Sigi Wulle 1 - Sigi Wulle und die Bankraeuber
nur ihren Instinkt, der nicht ausreicht, um zu überlegen, wie man drei Bankräuber und Kidnapper hereinlegen kann. Deshalb ruderte ich langsam weiter, bis die ersten Schilfhalme der Insel am Bug raschelten. Ich pfiff, um festzustellen, wo sie sich befanden, weil es nun ganz dunkel war; sie pfiffen zurück, und so ging das Gepfeife hin und her, bis ich die Schilfhütte gefunden hatte.
Bevor ich ankam, versenkte ich den Plastikbehälter, ohne daß sie es merkten. Lulu watete mir entgegen, um mit mir gemeinsam den Kahn ins Schilf zu ziehen, weil er für mich allein zu schwer war. Dabei fing ich an zu heulen, was aber nur eine List war, um sie zu täuschen. Die beiden anderen lagen halbtot vor Hunger da, und Strups krabbelte zu mir her und schlüpfte unter meine Jacke. Es beglückte mich, daß er noch lebte und munter schnurrte, doch ich mußte weiterflennen, um mich nicht zu verraten.
„Weswegen weinst du?“ fragte Lulu.
„Weil ich Angst habe!“ schluchzte ich.
„Jetzt kann doch nichts mehr geschehen!“ seufzte Kitty.
„Vielleicht verhaut ihr mich!“ jammerte ich.
„Warum sollten wir?“
„Weil ich nichts Eßbares mitbringen konnte!“
Da schrie Karlchen ganz laut und wie ein Narr. Er wollte sich auf mich stürzen, um mich zu verhauen, aber die anderen hielten ihn zurück. Es kam sogar zu einer Schlägerei unter ihnen, weil er dem Lulu eine schmierte, was dieser sich nicht gefallen ließ. Er verprügelte Karlchen, und Kitty half ihm dabei, da sie den Dicken ohnehin nicht leiden konnte, bis er steif und wimmernd im Schilf lag und auch die anderen völlig erschöpft waren. Ich hoffte, daß sie nun nicht mehr erpicht darauf wären, mich zu maltraitieren , und stellte deshalb die Flennerei ein.
„Aus welchem Grund konntest du nichts mitbringen?“ japste Lulu.
„Sie hatten mich im Lebensmittelladen erkannt, denn mein Bild erscheint immer im Fernsehen.“
„Und da bist du abgehauen?“
Ich nickte.
„Und mußtest alles zurücklassen?“
„Ja“, sagte ich, „doch morgen will ich es noch einmal versuchen.“
„Du hast völlig richtig gehandelt!“ sagte Lulu und klopfte mir anerkennend auf die Schulter. „Natürlich ist es eine verdammte Enttäuschung für uns, daß wir nicht das bekommen, wovon wir den ganzen Tag über geträumt haben: eine Mahlzeit!“
„Ich habe aber etwas mitgebracht, das ebenfalls eine Menge Kalorien enthält!“ flüsterte ich und zwinkerte ihm zu.
Da spitzten alle die Ohren, und ein Hoffnungsschimmer flimmerte in ihren Augen. Sogar Karlchen regte sich wieder und hob seinen eckigen Schädel.
„Und was ist das?“ fragte Kitty.
„Eine Pulle Schnaps und einige Flaschen Bier, die ich in einer Wirtschaft kaufte.“
Kapitel 16
Zuerst waren sie sehr mißtrauisch. Sie schauten die Flaschen von allen Seiten an und prüften, ob es sich um die Originalverschlüsse handelte, die sie öffneten, um an allem zu riechen; aber sie konnten nichts Verdächtiges feststellen und verharrten eine Weile in argwöhnischer Unentschlossenheit.
„Wenn ihr mir nicht traut“, sagte ich, „will ich zuerst von allem versuchen.“
„Eine gute Idee!“ rief Lulu.
„Daß er nur ja nicht zuviel säuft!“ grunzte Karlchen.
Da nahm ich eine Flasche nach der andern und trank von jeder ein paar Schluck, was mir nichts ausmachte, da ich gut gegessen hatte und ohnehin verdammt durstig war; sie paßten genau auf, daß die Brühe auch in meinen Hals lief, und faßten den Entschluß, eine Stunde zu warten, ob sich eine Wirkung zeigte; erst dann wollten sie die Sauferei eröffnen. Sie stellten alle Flaschen in die Mitte, hockten sich um sie herum und starrten darauf wie eine Katze auf ein Mauseloch.
„Was reden die Leute?“ fragte Lulu.
„Sie wundern sich“, erzählte ich, „weil wir wie vom Erdboden verschluckt sind.“
„Und wo, glauben sie, befinden wir uns?“
„Im Ausland.“
„Das ist prima!“ grunzte Karlchen.
„Hab’ ich also recht gehabt!“ lachte Lulu.
Ich dachte, daß er vielleicht ein bißchen zu früh lachte, äußerte aber meine Meinung nicht, sondern nickte eifrig. Dann zog ich die Zigaretten aus der Hosentasche und reichte sie ihm, was mich sehr beliebt bei ihnen machte. Sie steckten sich alle eine an und wurden ein bißchen schwindelig davon, denn Nikotin ist ein Gift, das das Gehirn angreift, genau wie der Alkohol, dem sie nun nicht länger widerstehen konnten. Jeder schnappte sich eine Flasche Bier und begann mit großer Freude davon zu trinken.
„Hast du
Weitere Kostenlose Bücher