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Siesta italiana: Meine neue italienische Familie

Siesta italiana: Meine neue italienische Familie

Titel: Siesta italiana: Meine neue italienische Familie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Harrison
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Urologe – der Mann, mit dem Danielas Freund den Plan ausgeheckt hatte – um halb zehn endlich kam, stellte ihn die Nonne mit einer Vehemenz zur Sprache, die mich verblüffte. »Dottore Pinola!«, sagte sie. »Sie haben keinerlei Informationen im Computer hinterlegt, warum wir Crristoper Arrison aufnehmen sollen.« Der Arzt flehte die Nonne um Vergebung an und sagte, ich brauchte eine dringende Kernspin sowie weitere Untersuchungen. »Aber muss er wirklich stationär aufgenommen werden, um diese Untersuchungen machen zu lassen?«, hakte die Nonne nach.
    »Je früher, desto besser«, beharrte der Arzt. »Er hat starke Schmerzen.«
    Ich wollte mich schon in der Kapelle vor Schmerz winden, überlegte es mir aber noch mal anders. Die Nonne starrte den Arzt an, der überall hinsah, nur nicht zu der Nonne. Als ich gerade dachte, er würde einknicken, stürmte Danielas Freund, der für diesen Plan verantwortliche Chirurg, herein und rief: » Fate presto! Unten ist schon alles fertig für Crristopers Kernspin.« Er mochte spät dran sein, aber sein Timing war perfekt.
    Ich folgte dem Chirurgen ins Erdgeschoss, wo er mich dem Team der Kernspinabteilung überantwortete. Fasziniert von meiner Nationalität und meinen Gründen, im Salento zu leben, bombardierte mich der medizinisch-technische Assistent nur so mit persönlichen Fragen, in der Hoffnung, so viele Details über mein Leben zu erfahren, wie sie seine Maschine bald über meine Hüfte gewinnen sollte. Er legte mich auf den Schlitten und erzählte mir die Geschichte seines Cousins, der vor zwanzig Jahren nach Australien ausgewandert und nicht mehr zurückgekehrt war. »Australien ist das Land meiner Träume«, sagte er. »Diese Weite dort muss fantastisch sein.« Als er mich daraufhin in den klaustrophobisch engen Tunnel schob, musste ich zugeben, dass er Recht hatte.
    Nachdem ich vierzig Minuten lang ohrenbetäubende Klopfgeräusche ertragen hatte, holten mich der medizinisch-technische Assistent und der Arzt, den ich noch nicht kennengelernt hatte, wieder heraus und halfen mir auf die Beine. Sie blieben Schulter an Schulter stehen, wie um mir den Weg zu versperren. »Das ist der Australier«, sagte der Assistent zu seinem Kollegen. Dann wedelte er mit dem Zeigefinger zwischen sich und dem Arzt hin und her und fragte: »Na, was glauben Sie: Wer von uns beiden ist jünger?« Mein Magen machte Geräusche, die an die des Geräts erinnerten, aus dem ich gerade gekommen war. Deshalb tat ich mich schwer, mein Desinteresse zu überspielen, und optierte lustlos für den Assistenten, der mir daraufhin applaudierte. »Haha«, witzelte er und boxte gegen den Arm des Arztes. »Färb dir die Haare, alter Mann!« Wie war dieser Assistent nur an seinen Job gekommen?
    Nach einem Routine-EKG, Blut- und Urintests, die alle bestätigten, dass ich gesünder war als die Ärzte, zeigte man mir das Bett, in dem ich die nächsten vierundzwanzig Stunden verbringen sollte, um der Nonne aus dem Weg zu gehen, die wusste, dass ich sie an der Nase herumgeführt hatte. Meines war das letzte in einem Vierbettzimmer, das eigentlich nur für drei gedacht war und genauso aussah wie der angrenzende Raum, nur spiegelverkehrt. Beide wurden durch eine Toilette und einen gemeinsamen Eingang getrennt. Außer den Betten bestand das Mobiliar aus vier Spinden, je einem Stuhl am Fußende der Betten, einem Kruzifix an der Wand und drei Nachttischchen. Das Fenster war zu und der Geruch stechend, eine Mischung aus Schweiß und Blut. Die Männer im angrenzenden Raum waren soeben operiert worden, während die in meinem Zimmer, die automatisch buongiorno murmelten, als ich hereinkam, ihrem Chirurgen noch vor Sonnenuntergang zugeführt werden sollten.
    Das Mittagessen war gebracht worden, während ich gerade meine Untersuchungen absolvierte. Ich hob den Deckel von meinem Tablett und entdeckte eine Schale mit Minestrone, ein Sandwich, drei Kartoffeln und ein paar Scheiben Lamm. Das einzig Gute an italienischen Krankenhäusern ist, dass man dort gut isst. Nur das Besteck fehlte.
    »Ich hab dir doch gesagt, du sollst welches einpacken.«
    »Ich dachte, du machst Witze.«
    Nachdem sie in den nächsten Supermarkt geeilt war, um mir ein Plastikbesteck, Toilettenpapier und eine Flasche Mineralwasser zu kaufen, sauste Daniela zur Arbeit und versprach mir, so bald wie möglich zurückzukommen. Sie überließ mich der Obhut dreier bettlägeriger Männer mit Prostataproblemen und deren treu ergebenen Ehefrauen zu ihren

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