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Sieh mich an, Al Sony

Sieh mich an, Al Sony

Titel: Sieh mich an, Al Sony Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denise Danks
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seinem Job wohl fühlte. Er berührte Charlies Schulter mit seinem stählernen Totschläger, und Shinichro wollte mich um die Ecke zurückziehen. Ich schüttelte ihn ab und schrie. Pal schaute zu uns herüber. Sie schauten beide; Charlie hob den Arm, und Pal ließ seinen heruntersausen, so daß der schwere Totschläger gegen Charlies Knie prallte, einmal, dann noch mal, und noch mal. Immer wieder holte Pal mit dem Arm aus und ließ ihn herunterschwingen wie ein Bauer, der die Sense schwingt. Charlies Beine knickten ein, und er ging zu Boden, kreischend wie ein Kater, der mit dem Schwanz in der Falle steckt, und Pal schaute ihn an und blickte dann zu uns herüber, und immer noch strahlte dieses breite, freundliche, leicht resignierte Grinsen auf seinem Gesicht.
    »Hey, Japan!« schrie er.
    Shinichro verharrte ruhig und regungslos und hielt weiter meinen Arm fest. Charlies hysterisches Gekreische ließ uns wie angewurzelt stehenbleiben. Zwei Männer kamen hinter Pal aus einem Gebäude. Sie stockten, als sie Charlie sahen, und dann eilten sie in ein Gespräch vertieft vorüber; zweimal schauten sie sich noch um, und dann blickten sie nach vorn zu uns. Sie überquerten die Straße, um sich aus der Schußlinie zu bringen, und kümmerten sich um ihre eigenen Angelegenheiten. Pal versetzte Charlie einen Tritt gegen den Oberschenkel und rief uns noch einmal etwas zu. Wegen des Verkehrslärms auf der Straße hinter uns und wegen der Preßlufthämmer, die sich in Beton bohrten, konnte ich nichts verstehen. Ich hörte Charlies Schreie und sah, daß Pal den Mund bewegte, und dann hörte es auf. Er schob den Totschläger wieder in den Hosenbund und ging rückwärts die Straße hinunter, bevor er sich umdrehte und davonging, bis er nicht mehr zu sehen war. Wir gingen zu Charlie und blieben bei ihm stehen; sein Gesicht war verzerrt, und seine Lippen waren bleich vor Schmerzen.
    »Ruft einen Krankenwagen. Ruft Debbie an. Ich glaube, der hat mir das verdammte Bein gebrochen« schrie er und klammerte sich an Shinichros Jackett, als dieser sich neben ihm niederhockte. Shinichro betastete Charlies angewinkeltes Schienbein bis hinauf zum Knie.
    »Wie geht es Ihrem Finger?« fragte er dann, und die Hoffnung in Charlies wildem Blick verschwand.
    Charlie konnte das unnatürlich angewinkelte Knie nicht geraderichten und wollte es auch nicht, denn es tat zu weh. Shinichro sagte immer wieder: »Da ist nichts gebrochen, drücken Sie das Knie durch«, aber Charlie tat es nicht. Er krümmte sich zusammen wie ein heulendes Kind und umklammerte sein ramponiertes Knie mit knochigen Fingern. Ich wollte einen Krankenwagen rufen, aber Shinichro sagte, ich solle warten. Ich sah zu, wie seine Hand Charlies Knöchel umschlang. Ich sagte nichts. Mein Mund war ausgetrocknet. Ich war leicht desorientiert und hatte ein flaues Gefühl im Magen. Charlie sah mich und Shinichro mitleidheischend an; sein Gesicht war grau wie altes Spülwasser. Shinichro sah ihn an, aber er sprach mit mir.
    »Ich finde, Charlie-Boy sollte dir sagen, wo die Drams sind, Georgina«, meinte er.
    »Shinichro, bitte...«, sagte ich. Charlie begriff sofort und fing an zu schreien. Shinichro deutete mit dem Finger auf das anschwellende Kniegelenk.
    »Das Bein ist nicht gebrochen, aber die Bänder..., möglicherweise sind die Bänder gerissen«, sagte er, und Charlie wimmerte: »Bitte. Ich weiß es doch nicht. Ich weiß es nicht.«
    »Nötig ist folgendes.« Mit einer schnellen Bewegung beider Hände, die eine oberhalb des Knies, die andere am Fußknöchel, riß er das gekrümmte Bein gerade, wie wenn man eine verklemmte Tür ins Schloß zieht. Die Wirkung auf Charlie war elektrisierend. Er riß die Augen weit auf, und sein dummer Mund klaffte wie ein Loch im Boden. Shinichro stand auf, und Charlie kippte hintenüber, er keuchte und schnappte nach Luft und preßte die Handballen vor die Augen, als müsse er die Augäpfel in den Schädel zurückdrücken.
    »Weißt du, wenn die Bänder gerissen sind, dann schlagen die Knochen, Tibia und Fibia, von hinten ins Knie. Es hält sie nichts mehr. Ganz typischer Sportunfall. Kommt sehr häufig vor, wenn man den Fuß flach aufsetzt und den Körper dann wegdreht... und ist sehr schmerzhaft. Richtet man das Bein gerade, bringt man alles wieder an seinen Platz, wie du siehst. Aber wenn man das Bein wieder anwinkelt...«
    Shinichro hockte sich nieder und packte Charlies Fußknöchel, bis dessen Stimme vor Verzweiflung brüchig wurde und er anfing zu

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