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Siggi Baumeister 19 - Mond über der Eifel

Siggi Baumeister 19 - Mond über der Eifel

Titel: Siggi Baumeister 19 - Mond über der Eifel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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du doch selbst nicht. Und was ist da in der Wasserkanne?«
    »Mondwasser. Der Kristall darin ist blau und man nennt das dann Mondwasser. Das hat gute Kräfte, viel gute Energie. Das Wasser beruhigt meine Kinder, wenn sie … wenn sie zappelig sind. Es hilft ihnen, sich zu konzentrieren.«
    »Was hast du für den Kristall bezahlt?«
    »Das war ein Sonderpreis für die Leute, die so etwas für ihre Kinder kaufen. Achtzig Euro. Aber es wirkt tatsächlich.«
    »Du sagst, es wirkt tatsächlich, aber tatsächlich lacht sich Swarovski krank. Was machst du beruflich?«
    »Ich habe zwei Jobs als Bedienung. Von acht Uhr morgens bis acht Uhr abends.« Ihre Hände bewegten sich unruhig auf den Sessellehnen.
    Ich dachte an Maria, und wie ich sie an ihrer Kasse zum ersten Mal gesehen hatte. »Und deine Kinder?«
    »Sind morgens in der Schule und nachmittags bei einer Tagesmutter hier gleich um die Ecke, bis ich komme.«
    »Und du verdienst nicht genug, nicht wahr?«
    »Mein Exmann zahlt nicht. Er ist arbeitslos. Schon seit einem Jahr.«
    »Wie viele Kinder?«
    »Drei.«
    »Und du weißt nicht weiter.«
    »Nein.« Sie begann unvermittelt vollkommen lautlos zu weinen. Ihr Gesicht war das eines Clowns, dem sämtliche Felle wegschwimmen.
    »Lass den Hexenscheiß sein. Das bringt doch sowieso kein Geld. Und jetzt erklär mir mal, wie du denn als Medium diese beiden Gothics sehen konntest.«
    »Ich habe sie aber gesehen.«
    »Du machst dich unglücklich, Frau. Und wenn du sogar zu allem Überfluss bei Fremden darüber redest, wird es verdammt teuer. Pass auf, ich lasse dir etwas Geld da, und wir reden nicht mehr darüber. Und falls ich Auskünfte brauche, melde ich mich. Aber überprüfe bitte deine Verbindung zu deinen sogenannten Hexenschwestern, denn wenn sie zulassen, dass du Leute bei einer Toten siehst, von denen du nicht einmal weißt, ob sie die Tote überhaupt gekannt haben, dann sind sie schlimme Hexenschwestern, jedenfalls klingt das nach einer beschissenen Manipulation. Ihr seid schlicht gegen diese Leute, weil ihr wahrscheinlich glaubt, ihr seid die besseren Menschen. Was weiß ich! Und meine Rolle als moralinsaurer Idiot stimmt mich auch nicht gerade fröhlich.«
    Ich nahm zwei Fünfziger aus der Geldbörse und legte sie auf den kleinen Tisch. Dann stand ich auf und ging hinaus, und sie blieb da sitzen und rührte sich nicht. Ihr Rücken war gebogen, als habe sie körperliche Prügel bezogen.
    Es war halb vier, als ich nach Hause kam und mich auf mein Bett legte. Ich schloss nicht einmal mehr meine Schlafzimmertür und spürte noch, wie Satchmo auf das Bett sprang und sich einen Platz suchte. Ich war einfach zu müde, um ihn zu verscheuchen.
     
    Ich wurde wach, weil das Telefon sich meldete. Es war elf Uhr, ich fluchte müde und fand die Welt zunächst unverändert öde. »Ja, bitte.«
    »Ich bin es noch mal«, sagte die Hexe in Ausbildung. »Ich kann das Geld nicht annehmen, ich schicke dir das zurück.«
    »Das tust du nicht«, sagte ich barsch. »Verbrauche es einfach.«
    »Aber…«
    »Deine Kinder brauchen es.«
    Sie zögerte lange und ihr Atem ging schnell. »Semana hat gesagt, dass wir versuchen müssen, diese Grufties aus der Gemeinde zu treiben. Semana hat gesagt, sie bringen unsere Gemeinde in Verruf. Semana hat gesagt, sie kommen direkt vom Teufel, sie sind uns geschickt, um uns zu prüfen. Wir haben darüber gesprochen, nächtelang, und ich habe sie dann beim Ritual gesehen. Das wollte ich dir noch sagen.«
    »Semana ist die Oberhexe, nicht wahr?«
    »Ja.«
    »Passiert so etwas öfter? Ich meine, versammelt ihr euch oft?«
    »Zweimal im Monat. Sie bilden mich ja aus.«
    »Und was machst du, wenn du ausgebildet bist?«
    »Dann helfe ich den Menschen. Wir helfen ja jetzt schon allen, die zu uns kommen. Also, die Frauen sind ja meistens ganz hilflos und ganz down.«
    »Und wie sieht diese Hilfe aus?«
    »Das kommt darauf an, das kommt drauf an, in welcher Situation die Frau ist, was man noch tun kann.«
    »Du musst dem Verein kündigen, die machen dich auf die Dauer irre. Und jetzt muss ich Schluss machen.«
    »Ja«, sagte sie wieder.
    »Halt, halt«, schob ich dann hastig ein. »Gibt es in deiner Hexengruppe eine gewisse Griseldis?«
    »Nein. Die kenne ich, aber sie ist ein Freiflieger. Sie macht nicht mal Wicca.«
    Natürlich war ich verwirrt, natürlich lief meine Bildung über Hexen in einer sehr schmalen, kaum sichtbaren Spur. Natürlich hätte ich fragen müssen, was denn Wicca ist und was eine weibliche

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