Sigma Force 01 - Sandsturm
einer Hecke vor der Wand: eine Aluminiumleiter … und eine blasse Hand.
Painter erstarrte.
Die Hand bewegte sich nicht.
Er kroch darauf zu und zerteilte die Büsche. Eine Leiter lehnte an der Rückwand, daneben lag eine Gartenschere. Natürlich, es musste eine Möglichkeit geben, an diese hängenden Datteln heranzukommen. Er hätte daran denken sollen, nach einer Leiter zu suchen.
Er kroch zu der am Boden liegenden Gestalt.
Es war ein älterer Araber in einer mit Goldfäden verzierten dishdasha. Wahrscheinlich einer vom Personal des Grabmals, ein Hausmeister. Er lag bewegungslos im Schlamm. Painter drückte dem Mann die Finger an die Kehle. Er war noch warm. Der Puls noch spürbar. Langsam zwar, aber der Mann war am Leben, wenn auch bewusstlos.
Painter richtete sich auf. Hatte Cassandra den Mann mit einem Pfeil betäubt, wie Clay? Aber warum ihn dann hierher schleifen und verstecken? Es ergab keinen Sinn, aber er hatte auch keine Zeit, darüber nachzudenken.
Er zog die Leiter hinter der Hecke hervor, versicherte sich, dass er noch immer vor den Wachen versteckt war, und lehnte sie dann an die Rückwand der Moschee. Sie reichte bis knapp unterhalb des Dachs.
Gut genug.
Schnell kletterte er die Sprossen hoch. Dabei schaute er über die Schulter. Er sah, dass die Wachen sich jetzt so aufgestellt hatten, dass sie die Straße völlig blockierten. Etwas weiter unten entdeckte er die Fackeln und Lampen der Bait Kathir, die sich dort zu einer Gruppe versammelten. Sie hatten angehalten und fingen jetzt an, ein Lager aufzuschlagen. Er hörte vereinzelt lautes Rufen, immer auf Arabisch – die Männer spielten sehr effektvoll ganz gewöhnliche Nomaden, die sich hier für die Nacht niederließen.
Am Ende der Leiter packte Painter die Dachkante, zog sich hoch, legte ein Bein über den Rand und rollte auf dem Flachdach ab.
Geduckt eilte er über das Dach auf das Minarett an der Vorderseite zu. Nur einen knappen Meter oberhalb des Dachs lief ein offener Balkon um den Turm herum, von hier aus ertönte der Gebetsruf für die Gläubigen. Es war kein Problem, das Geländer zu packen und sich über die Brüstung zu schwingen.
Painter kauerte sich hin und kroch den Balkon entlang. Von hier aus hatte er einen guten Überblick über den Hof. Es war zu hell für sein Nachtsichtgerät, deshalb schob er es hoch.
Gegenüber erstrahlte eine kleine Ruinenstätte in gleißender Helligkeit. Eine Taschenlampe lag vergessen neben dem Eingang zum benachbarten Grab. Ihr Schein beleuchtete einen Metallstab, der im Boden steckte. Darauf schien eine Art Skulptur zu sitzen, eine Büste, wie es aussah.
Nun drangen Stimmen zu ihm hoch … sie kamen aus der niederen Grabstätte. Die Tür in den Hof stand offen. Licht drang heraus.
Er hörte eine vertraute Stimme. »Zeigen Sie es uns auf der Karte.«
Es war Cassandra. Painter spürte, wie sich vor Wut und Entschlossenheit seine Eingeweide zusammenzogen.
Dann antwortete ihr Safia. »Das ergibt keinen Sinn. Es könnte überall sein.«
Painter duckte sich noch tiefer. Gott sei Dank war sie noch am Leben. Erleichterung und zugleich neue Sorge durchströmten ihn. Wie viele Leute waren bei ihr? Ein paar Minuten lang studierte er die Schatten in den Milchglasfenstern. Es war schwer zu sagen, aber es sah nicht so aus, als wären in dem Raum mehr als vier Personen. Er suchte den Hof nach zusätzlichen Wachen ab. Alles blieb still. Alle schienen in diesem einen Gebäude zu sein, dort Schutz vor dem Regen zu suchen.
Wenn er schnell handelte …
Als er sich gerade abwandte, kam eine Gestalt aus der Tür des Grabes, ein großer, muskulöser Mann ganz in Schwarz. Painter erstarrte, aus Angst, entdeckt zu werden.
Der Mann zog sich den Schirm einer Baseballkappe tief in die Stirn und trat in den Regen. Er ging zu der Stange und kniete sich davor.
Painter beobachtete, wie der Mann die Finger ans untere Ende der Stange legte und sie langsam nach oben wandern ließ. Was zum Teufel macht der da? Als er das obere Ende erreicht hatte, stand er wieder auf und eilte zurück ins Grab, wo er seine Kappe ausschüttelte.
»Neunundsechzig«, sagte er, als er im Inneren verschwand.
»Sind Sie sicher?« Wieder Cassandra.
»Natürlich bin ich mir sicher.«
Painter wagte es nicht, noch länger zu warten. Er huschte durch den Türbogen, der zur Wendeltreppe hinunter in die Moschee führte, schob sich das Nachtsichtgerät wieder vor die Augen und inspizierte die dunkle Treppe.
Alles schien ruhig zu sein.
Immer auf
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