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Siesta italiana: Meine neue italienische Familie

Siesta italiana: Meine neue italienische Familie

Titel: Siesta italiana: Meine neue italienische Familie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Harrison
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erklärte aber, sie seien die Folge zu vieler Autos auf zu engem Raum und nicht etwa das Ergebnis der Fahrkünste seiner Landsleute, die er »als geborenste Autofahrer der Welt« beschrieb.
    »Du meinst, das hat alles nichts mit dem Tempo zu tun, mit dem ihr fahrt, Angelo?«
    » Assolutamente no . Wenn wir eure bescheuerten Geschwindigkeitsbegrenzungen beachten würden, hätten wir noch viel mehr Verkehrsopfer zu beklagen, weil alle am Steuer einschlafen würden.«
    Ich wartete auf ein Grinsen, das nie kam.
    »Und auch nicht damit, dass die Leute rote Ampeln ignorieren und sich nicht anschnallen?«
    »Sich anschnallen ist gefährlich, denn es ist unbequem und schränkt die Bewegungsfähigkeit ein. Ich habe mich nur zweimal angeschnallt, und jedes Mal baute ich einen Unfall.«
    Das war das letzte Mal, dass ich mich von Angelo irgendwohin fahren ließ.
    Wenn meine Fahrt zur Schule wie durch ein Wunder ohne größere Probleme vonstatten ging, sprachen wir über irgendein anderes Debakel, an dem ich gerade zu kauen hatte. Die meisten Schüler wollten nämlich wissen, was ich von ihrem Land hielt. Und obwohl ich mich sehr bemühte, ihnen zu schmeicheln, was normalerweise bedeutete, ihr Essen oder ihre Kirchen zu loben, wäre eine ehrliche Antwort häufig negativ ausgefallen. Aber ich sollte bald erfahren, dass sie über bestimmte Facetten des italienischen Lebens genauso frustriert waren wie ich. Und dass Kritik, wenn sie denn taktvoller vorgebracht wurde als von Danny, nichts Neues für sie war.
    Eine attraktive Reiseverkehrskauffrau namens Katia fragte mich ausgerechnet an jenem Tag, wie ich Italien fände, als die Telecom Italia ihr soundsovieltes Versprechen, mein Telefon anzuschließen, gebrochen hatte. Das Essen und die Kirchen konnten mich mal – sollten sie doch ruhig die Wahrheit wissen, auch wenn die üppige Brünette mit dem Pelzhandtäschchen eigentlich das Verb »sein« hätte konjugieren sollen.
    Unsere neue Wohnung besaß einen Telefonanschluss, wir mussten ihn nur aktivieren und uns ein Telefon sowie eine Telefonnummer zuteilen lassen. Als wir die Telecom das erste Mal anriefen, hieß es, man würde uns zurückrufen (auf dem Handy, nehme ich an), um uns mitzuteilen, wann ein Techniker vorbeikäme. Als wir die nächsten zwei Tage nichts hörten, riefen wir am vierten noch einmal an und wurden gebeten, bestimmte Papiere duchzufaxen, die die Sache beschleunigen würden wie carta d’identità, codice fiscale usw. Am fünften Tag versäumte man es erneut, uns anzurufen, also rief Daniela am sechsten an und bekam zu hören, man würde gegen Mittag des siebten Tages vorbeischauen. Das Ganze klingt wie die Schöpfungsgeschichte, aber die war im Vergleich dazu eine Kleinigkeit.
    Als der Techniker nicht auftauchte, rief Daniela an und erfuhr, dass die Telecom streikte. Am achten Tag riefen wir erneut an und fragten, ob unser Termin vom Vortag denn heute gültig sei. Ja, das sei er, versicherte man uns, aber es kam trotzdem niemand. Am neunten Tag hieß es, man würde morgen kommen, wobei man eine völlig entnervte Daniela darauf hinwies, dass sie laut Gesetz zehn Tage Zeit hätten, auf ihre erste Anfrage zu reagieren. Und morgen sei eigentlich erst der siebte Tag, weil weder das Wochenende noch der Streiktag zähle. Die Uhren gingen rückwärts.
    Am zehnten Tag steckte ein Techniker einen Schraubenzieher in unseren Anschluss, drehte ihn leicht nach links, gab uns eine gesalzene Rechnung und eilte zur Tür.
    » Il telefono? «, hakte Daniela nach.
    »Das Telefon kommt innerhalb der nächsten zehn Tage«, entgegnete er.
    Wenn wir so dringend ein Telefon bräuchten, so die Dame von der Telecom Italia, könnten wir zu einer der folgenden Adressen gehen und uns eines holen. Wir befolgten ihre Angaben und landeten in einer Metzgerei, wo ein Mann mit einem gehäuteten Kaninchen in den Händen meinte, er sei es leid, nach Telefonen statt nach Würsten gefragt zu werden. Wir gingen zur zweiten Adresse, aber da hatten sie keine Telefone mehr auf Lager, also kauften wir eines in einem Elektrogeschäft, und die Saga war vorbei, genauso wie Katias Englischstunde.
    Ich hatte eigentlich erwartet, dass die gut aussehende Reiseverkehrskauffrau bei meiner Leidensgeschichte nur ihre dünn gezupften Brauen heben würde. Doch stattdessen nickte sie nur und erzählte mir von einem ganz ähnlichen Fiasko. Während sie mit den drei obersten Knöpfen ihrer Bluse spielte, die sie, wenn es nach ihrem Freund gegangen wäre, bestimmt lieber

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