seiner linken Hosentasche vorbeigriff und selbst eine kleine verpackte Schachtel hervorzog.
    »Ich danke Ihnen, Sergej«, sagte er mit Aufrichtigkeit in der Stimme, als er dem Russen die Schachtel hinschob. »Das ist äußerst großzügig von Ihnen, und ich habe hier rein zufällig auch eine kleine Überraschung für Sie.«
    Der Russe nahm die Schachtel und schälte sie behutsam aus der professionellen Geschenkverpackung, wobei er sorgfältig darauf achtete, das Papier nicht zu beschädigen. Er würde später eine Verwendung dafür finden. Auch wenn er mittlerweile reich war – sogar erheblich reicher als sein lieber Freund O’Hara – der ihn wahrscheinlich nur auf die Probe stellen wollte, indem er die kostbare Münze eingesteckt hatte –, so entstammte auch Michalovic armen Verhältnissen, und alte Angewohnheiten starben langsam.
    Er warf den Kopf in den Nacken und lachte auf, als er sah, was sich in der Schachtel befand. Ein massiver goldener Zigarrenschneider lag glänzend im weichen Licht des wunderschönen Kronleuchters auf einem samtenen Polster unter einem transparenten Deckel.
    »Touché, mein Freund«, sagte Michalovic immer noch kichernd. »Ich sehe, dass Sie bereits jetzt meine Züge voraussehen, Edward. Darauf muss ich in den kommenden Wochen zweifellos achten, aber es bedeutet auch, dass Sie ein sehr würdiger Gegner für mich sein werden. Andererseits ist das keine Überraschung, oder? Wie steht es eigentlich im Moment? Drei zu drei?«
    O’Hara lächelte zurück und schüttelte den Kopf. In seinen durchscheinenden blauen Augen war ein stählernes Glitzern. »Nein, Sergej«, verbesserte er Michalovic. »Nach Abschluss der letzten Partie steht es nun drei zu zwei zu meinen Gunsten, mein lieber Freund. Aber keine Angst. Solange alles glattläuft für uns beide, wird es – dem Wurf der Münze entsprechend – in ungefähr einem Monat unentschieden stehen. Und da diese Partie das letzte Spiel unserer gegenwärtigen Serie darstellt, könnten wir überlegen, ein neues Spiel zu planen, das wir gemeinsam spielen – falls Sie damit einverstanden sind. Vielleicht Dame?«
    Beide Männer lachten.
    Nachdem die Freundlichkeiten und Geschenke pflichtbewusst ausgetauscht waren, erhob sich Michalovic und reckte den Hals, bis O’Hara einen

Weitere Kostenlose Bücher