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Siesta italiana: Meine neue italienische Familie

Siesta italiana: Meine neue italienische Familie

Titel: Siesta italiana: Meine neue italienische Familie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Harrison
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Darmspiegelung über sich hatte ergehen lassen müssen, murmelte wiederholt: » Mamma mia. « Als ob es nicht schon traumatisch genug wäre, sich eine Kamera in den Hintern schieben zu lassen, wird diese Prozedur im Falese-Krankenhaus auch noch ohne Betäubung durchgeführt. Also war Uccio bei vollem Bewusstsein gewesen, als eine fünf Zentimeter breite telecamera durch seinen gesamten Dickdarm geschoben worden war. Allerdings erst nach einer Luftinjektion, die den Darm entsprechend geweitet hatte. Diese Luft entwich jetzt seinen Gedärmen, aber geräuschvoller, als sie hineingelangt war. Uccios zum Teil abrupte, manchmal jedoch lang anhaltende, stinkende Symphonien endeten unweigerlich mit einem erleichterten Aufseufzen ihres Komponisten, der sinnigerweise ans Fenster geschoben worden war. Der Mann, der die Prozedur nur mit einem einzigen Wort, nämlich mit tortura beschrieben hatte, besaß mein volles Mitgefühl.
    Als der Priester seine Glocke läutete, um zur Abendandacht zu rufen, verfluchte Uccio so gut wie jede Figur aus der Bibel – von Abraham bis Zacharias. Da sich die meisten ihre Kräfte für das Freundschaftsspiel zwischen Italien und England aufheben wollten, fanden nur wenige den Weg zur Kapelle. Ich fragte mich, ob sich der Priester wohl über den mangelnden Zuspruch beklagt hätte, wenn er gesehen hätte, mit welch rührender Solidarität sich die Patienten später halfen, um in den Fernsehraum zu gelangen, indem sie Tropfständer trugen und Rollstühle schoben, nur damit ihre Zimmergenossen ebenfalls das Spiel sehen konnten. Ein 2:1-Sieg für Italien war für diese Männer, die ihre Bettpfannen über ihrer Freude beim Abpfiff völlig vergessen hatten, die beste Medizin. Nach dem Spiel trennten sich ihre Wege, und jeder kehrte zu seiner eigenen Mineralwasserflasche, seinem eigenen Toilettenpapier und seinem eigenen Bett zurück. Der einzige Gemeinschaftsbesitz ist die Nationalmannschaft.
    Als das Licht gelöscht wurde, gab es einen Schichtwechsel. Die neue Schwester wollte eigentlich nur noch mal kurz nach ihren Patienten sehen, bevor sie sie schlafen ließ. » Porco mondo «, fluchte sie, als sie die leeren Tropfbeutel und vollen Bettpfannen entdeckte. »Ich bin es leid.«
    »Sie sind müde«, provozierte sie Antonio. »Aber was ist mit uns? Und was ist eigentlich aus dem Waschen geworden, das man mir versprochen hat? Ich will sofort geduscht und rasiert werden!«
    »Wenn Sie nicht sofort den Mund halten, bekommen Sie gleich etwas ganz anderes«, gab die Schwester zurück.
    » Vaffanculo «, fluchte Antonio unfein und merkte, dass er weder das eine noch das andere bekommen würde.
    Die Schwester ignorierte die Beleidigung, wenn auch nur, weil sie viel zu sehr damit beschäftigt war auszubügeln, was ihre faulen Kolleginnen ihr eingebrockt hatten.
    Mit einem Blick auf die Tafel am Fuß meines Bettes fragte die Schwester: »Haben Sie schon etwas gegen Ihre Schmerzen bekommen, Signor Arrison?«
    »Nur meine übliche Medizin«, log ich. »Und ein paar Bier in der Bar«, fügte ich noch hinzu, nachdem sie das Zimmer verlassen hatte.
    »Ach, da waren Sie während der Besuchszeit?«, erkundigte sich Antonio.
    Ich legte den Finger auf die Lippen.
    » Capito te «, staunte er. »Schön für Sie. Das nächste Mal nehmen Sie mich mit.«
    Gegen 23 Uhr war es auf der Station still und friedlich. Sogar die Nonnen waren eingeschlafen. Die einzigen Geräusche waren ein entferntes Schnarchen und das Gegrummel aus Uccios Darm, der wieder auf seine ursprüngliche Größe schrumpfte. Da ich den Nachmittag über gedöst hatte, war ich noch nicht müde genug, um schlafen zu können. Aber was sollte ich sonst tun? Lesen konnte ich nicht, weil der Raum für drei Betten gedacht war und ich über meinem keine Lampe hatte. Rocco machte seine für mich an, aber ich merkte, dass sie ihn blendete, und gab vor, meine Meinung geändert zu haben. »Warum versuchen Sie nicht, das Licht mit einer Zeitung zu dämpfen?«, schlug Antonio vor, der, ohne meine Antwort abzuwarten, bellte: »Schwester, wir brauchen eine Zeitung!« Daraufhin hörte das Schnarchen im Nebenzimmer sofort auf.
    Zu meiner Überraschung kam die Schwester mit einer Zeitung, ermahnte Antonio, nicht zu schreien, und wies ihn auf den Klingelknopf hin, bevor sie zu ihrem nächtlichen Spielfilm zurückkehrte. Antonio, der sah, dass ich Schwierigkeiten hatte, die Zeitung am Plexiglasschirm der Lampe zu befestigen, ignorierte die Ermahnungen der Schwester und brüllte

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