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Siesta italiana: Meine neue italienische Familie

Siesta italiana: Meine neue italienische Familie

Titel: Siesta italiana: Meine neue italienische Familie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Harrison
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Tür. Nur das Geld in ihrer Geldbörse fehlte – vielleicht als Gebühr für die Ablieferung zu Hause. Alles andere war noch da: das Handy, die Kreditkarten, sogar ein Ring, der zumindest teuer aussah. Ich hatte ihn ihr geschenkt und war fast beleidigt, dass die Diebe ihn nicht gestohlen hatten.
    Daniela war so dankbar für die Rückgabe ihrer Habseligkeiten, dass sie schon drauf und dran war, das Geld abzuschreiben. Jetzt bestand ihr Problem nur noch darin, dass sie ihre Kreditkarten gesperrt hatte. Als sie ihre Bank anrief, um sie darüber zu informieren, dass es sich die Diebe anders überlegt hätten, riet man ihr, den vorübergehenden Diebstahl innerhalb von achtundvierzig Stunden bei den carabinieri anzuzeigen. Denn nur dann würde sie das Geld, das eventuell abgebucht worden sei, von der Versicherung der Bank zurückbekommen. Klingt eigentlich simpel, oder? Doch nun traten die carabinieri auf den Plan …
    Italiens paramilitärische Truppe, über die ständig Witze gemacht wird, ist berühmt dafür, zwölf Mann zu benötigen, um eine Glühbirne auszuwechseln. Oder dafür, den Hinterausgang einer Bank zu bewachen, während die Diebe durch den Haupteingang entkommen. Die unbeholfenen Uniformträger gelten gern als gut gekleidete Dummköpfe, die so inkompetent, faul und unterbelichtet sind wie die Halbinsel, die sie patrouillieren. Wenn die carabinieri am Tatort eintreffen, gehen viele Opfer davon aus, dass sich ihre Situation noch verschlimmert.
    Die Kirchturmuhr schlug sieben, als wir das Polizeirevier von Loritano erreichten. Sie ließ die Heiterkeit von Andranos campana vermissen, wahrscheinlich infolge von mehr modernem Metall, wie Daniela glaubte. Um nicht Schlange stehen zu müssen, hatten wir während der Siesta aufs Revier gehen wollen. Daniela fing langsam an, sich meiner Denkweise anzuschließen. Aber der Polizeibeamte, der ans Telefon ging, als wir anriefen, um uns zu erkundigen, ob das Revier auch besetzt sei (eine Maßnahme, die sogar bei der Polizei nötig wird), sagte, der Chef müsse die Diebstahlsanzeige unterzeichnen und sei nicht vor sieben Uhr zurück. Um nicht noch einmal herkommen zu müssen, könnten wir genauso gut bis dann warten, so seine versteckte Botschaft. Die Italiener sind unfair zu den carabinieri . Die Denke dieses Beamten schien hocheffizient zu sein.
    Anders als die weißen Häuser, zwischen denen es stand, war das Revier ein wenig von der Straße zurückgesetzt. Sein Eingang wurde durch eine Schranke blockiert. Daniela klingelte zwei Mal, bevor ein Beamter die Tür öffnete und sich in die langsam kühler werdende Abendluft hinauslehnte.
    » Si? «
    »Wir müssen einen Diebstahl anzeigen.«
    Die Schranke ging hoch, und wir betraten das verwitterte Gebäude. Der carabiniere war allein und reckte sich, als ob wir ihn geweckt hätten.
    Die gesamte Möblierung des spartanischen Warteraums bestand aus vier Metallstühlen. Die einzigen Farbtupfer in diesem trostlosen, langweiligen Raum waren die roten Streifen an den schwarzen Hosenbeinen des Beamten (damit er die Hose nicht mit der Jacke verwechselt, wie man in Italien sagt) sowie Fotos von tapferen Beamten, die Heldentaten im Kampf gegen das Verbrechen vollbrachten: Sie kletterten auf Berge, seilten sich aus Hubschraubern ab und klammerten sich an Schlitten, die von Huskys gezogen wurden. Der glatzköpfige, dickbäuchige Polizist, der uns in sein Büro geleitete, hatte jedoch keinerlei Ähnlichkeit mit jenen athletischen jungen Männern, die für die Kamera posierten, während sie Reißleinen zogen.
    Daniela erklärte, sie habe vorhin angerufen und sei gekommen, um den vorübergehenden Diebstahl ihrer Handtasche anzuzeigen. Sie erinnerte den Beamten auch daran, dass er ihr geraten hatte, um sieben zu kommen, weil dann auch der Chef da wäre. Daraufhin erfuhr sie, dass der Chef nicht da war und sie am nächsten Tag wiederkommen müsse. Der Mann spürte unsere Verärgerung und bot immerhin an, die Anzeige aufzunehmen, damit sie das heutige Datum trüge. Dann könnte sie der Chef morgen, oder wann immer er geruhte, seinen Dienst anzutreten, einfach unterschreiben.
    Ein Kruzifix war der einzige Schmuckgegenstand im Büro, dessen Möbel aus einem Grundschulklassenzimmer zu stammen schienen. In den Schreibtisch gekratzt waren Worte wie Forza Juventus! Die Fußballmannschaft von Lecce erzielte scheinbar keine Ergebnisse, die die Beschädigung von Möbeln gerechtfertigt hätten. Ein Ventilator pustete Papiere von einem Tisch in der

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