Sigma Force 01 - Sandsturm
Cassandra das Zimmer betreten. Der Sturm warf sie förmlich herein, Sand wehte hinter ihr her. Nur mit Mühe gelang es ihr, die Tür wieder zu schließen.
Painter hatte zuvor genug mitbekommen, um daraus folgern zu können, dass ihr Versuch, die anderen zu schnappen, ein Fehlschlag gewesen war. Aber er kannte keine Details. Allerdings wirkte sie recht zuversichtlich, und auch die Moral hier auf dieser Station schien ziemlich gut zu sein, die Aktion konnte also nicht völlig in die Hose gegangen sein.
Sie bemerkte, dass er sie trotz seiner offensichtlichen Benommenheit beobachtete, kam zu ihm und setzte sich auf die Nachbarpritsche. Sein persönlicher Bewacher, der hinter ihm saß, richtete sich auf. Der Chef war hier. Sie zog ihre Pistole aus dem Halter und legte sie sich auf den Schoß.
Ist das das Ende?
Aus dem Augenwinkel heraus sah er den winzigen blauen Ring auf dem Monitor des Laptops. Wenigstens war Safia noch am Leben. Sie war inzwischen ein gutes Stück von Shisur entfernt, und zwar genau in nördlicher Richtung. Die Koordinate auf der Z-Achse zeigte darüber hinaus, dass sie sich tief unter der Erde befand. Über hundert Meter.
Cassandra entließ seinen Bewacher. »Machen Sie mal ’ne Rauchpause. Ich bewache unterdessen den Gefangenen.«
»Ja, Captain. Vielen Dank, Sir.« Er eilte davon, bevor sie es sich anders überlegen konnte. Painter hörte einen Anflug von Angst in der Stimme des Mannes. Er konnte sich gut vorstellen, was für ein Regiment Cassandra hier führte. Mit eiserner Faust und Einschüchterung.
Cassandra streckte sich. »Also, Crowe …«
Painter ballte unter seiner Zudecke die Hände zu Fäusten. Er konnte allerdings nichts tun. Ein Fuß war mit einer Handschelle an einen Pritschenfuß gefesselt. Und sie saß knapp außerhalb seiner Reichweite.
»Was willst du, Sanchez? Dich an meinem Anblick weiden?«
»Nein, ich wollte dich nur wissen lassen, dass du allem Anschein nach das Interesse meiner Vorgesetzten geweckt hast. Es kann sogar sein, dass deine Gefangennahme mir in der Befehlskette der Gilde ein Stückchen weiter nach oben hilft.«
Painter schaute sie nur böse an. Sie war nicht aus Schadenfreude hier, sondern um zu prahlen. »Die Gilde? Aus der Richtung kommt also jetzt dein Geld.«
»Was soll ich sagen? Das Gehalt ist gut.« Sie zuckte die Achseln. »Bessere Sozialleistungen. Rentenversicherung. Todesschwadron zur persönlichen Verfügung. Ich kann nicht klagen.«
Painter hörte die Mischung aus Selbstbewusstsein und Hohn in ihrer Stimme. Das bedeutete nichts Gutes. Sie war fest entschlossen, hier zu gewinnen. »Warum hast du dich mit der Gilde eingelassen?«, fragte er.
Sie sah ihn direkt an. Ihre Stimme wurde nachdenklicher, aber auch irgendwie gemeiner. »Wahre Macht findet man nur bei jenen, die bereit sind, alle Regeln zu brechen, um ihre Ziele zu erreichen. Gesetze und Vorschriften fesseln und blenden nur. Ich weiß, was es heißt, machtlos zu sein.« Sie wandte den Blick ab, schien sich an etwas lange Vergangenes zu erinnern. Dennoch wurde ihre Stimme eisig. »Ich konnte mich befreien, indem ich Grenzen gesprengt habe, die nur wenige zu übertreten bereit sind. Dahinter habe ich Macht gefunden. Und ich werde nie wieder umkehren … nicht einmal für dich.«
Painter merkte, dass es sinnlos war, mit ihr zu diskutieren.
»Ich habe versucht, dich zu warnen«, fuhr Cassandra fort. »Wenn man die Gilde zu oft reizt, neigt sie dazu, zurückzubeißen. Sie hat inzwischen ein ganz spezielles Interesse an dir.«
Painter hatte schon Gerüchte über die Gilde gehört. Eine Organisation, die strukturiert war wie eine Terroristenzelle, eine lockere Verbindung mit einer schattenhaften Führung. Sie operierte international, ohne spezielle nationale Zuordnung, obwohl sie angeblich aus der Asche der ehemaligen Sowjetunion entstanden war, eine Kombination aus russischen Gangstern und ehemaligen KGB-Agenten. Aber inzwischen hatte die Gilde sich über alle Grenzen hinweg ausgebreitet, wie Arsen in Tee. Ansonsten wusste man wenig über sie. Außer dass sie skrupellos und blutrünstig war. Ihre Ziele waren einfach: Geld, Macht, Einfluss. Sollte sie Zugang zu dieser Antimaterie erhalten, wäre das eine Beute wie keine andere. Sie könnte ganze Nationen erpressen, Proben an fremde Mächte oder Terroristen verkaufen. Die Gilde wäre dann unantastbar und nicht mehr aufzuhalten.
Er musterte Cassandra. Wie weit reichte der Arm der Gilde nach Washington hinein? Er dachte an seine
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