Siggi Baumeister 19 - Mond über der Eifel
Meinung, jeder soll glauben, was er will, und er hat auch gesagt, dass so ein Bronzeteil jemandem helfen kann, wenn er wirklich daran glaubt. Und die zwanzig hat er wohl bestellt, weil er sie verschenken wollte. Ich habe ihm einen Sonderpreis gemacht, und er hat sich bedankt und kurz drauf noch mal zwanzig bestellt.«
»Etwa für seine Frauen?«, fragte Jennifer.
Er fing an zu lachen, und es klang richtig sympathisch. »Vierzig Frauen? Also, so stark war er ja nun auch wieder nicht. Aber ich weiß, wofür. Er wollte auf seinen Reisen den Eingeborenen immer etwas schenken. Und für die war das reine Magie. Das hat er mir jedenfalls gesagt. Kann ich noch so einen Schnaps haben?«
»Aber selbstverständlich«, sagte Jennifer ganz begeistert und goss ihm einen guten Doppelten ein. »Wenn ich zehn davon bestellen würde, wann könnte ich die kriegen?«
»Also, im Moment mache ich vierzehn Tage Betriebsferien. Sagen wir in vier Wochen.«
»Gut«, sagte sie.
»Für alle deine Männer«, sagte ich. »Klar«, sagte sie und errötete leicht.
Ich stopfte mir eine Bari und zündete sie an. Er griff zu einer Zigarette.
»Mit anderen Worten, wir kommen nicht weiter. Als du angerufen hast, hast du gesagt, dass die Bullen keine Ahnung hätten. Was hast du denn da gemeint?«
Er stand auf und beugte sich nach vorn. Er griff in die Gesäßtasche seiner Hose und warf ein Stück steifes Papier auf den Tisch. »Das meinte ich!«, sagte er und setzte sich wieder.
Es war Fotopapier, ich faltete es auf. Das Foto zeigte Jamie-Lee, fantastisch geschminkt wie eine altägyptische Königin in einem weißen, fließenden Gewand. Sie stand zwischen Pilla Menge und Imre Kladisch, beide in voller Berufskleidung. Sie starrten alle drei ohne jeden besonderen Ausdruck in die Kamera, ernst und unaufdringlich. Jamie-Lee hielt ein Kreuz fest, ein großes Holzkreuz, das etwas größer war als sie selbst. Das Kreuz stand auf dem Kopf.
»Das ist nicht wahr«, sagte ich und gab das Foto an Jennifer weiter.
Jennifer hauchte: »Oh Gott!« Dann setzt sie tonlos hinzu:»Das Mädchen hat nichts drunter.«
Ich hatte das nicht gesehen, ich nahm das Foto wieder, Jennifer hatte recht.
»Das ist jetzt gar nicht spaßig. Ich habe gerade erfahren, dass die Pilla ihren Freund mit einem Messer schwer verletzt hat. Sie wissen noch nicht, ob er durchkommt. Kannst du dieses Foto erklären?«
»Ja, sicher«, sagte Bleibtreu. »Das ist ein Hammer, nicht wahr?« Als ich nickte, fuhr er fort: »Dass sie ihn abstechen wollte, ist mir neu. Also, das ist ungefähr ein halbes Jahr alt. Es gab einen Abend in einer Kneipe. In Schmidt. Wir saßen da mit sechs, sieben Leuten zusammen. Es ging hoch her, wir hatten jede Menge Pflaumengeist und Bier. Irgendwann brachte einer die Rede auf dieses merkwürdige Paar, diesen Kladisch und die Menge. Also, das muss man einfach gesehen haben. Die beiden waren tagsüber ständig unterwegs, und man fragte sich immer: Wohin gehen die eigentlich? Die gingen nirgendwohin, die gingen einfach, und einer aus der Runde sagte: >Die wollen auf sich aufmerksam machen, also gehen die einfach rum, damit jeder sie sieht.< Die Kneipe war voll, weil man da auch gut essen kann. Dann behauptete einer aus der Runde, er habe den Verdacht, dass sie schwarze Messen feiern. >Was sind denn Schwarze Messen?<, fragte einer. So genau konnte das niemand beschreiben. Irgendwelche nächtlichen Versammlungen auf Friedhöfen, Kerzen auf den Grabsteinen, Tiere, die man als Opfer darbringt. Keiner hatte eine genaue Vorstellung. Und ich war gut drauf und sagte, dass sie niemals Jugendliche bei uns bekehren könnten. Also zum Satanismus, zur Anbetung Satans.« Er trank einen großen Schluck Schnaps. »Ich habe mich weit aus dem Fenster gelehnt, ich habe eine richtige Rede gehalten, ich habe wahrscheinlich viel Scheiß von mir gegeben. Aber genau zwei Tage später lag dieses Foto, so wie es jetzt ist, morgens in meinem Briefkasten.«
»Wem hast du davon erzählt?«
»Keinem«, antwortete er. »Erst war ich erschrocken und später habe ich gedacht, dass ich das diesem Mädchen und seinen Eltern nicht antun kann. Sind ja wohl ganz normale Leute.«
»Hast du die anderen Teilnehmer der Runde gefragt, ob sie auch ein Bild bekommen haben?«
»Habe ich nicht. Aber sie hätten es mir erzählt. Wir kennen uns alle seit Jahren.«
»Und was machen wir jetzt damit?«, fragte ich.
»Zuerst muss man einmal feststellen, dass die Polizei offensichtlich keine Ahnung davon hat. Dann
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