Sieh dich um: Thriller (German Edition)
zwischen ihnen zu vermeiden, kam sie Browns Aufforderung nach und dachte noch einmal über die Möglichkeit nach, dass es sich in Wirklichkeit um zwei Serienmörder handeln könnte, die zusammenarbeiteten.
Vielleicht war die Vorstellung doch nicht so verrückt. Dana hatte im Verlauf ihrer Karriere zweifellos Merkwürdigeres erlebt. Sehr viel Merkwürdigeres. Abgesehen davon respektierte sie Browns Intuition, auch wenn sie ihrer eigenen nicht immer traute. Wenn er also glaubte, dass die Theorie es wert war, ihr nachzugehen, dann hatte er vermutlich recht. Er verdiente es, ernst genommen zu werden. Nach allem, was er im Fall des Cleveland Slashers für sie durchgemacht hatte, war es das Mindeste, was sie für ihn tun konnte. Schließlich gab es nicht viele Männer, die für jemanden eine Kugel in die Brust einfangen und ein paar Wochen später mit einem ehrlichen Lächeln im Gesicht um eine Verabredung bitten würden, wie Brown es getan hatte.
»Na schön«, sagte sie und hob resignierend die Hände. »Wir gehen der Möglichkeit nach. Aber um die Wahrheit zu sagen, Jeremy, ich habe nicht die leiseste Ahnung, was wir damit anfangen sollen, außer ein neues Profil zu erstellen.«
Brown kratzte sich am Ohr. Die pulsierende Ader an seinem Hals hatte sich ein wenig beruhigt, was Dana erleichterte.
»Vielleicht sollten wir damit zur Presse gehen«, schlug er nach einer kurzen Pause vor. »Um zu versuchen, die Kerle so aus ihren Löchern hervorzulocken.«
Dana zupfte am Kragen ihres marineblauen Blazers. Theoretisch war das keine schlechte Idee, doch sie wusste, dass es sich als zweischneidiges Schwert erweisen konnte, die Medien einzuschalten – insbesondere bei Nick Brandt und seinem ärgerlichen kleinen Werbezirkus bei der New York Post . Die zunehmende Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit – als hätte der Fall noch mehr davon nötig – konnte den oder die Killer in der Tat aus dem Versteck locken. Aber es konnte auch umgekehrt kommen, und der oder die Täter tauchten noch tiefer unter. Konnten Dana und Brown das Risiko in diesem Stadium der Ermittlungen wirklich eingehen? Sie hinkten jetzt schon hinterher und steckten bis zu den Ohren in einem Meer von Hinweisen, die sie nicht verstanden. Abgesehen davon konnten sie nicht wissen, wie viele Mörder tatsächlich in diesen Fall verstrickt waren. Vielleicht nur einer, vielleicht auch zwei oder vielleicht sogar zwölf. Wer vermochte das schon zu sagen? Und nicht nur das, die ganze Vorstellung war für Dana völlig neu. Sie hatte noch keine Zeit gehabt, alles zu verarbeiten.
Trotzdem zwang sie sich, bei der Idee mehrerer Killer zu bleiben, während sie sich gleichzeitig dazu mahnte, vorsichtig zu sein. Vorsicht war besser als Nachsicht. Sie wollte nicht, dass ein weiterer Mensch einen grausamen Tod starb, weil sie sich wieder einmal mit einem Bauchgefühl geirrt hatte – am wenigsten sollte es diesen Jungen treffen, dessen Bild sie in die Jackentasche gesteckt hatte. Vorsicht war daher das Gebot der Stunde.
»Lass uns zuerst darüber nachdenken«, schlug sie Brown vor. »Ich könnte ebenso gut völlig auf dem Holzweg sein mit der Vermutung. Wir behalten es im Hinterkopf, aber wir arbeiten weiter, als wäre es nur ein Killer – zumindest so lange, bis wir noch etwas finden, das auf die Möglichkeit von zwei verschiedenen Mördern hinweist.«
Brown stieß frustriert die Luft aus. »Wie du meinst, Dana. Du bist der Boss!«
»He, das ist nicht fair!«, begehrte Dana auf, bevor sie sich zurückhalten konnte. »Sei kein Arsch, ja? Es ist nicht meine Schuld!«
Brown verdrehte die Augen und schob die Hände tief in die Taschen. »Ich habe nicht gesagt, dass es deine Schuld ist, Dana! Und ich bin kein Arsch. Trotzdem ist es nun mal so, dass du der Boss bist. War doch auch so zu erwarten, oder – dass du alle Entscheidungen triffst?«
Dana durchbohrte ihn mit ihren Blicken. Brown war nicht der Einzige, den dieser Fall frustrierte. »Was ist dir denn über die Leber gelaufen?«, herrschte sie ihn an. »Wenn du mir etwas zu sagen hast, dann tu es!«
Brown hielt ihrem zornigen Starren mehrere Sekunden lang stand, bevor er nach einem kurzen Patt, das überhaupt nichts bewirkte, den Blick niederschlug. »Nichts«, räumte er ein. »Überhaupt nichts. Also machen wir uns auf den Weg zu diesem Fotostudio, in Ordnung? Hier kriege ich nur Kopfschmerzen.«
Dana starrte ihn noch einige Sekunden länger an, bevor ihr abrupt klar wurde, wie dumm sie beide sich verhielten. Sie
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