Siggi Baumeister 19 - Mond über der Eifel
Extrabett im Haus. Haben Sie das gesehen?«, fragte sie mich.
»Nein, habe ich nicht«, gab ich zur Antwort.
»Also oben, wo sein Bett steht, ist an der Wand ein Bett angebracht, das man herunterklappen kann. Er sagte, dass er in der ersten Nacht darauf die Männer legt, wenn sie richtig stresskrank bei ihm auftauchten und herumjammern, dass sie nicht schlafen können.«
»Hat er dafür denn Geld genommen?«, fragte ich weiter.
»Das weiß ich nicht. Er hat Geld nie erwähnt.«
»Was für ein Mensch ist denn dieser Friedrich Vonnegut?«, fragte Rodenstock.
»Der soll ja ein Millionär sein, aber da weiß ich nichts Genaues. Er ist auch bei den Indianern in den USA gewesen und bezeichnet sich selbst auch als Schamane. Er war aber nicht mit Jakob Stern dort, das lief getrennt. Die haben sich erst hier kennengelernt, soweit ich das verstanden habe.« Sie wurde müde, sie blinzelte mit den Augen, schwierige Worte wurden zu Schwierigkeiten, sie sagte Schmane statt Schamane.
»Ich denke, wir hören hier auf«, bestimmte Emma. »Können wir Sie anrufen, wenn wir Fragen haben?«
»Natürlich.« Sie stand auf und sagte matt: »Dann will ich mal.« Sie gab jedem die Hand, sie mühte sich redlich ab, so freundlich wie möglich zu sein, aber sie war zu Tode erschöpft und leichenblass.
Dann fiel mir eine Sache wieder ein, ich dachte an das merkwürdige Haus im Tal, und ich fragte: »Sagen Sie mal, haben Sie in Jakob Sterns Haus geputzt?«
»Ja, manchmal«, antwortete sie. »Er rief mich dann an, wir machten eine Zeit aus, und ich kam putzen. Meistens war er ja nicht da. Ich habe den Schlüssel zum Haus.«
»Bezahlte er das?«
»Ja. Er legte mir unten einen Hunderter an die Garderobe. Ich habe den nicht annehmen wollen, aber er sagte, gute Arbeit müsse bezahlt werden, basta!« Sie sah uns der Reihe nach an. »Also, ich bin dann wieder weg.«
Ich brachte sie hinaus an ihr Auto und wartete, bis sie vom Hof rollte.
»Was machen wir nun damit?«, fragte Emma, als ich wieder drin bei den anderen war. »Wenig«, sagte ihr Mann.
»Eher gar nichts«, steuerte ich bei. »Und jetzt werfe ich euch raus, denn jetzt bin ich müde und will unbedingt schlafen.«
Um ein Uhr war ich noch immer wach und ging in die Küche hinunter. Ich trank ein Wasser und stierte eine Weile durch das dunkle Fenster. Dann ging ich wieder ins Bett und schlief ein.
Um fünf Uhr meldete sich das Telefon, und Rodenstock sagte: »Ich würde vorschlagen, wir fahren nach Vossenack zu Friedrich Vonnegut. Sein Haus ist abgebrannt, und die Leiche, die man fand, scheint Vonnegut zu sein.«
»Ich brauche eine halbe Stunde«, sagte ich.
Er kam mit Emmas Volvo und wirkte hochkonzentriert. »Kischkewitz hat anrufen lassen. Das Feuer muss gegen Mitternacht ausgebrochen sein. Und weil das Grundstück hinter einem Wäldchen liegt, wurde es erst gegen ein Uhr entdeckt. Da war es aber schon zu spät. Alle Türen und Fenster waren von innen verschlossen, der Mann war offensichtlich allein.«
»Brandbeschleuniger?«
»Bis jetzt keine. Aber es war ein Holzhaus aus Finnland, keine Chance mehr. Bis jetzt sind nur Brandsachverständige da, die Mordkommission kann sowieso nichts mehr ausrichten. Die sind erst jetzt im Anmarsch.«
»Hatte er denn abends Besuch?«
»Weiß man nicht.«
»Weil er ein Freund von Stern war, hat die Mordkommission ihn doch schon vernommen. Was ist eigentlich dabei herausgekommen.«
»Das weiß ich nicht. Kannst du, bitte, fahren? Mein Kreislauf ist etwas wackelig.«
»Kommt das oft vor?«
»Nein, nicht oft. Manchmal, wenn ich zu wenig Schlaf kriege, nur zwei, drei Stunden, dann ist das so. Die beiden Frauen haben bis eben auf der Terrasse gesessen. Jennifer muss eine verdammte Menge Leben in einem verdammt kurzen Zeitraum lernen, sonst geht das alles den Bach hinunter. Eigentlich braucht sie nur auf ihr Erbe zu warten und kann dann leben, ohne einen Handschlag zu arbeiten. Das ist jetzt schon so, und das ist das Problem. Das weitaus größere Problem aber ist die Tatsache, dass sie das einzige Kind und Mamas und Papas Liebling ist.«
»Kann sie denn nicht einfach zu Ärzte ohne Grenzen gehen und in einem miesen Land helfen, so gut es geht?«
»Kann sie. Und darauf wird es auch hinauslaufen, wenn du mich fragst. Entweder das, oder ein Leben in Langeweile mit einem von den Eltern ausgesuchten dritten Ehemann. Und sie hat Angst vor allen, auch vor den Eltern. Und das gibt sie nicht zu.«
»Die armen, armen Reichen«, spottete ich.
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