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Siggi Baumeister 19 - Mond über der Eifel

Siggi Baumeister 19 - Mond über der Eifel

Titel: Siggi Baumeister 19 - Mond über der Eifel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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»Es gibt doch sicher den Punkt, an dem der Glaube anfängt und der Verstand aufhört. Beim Tanzen zum Beispiel.«
    »Ja, klar, das gab es oft. Er nahm dazu Bongos, also kleine Doppeltrommeln. Und Klangschalen, die er aus Nepal mitbrachte …«
    »Ihre Naturaltreffen«, sagte ich leise.
    »Was ist das?«, fragte Rodenstock schnell.
    »Da ziehen wir uns aus und tanzen um das Feuer«, erwiderte sie einfach. »Da gibt es mehrere Tänze und auch Gesänge. Also, den Begriff Naturaltreffen gibt es normalerweise nicht. Wir haben es so genannt, weil dauernd irgendwelche Verwandten in Hörweite waren, die sich das Maul zerrissen haben. Sehr oft ist das nicht vorgekommen, laue Nächte gibt’s ja bei uns selten.«
    »Sie tanzen also nackt«, stellte Emma fest. »Sie überlassen sich Ihren Gefühlen. Wie wirkt das?«
    »Na ja, befreiend«, antwortete sie. »Man wirft diese schrecklichen Schamgefühle einfach weg. Man tanzt. Man bewegt sich ganz frei, man ist nicht mehr so beengt. Da hatte ich anfangs große Schwierigkeiten. Es verändert dich, du urteilst auch nicht mehr so mies über andere, ihre Fehler und Macken.«
    »Wer war dabei?«, fragte Emma. »Oder waren Sie allein mit Jakob?«
    »Da waren zwei Frauen bei, die zusammen mit mir lernten. Ich war nur einmal mit Jakob allein, aber das war mehr ein Zufall, würde ich mal sagen.«
    »Und da haben Sie mit ihm geschlafen«, sagte Emma freundlich.
    »Richtig«, nickte sie. »Es war einfach schön.«
    »Lieben Sie ihn?«
    »Ja, auf eine gewisse Weise schon.«
    »Hat die Trennung von Ihrem Lebensgefährten damit zu tun, dass Sie bei Jakob Stern in ein neues Leben hineinglitten?«, fragte ich.
    »Das kann man so sagen, ja. Er war nicht damit einverstanden, dass Jakob mich unterrichtete, er ist einfach schrecklich konservativ.«
    »Wie finanzieren Sie Ihr Leben?«, fragte ich weiter.
    »Ich helfe als Verkäuferin aus, kellnere schon mal, also, ich komme zurecht.«
    »Hat er jemals von seinen Eltern gesprochen?«
    »Ja, hat er. Also die haben den Bauernhof ja noch richtig bewirtschaftet. Dann wurde das Gelände zum Nationalpark geschlagen, und die Alten hörten auf. Sie waren dann in einem Altenheim bei Simmerath. Das ist von Jakob bezahlt worden, das hat er mal erwähnt. Er war der Lieblingssohn seiner Eltern. Besonders viel hat ihn mit seinem Vater verbunden. Aber mehr weiß ich da nicht.«
    »Was halten Sie von Hexen?«, fragte Emma. »Ja, das ist ein weites Feld«, antwortete sie vage und verstummte dann. »Kennen Sie Griseldis?«, fragte Emma weiter. »Natürlich kenne ich sie. Tja, Hexe?«
    »Wollen Sie nicht darüber sprechen?«, fragte Emma schnell.
    »Doch, klar, warum nicht. Also Griseldis nennt sich Hexe, der Friedrich Vonnegut nennt sich Hexer, aber so bitter ernst nehmen die das gar nicht. Und manchmal hat man den Eindruck, sie machen sich einen Scherz daraus. Und Jakob hat sich manchmal auch einen Hexer genannt, aber ich glaube, er meinte das scherzhaft. Er meinte es ja auch scherzhaft, wenn er von sich als Schamane sprach. Und er hat auch immer betont, dass er gegen einen Allgemeinarzt niemals antreten würde, weil der Mann mehr Ahnung habe. Und wenn jemand mit unklaren Beschwerden kam, hat er die Leute einfach zu ihrem Arzt geschickt.«
    »Haben denn nie Rituale stattgefunden? Anrufung von Göttern, Göttinnen, Sonne, Mond und Sternen. Herabflehen von positiven Kraftfeldern, Verscheuchen von schlechten Gedanken, das Bitten um Energien und so etwas?« Emma blieb hartnäckig.
    »Wir haben über so etwas gesprochen, aber Jakob sagte auch immer, so etwas könne gefährlich sein. Wir könnten uns darin verlieren, sagte er. Und wir brauchten es eigentlich heutzutage nicht mehr. Na klar, Meditation spielte eine große Rolle, wir versuchten, uns zu konzentrieren und zu Einsichten zu kommen. Er sprach oft von Mutter Erde und von Mutter Mond. Und er erklärte, wie die Indianer das früher verstanden hätten. Er sagte auch, es sei einfach die Möglichkeit der Indianer gewesen, ihren Träumen nachzugehen und die Hilfe guter Geister zu erflehen, und böse Geister, wenn eben möglich, zum Teufel zu schicken. Bäume konnten gute Geister sein, die Eichen zum Beispiel, die er so sehr liebte. Die hatte sein Ururgroßvater schon erwähnt, sie sind wirklich sehr alt. Er sagte auch immer, diese Eichen seien sein Altar. Anfangs, das gebe ich zu, habe ich gelächelt, dann habe ich es verstanden. Er meinte es so, und ich konnte es dann auch so sehen.«
    »Warum haben Sie sich nicht als

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