Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Siesta italiana: Meine neue italienische Familie

Siesta italiana: Meine neue italienische Familie

Titel: Siesta italiana: Meine neue italienische Familie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Harrison
Vom Netzwerk:
sein blutbefleckter Intimbereich öffentlich gemacht wurde, während die Nonnen den Heilungsprozess überprüften. Dann wurde ein Laken über ihn gebreitet, damit er sich schlafend von dem Eingriff erholen konnte, der seine letzten Jahre hoffentlich angenehmer gestalten würde.
    Die Nonne kehrte bald zurück, um Antonio zu holen, der zwei Betten weiter lag und gleich operiert werden sollte. Zum ersten Mal in seinem Leben stand er ordentlich Schlange. Auch Antonio wurde auf die Operation vorbereitet, indem man seinen Allerwertesten durchbohrte. Aber um sein Bett aus dem Zimmer schieben zu können, mussten die Nonnen meines vor die Spinde und das Roccos vor meines schieben. Davon wurde Rocco wach und schrie schmerzerfüllt auf.
    »Oh, halt den Mund, Schlafmütze«, sagte die Nonne. »So schlimm kann es gar nicht sein.«
    »Er hat erst geschrien, als Sie ihn bewegt haben«, sagte Antonio und handelte sich damit ähnliche Tiraden ein.
    »Wir lassen die Betten so stehen«, verkündete die Nonne. »Sonst müssen wir sie wieder umschieben, wenn wir zurückkommen.«
    Ich konnte nur hoffen, dass die Operation schnell vorbei war, da mein einziger Weg zum Klo über Roccos blutende Genitalien führte. Ohne dass er etwas dafür konnte, trugen diese auch nicht gerade dazu bei, dass die Luft im Zimmer besser wurde.
    Eine Asiatin mit erwartungsvollem Gesicht – eine von den vielen extra-comunitari Süditaliens – kam mit einem Tablett ins Zimmer, auf dem Uhren, Feuerzeuge, billiger Schmuck und Spielzeug lag. Auch wenn man an jeder Ampel Straßenverkäufer sieht, war ich doch überrascht, dass die Nonnen ihnen auch Zutritt zum Krankenhaus gewähren. Wenn sie Besteck dabeigehabt hätte, hätte sie vielleicht etwas verkaufen können. Stattdessen winkten alle ab. Sie konnte noch nicht lange in Italien leben, da sie die Geste für »kein Interesse« erst noch lernen musste. Tatsächlich war sie so hartnäckig, dass ich schon Angst hatte, sie würde Rocco wecken, an dessen Prostata man gerade herumgepusselt hatte, nur um ihm einen Schlüsselanhänger zu verkaufen. Schließlich wurde sie von dessen Frau verscheucht, die dem Gestank entflohen war und auf dem Flur häkelte, um in regelmäßigen Abständen zurückzukehren, das Kissen ihres Mannes aufzuschütteln und sich für sein Schnarchen zu entschuldigen.
    Ich saß über eine Stunde in der Falle, bevor Antonio zurückgeschoben und unsere Betten wieder in ihre ursprüngliche Position gebracht wurden. Anders als Rocco, der einen komplizierteren Eingriff hinter sich hatte, war Antonio hellwach und scheuchte das Personal herum wie zuvor. Wie Soldaten in einem Militärkrankenhaus feierten wir seine Rückkehr, was Patienten aus dem angrenzenden Zimmer auf den Plan rief, die sehen wollten, wie es ihm ging. Der grobschlächtige Geselle mit nur noch drei Zähnen im Mund, der einen Zahnarzt nötiger zu haben schien als einen Urologen, erzählte seinen Besuchern nicht etwa, wie es ihm ging, sondern zeigte auf ein Glas mit einem Steinchen in einer rosa Lösung. Schmerzerfüllt, aber erleichtert verkündete er: »Jetzt ist das Mistding endlich draußen.«
    »Gar nicht mal so klein«, sagte Uccio und hielt das Glas gegen das Fenster. »Wo war er?«
    »Na, wo wohl?«
    »Sie Ärmster. Ich hole Dinger aus meinen Olivenbäumen, die sind kleiner als der.«
    Das Abendessen kam zeitig, um die Besuchszeit von halb sieben bis acht nicht zu stören. Auf Schildern im ganzen Krankenhaus standen die Besuchsregeln. Kinder unter acht Jahren durften nur an Sonn- und Feiertagen kommen, während ansonsten maximal drei Besucher pro Bett erlaubt waren. Zum Glück kümmerte sich niemand um die Einhaltung dieser Regeln, und gegen halb sieben stürmten Unmengen von Besuchern die Station. Ich sage zum Glück, weil der Andrang dazu führte, dass man mich nicht vermissen würde. Auf diese Weise konnte ich mich mit Daniela hinausstehlen, um eine richtige Pizza zu essen und in der nächsten Bar ein paar Bier zu trinken.
    Nachdem ich um die Nonne herumgeschlichen war, musste ich nur noch auf das Krankenhausbändchen um mein Handgelenk achten, das jedes Mal unter meinem Hemd hervorlinste, wenn ich mein Heineken hob – nur für den Fall, dass ein Arzt gerade eine ähnliche Pause machte.
    Als die Besucher gegen halb neun das Gebäude verließen, gab ich Daniela einen Gutenachtkuss und schlich mich an der Nonne vorbei ins Bett. Es wurde Nacht, und auf den Fluren kehrte Ruhe ein. Uccio, der während meiner Abwesenheit eine

Weitere Kostenlose Bücher