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Siggi Baumeister 19 - Mond über der Eifel

Siggi Baumeister 19 - Mond über der Eifel

Titel: Siggi Baumeister 19 - Mond über der Eifel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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für den Kopf ausgeschnitten wurde. Zur Zeit wird dieses Gewand von Fußballbegeisterten in den Farben unseres Landes getragen. Aber mit Fußball hat das hier nichts zu tun.«
    »Ich habe keine Ahnung von Fußball«, sagte ich.
    »Ich auch nicht«, setzte er trocken hinzu und lächelte leicht.
    »Was trägt er darunter?«
    »Jeans, schwarze Socken, ein Hemd mit roten Streifen, halber Arm, darunter ein weißes T-Shirt. Bis an die Unterhose sind wir noch nicht gekommen. Interessant ist, dass er keine Schuhe trägt, nur schwarze Socken. Ich frage mich seit zwei Stunden, warum das so ist. Aber möglicherweise hat das gar keine Bedeutung.«
    »Was brauchen Sie jetzt präzise?«
    »Wie Sie sehen, hat der Stamm keine Kletterhilfen, keine langen Nägel, keine schweren Krampen. Der Tote sitzt exakt in 3,16 Metern Höhe, gemessen von seinem Arsch. Er kann nicht am Stamm nach oben geklettert sein, weil der viel zu dick ist. Eine Leiter haben wir zwar gefunden, aber die steht in einem Schuppen am Haus. Wenn also die Todesart auf irgendeine Weise verschleiert werden sollte, dann hat der Täter sich dämlich verhalten. Dann hätte er die Leiter hier stehen lassen, und möglicherweise hätten wir dann an Selbstmord geglaubt.«
    »Haben Sie denn Spuren an der Leiter gefunden?«
    »Ja, haben wir. Aber es sind so viele Spuren, dass sie eher verwirren, als Klarheit zu schaffen.
    Was ich jetzt brauche, sind Aufnahmen des Toten total und detail mit einem möglichst feinen Raster, also superweit und supernah. Ich möchte die Hautporen zählen können. Das Gleiche gilt für den Stamm des Baumes, den Ast, auf dem er sitzt, und dann den Erdboden. Ich will wissen, ob möglicherweise eine Leiter hier gestanden hat. Nach Adam Riese muss eine Leiter im Spiel gewesen sein. Sollen wir die Leiter aus dem Schuppen holen?«
    »Ja, unbedingt, die brauche ich. Ich fange schon mal an.« Dann kletterte ich die Leiter der Mordkommission hoch.
    Das Gesicht des Toten war eindrucksvoll, asketisch, schmal unter dem kurzen, schwarzen Haar. Er hatte sich rasiert, die Partie um das Kinn wirkte leicht blau. Nichts erschien verzerrt in einem Schmerz, das Gesicht wirkte gelöst, heiter fast. Jemand hatte ihm die Augen geschlossen, also musste jemand nach seinem Tod auf einer Leiter hochgeklettert sein. Aber warum das?
    Die Leiter, die ich benutzte, stand etwa drei Meter entfernt von der Lotrechten, aber ich kam mit wechselnden Objektiven extrem nah an meine Ziele. Roland Major hatte gesagt, er wolle die Hautporen zählen können, also fotografierte ich dementsprechend. Sterns Hände waren erstaunlich lang, elegant und gepflegt, noch keine Verfärbung ins Grau oder Blau, zuweilen erschien es mir so, als schlafe er nur.
    Dann hatte ich plötzlich eine Idee und unterbrach meine Arbeit kurz. Ich rief Griseldis an und entschuldigte mich für die Störung. »Haben Sie eine Ahnung, ob Jakob Stern jemals eine Baumbestattung erwähnt hat?«
    »Komisch, dass Sie das fragen. Ja, hat er. Und zwar ziemlich häufig. Er fand es besonders eindrucksvoll, dass ein bestimmter Indianerstamm in den USA früher seine Toten in Bäumen aufbahrte. Dort wurden sie mumifiziert. Sie glaubten, dass sie damit eine leichtere Reise in die Gefilde der Toten hätten und näher am Himmel und seinen Sternen seien. Das ist ja zweifelsfrei auch eine schöne Idee. Ist das etwa so geschehen?«
    »Ja. Wenn ich Sie fragen würde, ob so etwas ein Selbstmord oder aber eine Tötung ist, was würden Sie antworten?«
    »Auf keinen Fall Selbstmord. Das passt nicht bei Jakob, das passt ganz und gar nicht.«
    »Ich danke Ihnen.«
    Griseldis setzte nach: »Ich weiß nichts, ich will aber mehr wissen. Hier brodeln die Gerüchte. Was ist denn nun tatsächlich passiert?«
    »Er sitzt auf einer seiner heiligen Eichen und ist tot. Mehr wissen wir noch nicht. Aber ich komme vorbei, versprochen, Hexenehrenwort.«
    »Danke.« Sie lachte nicht.
    Roland Major kam mit einem jungen Mann zurück, der eine Aluminiumleiter trug. Sie war um zwei Sprossen höher als die, auf der ich stand.
    »Nicht direkt unter den Toten«, sagte ich. »Aber so aufstellen, dass ich die Eindrücke der Leiterbeine fotografieren kann.«
    »Ja«, sagte Major, »wird gemacht.« Der junge Mann ging wieder fort, Major fragte mich: »Irgendetwas Auffälliges?«
    »Er wirkt sehr friedlich, und irgendjemand muss ihm die Augen geschlossen haben.«
    »Das ist richtig«, nickte er. »Sonst noch etwas?«
    »Ja. Er muss am rechten Handgelenk eine Uhr getragen

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