Sieh dich um: Thriller (German Edition)
Schlafzimmer zur Freundin seines Vaters. Auch sie schlief tief und fest. Gut. Alles im grünen Bereich. Jack ging zu seinem Vater, blieb dicht vor ihm stehen und blickte auf ihn hinab. Es war so weit. Das war der Moment, auf den er gewartet hatte, seit er den ermordeten Leichnam seiner Mutter in ihrer Wohnung gefunden hatte. Nun stand Jack über dem Mann, der seine Mutter nicht genug geliebt hatte, der ihr nicht treu gewesen war, der sie nicht beschützt hatte vor den Bestien, die sie umgebracht hatten.
Jacks Welt verschwamm für einen kurzen Moment, bevor sie blitzartig wieder klar wurde. Es gab keine andere Möglichkeit, die Dinge zu betrachten – die simple Tatsache war, dass Stephanie Mann hatte sterben müssen, weil Don Yuntz nicht imstande gewesen war, sich wie ein zivilisiertes menschliches Wesen zu verhalten.
Und dafür würde er jetzt bezahlen.
Jack starrte auf den Mann, der zur Hälfte dafür verantwortlich war, dass Jack das Licht der Welt erblickt hatte. All die Wut, die er verspürt hatte, als er den verrottenden Leichnam seiner Mutter in ihrer abbruchreifen Wohnung entdeckte, schäumte wieder in ihm hoch. Jack überraschte, dass er neben der Wut keinerlei andere Emotionen empfand. Keine Angst. Keine Nervosität. Keine Beklommenheit. Rein gar nichts . Nur die absolute Gewissheit, dass das, was er hier tat, richtig und ehrenvoll war. Don Yuntz hatte es für das verdient, was Jacks arme Mutter seinetwegen durchgemacht hatte.
Er holte tief Luft und füllte die Lungen fast bis zum Bersten, dann zog er die Schere aus der Tasche. Seine Hände blieben ruhig wie die eines Chirurgen, als er sich über den ausgestreckt im Sessel liegenden Don Yuntz beugte und das Metall zwischen die offenen Lippen des Mannes schob. Die Schneiden berührten mit einem leisen Klicken die Zähne seines Vaters, aber der alte Mann rührte sich nicht. Das besoffene Arschloch lag da wie tot – wenngleich vorerst nur im metaphorischen Sinn. Allerdings würde sich das schon sehr bald ändern, und zwar gründlich.
Jetzt sofort , um genau zu sein.
Indem Jack den Daumen und die ersten beiden Finger spreizte, öffnete er die Schere im Mund seines Vaters. Bevor er es sich anders überlegen konnte – und vor dem bedeutendsten Augenblick seines Lebens den Schwanz einziehen und wegrennen würde wie ein kleines Mädchen, das Angst vor dem eigenen Schatten hatte –, drückte er Finger und Daumen fest zusammen. Mit einem widerlichen Schnipp durchtrennten die Schneiden das Gaumenzäpfchen seines Vaters, den kleinen rosigen Fortsatz, der wie ein Miniatur-Boxsack im Rachen baumelte.
Danach war alles nur noch verschwommen.
Don Yuntz schoss in seinem Sessel hoch und gurgelte sein eigenes Blut. Seine Lider flogen auf, und seine braunen Augen drohten vor Angst aus den Höhlen zu quellen wie die eines Nutztiers bei der Schlachtung. Über die hässlichen Züge huschte ungläubige Verwirrung. Einen Sekundenbruchteil später würgte er heftig und erbrach sein Zäpfchen in einem widerlichen Schwall aus Blut, Fleisch und Mageninhalt über Jacks sauberes weißes T-Shirt.
Wie im Rausch stach Jack auf das Gesicht seines Vaters ein. Auf seine Brust. Auf seine Hände. Die Schere sank tief in einen Augapfel und zog die gallertige, blutige Kugel halb aus der Höhle, als Jack den Arm zurückriss, um erneut zuzustechen. Don Yuntz streckte die Hände nach Jacks Kehle aus, doch Jack hieb drauf ein und wehrte den panischen Gegenangriff seines Vaters ab.
Jacks eigene Augen traten mit wildem Blick aus den Höhlen, und durch seine Adern schoss Adrenalin. Er zitterte am ganzen Leib. Sein Herz hämmerte so heftig gegen den Brustkorb, dass es schmerzte.
Nach dem fünften oder sechsten Versuch fand die Schere letztlich ihr Ziel und bohrte sich tief in Don Yuntz’ Hals. Der Mann brach auf dem Sessel zusammen, und ein furchtbarer, animalischer Schmerzensschrei hallte durch die Wohnung, als er seinen Hals umklammerte. Blut aus der durchtrennten Schlagader sprudelte zwischen den Fingern hindurch und bespritzte Jacks T-Shirt erneut. Dann begann Don Yuntz, sich zu verkrampfen.
Staunend beobachtete Jack, wie die Adern im Hals des alten Mannes fast einen Zentimeter hervortraten, voll mit frischem Blut auf dem Weg zu seinem Gehirn in einem letzten verzweifelten Versuch, den verfluchten Mistkerl am Leben zu halten. Dann flatterte das Lid des heilen Auges einen Moment lang wild, und das Auge rollte nach oben in den Schädel. Don Yuntz erschlaffte. Aus seiner Kehle drangen
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