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Sieh mich an, Al Sony

Sieh mich an, Al Sony

Titel: Sieh mich an, Al Sony Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denise Danks
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ein Leben lang her, aber ich erinnerte mich, was er gesagt hatte: »Georgina, mir wird es zu heiß.« Und er hatte nicht die Celsius-Grade gemeint, die diese Wüstenstadt verbrannten.
     

 Auf dem Weg nach draußen stieß ich mit Shinichro zusammen.
    »Ich habe einen Tag frei«, sagte er.
    »Sie haben dich geschaßt, was?«
    »Geschaßt?«
    »Geschaßt. Gefeuert. Entlassen.«
    »Ah... Rausgeschmissen, ja? Nein, selbstverständlich nicht. Ich bin in einer sehr guten Position in meiner Firma. In einer verbesserten Position.«
    Er stand geduldig vor mir auf dem Gehweg, während ich meine Handtasche aufklappte und meine Zigaretten hervorholte. Ich sah es seinem Gesicht an, daß er es immer noch mißbilligte, aber ich zündete mir trotzdem eine an.
    »Dies ist nicht der richtige Augenblick«, sagte ich.
    »Wie du willst. «
    »Ich habe heute keine Zeit, Shiny.«
    »Ich werde dich begleiten, wenn du nichts dagegen hast.«
    Ich hatte das Gefühl, daß dies kein Angebot, sondern eine Mitteilung war. Ich ging die Old Compton Street hinunter in Richtung Cambridge Circus, und er blieb an meiner Seite. Die Sonne schien hell, und der Duft von frisch gemahlenem Kaffee und Schokoladen-Croissants wehte an uns vorbei, vermischt mit dumpfem Dieseldunst. Es herrschte zügiger, leichter Verkehr, und die Fahrradkuriere sausten auf den Gehwegen herum.
    »Ich muß Charlie East anrufen. Du erinnerst dich an Charlie?«
    »Ich weiß von ihm. Wir wurden nicht miteinander bekannt gemacht«, antwortete Shinichro. Er legte seinen Aktenkoffer auf den kräftigen Oberschenkel, öffnete ihn und reichte mir ein Funktelefon.
    »Du mußt hier drücken und dann hier und dann die Nummer wählen«, sagte er, und ich sah zu, wie er mit dem Finger auf die Tastatur deutete. Charlie meldete sich schroff, aber sein Ton wurde milder, als er hörte, daß ich es war.
    »Hallo, Blümchen«, sagte er.
    »Wir müssen miteinander reden...«
    »Geht jetzt nicht. Ich habe zuviel zu tun...«
    »... und zwar in ungefähr zwanzig Minuten.«
    »Ich arbeite gerade, George.«
    »Es geht um Pal Kuthy... «
    »Ist er immer noch da?«
    »... und um Dominic Charles, und um eine Story, die er über den Ebengenannten geschrieben hat. Zwanzig Minuten, Charlie-Boy.«
    Ich hörte, wie er den Hörer vom Mund nahm und fluchte, fluchte, fluchte.
    »Eine Stunde. Gib mir eine Stunde. Scheiße. Nein. Zwei, gib mir zwei. Wir haben interne Informationen über das Etatdefizit bekommen. Essen. Laß uns zu Mittag essen.«
    »In zwanzig Minuten am Empfang.«
    Shinichro zog die Nase hoch, als ich ihm das Telefon zurückreichte.
    »Ich wünschte, du würdest das nicht tun«, sagte ich.
    Die schicke Lady in dem smarten Armani-Kostüm gab uns zwei Besucherpässe und ließ uns in den breiten Sesseln mit den niedrigen Lehnen Platz nehmen und im gedämpften Licht warten, direkt gegenüber, aber durch mindestens sieben Meter braunen Teppichboden von ihr getrennt. Sie wandte sich stets an Shinichro, obwohl ich diejenige von uns beiden war, die das Reden übernommen hatte. Er war der Rolle entsprechend gekleidet und hatte eine hübsche Visitenkarte, die er auf seine höfliche, effiziente Weise präsentierte, mit jener kleinen Neigung des Kopfes, die wirkte wie der Punkt am Ende eines makellos konstruierten Satzes. Er war ein Besucher von der Art, wie man ihn in einer Börsenmaklerfirma in der City erwarten konnte: elegant, adrett und geschäftsmäßig. Ein hohläugiges Individuum ohne formellen Ausweis in Oversize-Jeans, verrückten Stiefeln und einer Plastiktüte von Seven/Eleven mit Sachen zum Wechseln, das kam hier einfach nicht an.
    »Rufen Sie ihn noch mal an, wenn Sie so nett sein würden«, sagte ich, nachdem zwanzig Minuten vergangen waren. Sie tat es, und ich beobachtete, wie sie nickte und zuhörte. Als sie auflegte, sagte sie: »Mr. East wird noch mindestens zehn Minuten brauchen.«
    »Wo bitte ist die Toilette?«
    Ich wußte, wo sie war, weil ich schon mit Charlie hiergewesen war, aber die Empfangsdame beschrieb mir den Weg, wie ich es gewollt hatte. Als ich durch die Tür gegangen war, bog ich zweimal rechts um die Ecke und kam zur Treppe. Charlie war im vierten Stock. Seine Workstation war hinter ein paar Regalen mit Ringordnern und Nachschlagewerken versteckt. Das lärmige Großraumbüro war von einer Wand zur anderen vollgestopft mit Bildschirmen; vor jedem saß ein Dealer, und die Market Maker hatten einen etwas geräumigeren Bereich am hinteren Ende. Charlie saß mit fünf anderen

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