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Sieh mich an, Al Sony

Sieh mich an, Al Sony

Titel: Sieh mich an, Al Sony Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denise Danks
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gezeigt.«
    »Entschuldige, aber es könnte sein, daß es keine Drams waren. Weißt du, nur eine sehr erfahrene Person könnte erkennen, was diese Chips waren. Sie könnten alles mögliche gewesen sein: Mikroprozessoren, vielleicht sehr wertvolle; Speicherchips, aberweiche Sorte? Es gibt viele verschiedene. Oder fälsche Chips mit gefälschten Zertifikaten und Produktionsnummern, die nicht existieren. Das gibt es sehr häufig.«
    »Wieso hättest du sie in dem Fall ersetzen müssen?« fragte ich sofort. »Wenn es keine Drams von deinem On- Mann waren?«
    »Hai. Du hast recht«, antwortete er. »Du hast recht.«
    »Du hast ihnen doch Drams gegeben, oder?«
    Er schaute mich stumm an, und ein entschlossener Ausdruck trat in sein Gesicht.
    »Ich muß danach fragen«, sagte ich
    »Es waren Drams. Die besten, die vorrätig sind«, sagte er. Ich beobachtete, wie er aß. Auch er hatte sich verändert, beinahe unmerklich, genau wie er es bei Hanae beobachtet hatte. Er mußte gelernt haben, daß es keine umwandelbaren Regeln gab, die man anwenden konnte und sollte, sondern nur angemessene, und in manchen Situationen überhaupt keine, verdammt. Er war in der Tat lockerer geworden, hatte sich an diesem fremden, feindseligen Ort entspannt, auch wenn ihm der Geruch nicht gefiel. Mir gefiel der Ausdruck in seinem Gesicht noch besser, die vollen Lippen, die kräftigen Wangenknochen, der gelbliche Schimmer der blassen Haut, Ich stellte ihn mir als Jungen vor, als Baby, pummelig, mit Augen, so dunkel wie Oliven, und Haaren so schwarz wie Krähenfedern. Es war ein süßes, warmes, nostalgisches Bild, bis die Ränder anfingen wegzubrennen. Er fühlte keine Trauer, keinen Schmerz wie ich. Er hatte mir Geld für eine Abtreibung gebracht, als mein Kind schon tot gewesen war. | Er sollte es nicht wissen, dachte ich bei mir, und ich atmete tief, um den tosenden Puls zu beruhigen, der in meinen Handgelenken und Schläfen hämmerte; aber ich konnte ihm nicht verzeihen, und auch nicht mir selbst. Ich fing an zu zittern, und Shinichro kam herüber und nahm mich in den Arm.
    Hanae rief wenig später an, und er sprach lange mit ihr, während ich im Bett lag.
    »Wir können übers Wochenende hierbleiben. Schlaf jetzt«, sagte er, und das tat ich.
    Am Montag morgen stand Shinichro schon früh auf und zog einen schicken, aber nüchternen gestreiften Anzug an. Offensichtlich verbrachte er eine Menge Zeit bei Hanae. Ich hatte mein Kleid gewaschen und getrocknet und zusammengefaltet in eine Plastiktüte gesteckt. Shinichros Sweatshirt und Jeans waren ganz okay, sehr weit, aber okay. Es waren die schwarzleinenen Widow-Twanky-Schnürstiefel, die dem ganzen Look einen surrealen Charme verliehen. Ich betrachtete mich in Hanaes Spiegel, der in schräger Eleganz auf seinen schlanken Edelstahlbeinen stand, und ich dachte mir, daß ich so nicht auf die Straße gehen konnte. Die Leute würden mir Kleingeld zuwerfen. Aber ich würde es wagen und nach Hause geben. Es gab Schlimmeres als den Tod. Hosen mit Schlag zum Beispiel, und diese Schuhe zu diesen Jeans. Aber während ich so dastand, überlegte ich es mir anders. Wenn ich das riskieren konnte, dann konnte ich auch riskieren, zur Technology Week zu gehen und mit Max Winters zu sprechen.
    »Was hast du vor?« fragte Shinichro.
    »Ich gehe zu meinem alten Chef. Und du?«
    »Ich gehe zur Arbeit.«
    »Business as usual?«
    »Für dich ja auch, wie es scheint.«
    »Wie sehe ich aus?«
    »Du solltest dich noch ein Weilchen ausruhen.«
    »Nicht mein Gesicht. Das Zeug hier.«
    Er antwortete nicht.
     
    Richard hatte gerade Redaktionskonferenz, als ich hereinkam, und er unterbrach sich nicht, trotz der Blicke, die mir die Bande von Reportern zuwarf, die um ihn versammelt waren. Die meisten kannten mich. Max blickte erst auf, als ich sagte:
    »Hallo.«
    Max hatte noch ein bißchen mehr von seinem dichten, rötlichen Haar verloren, so daß die blauen Adern unter seiner bleichen Haut deutlicher hervortraten, wie tätowierte Schlangen, die sich über seine Schläfen hinunterkräuselten. Man hätte Mitleid mit einem so eigenbrötlerischen Menschen wie ihm haben können, wenn man auch nur einen Augenblick lang geglaubt hätte, es sei eine Folge des schrecklichen Unfalls, der ihm die Wirbelsäule gebrochen, die Beine zerquetscht und ihn an den Rollstuhl gefesselt hatte. Aber das war es nicht. Max war immer schon ein mieser Schweinehund gewesen. Jeder, der ihn vorher gekannt hatte, sagte das, sogar sein Geschäftspartner Ray,

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