Sigma Force 01 - Sandsturm
Stadt wuchs, wie zwischen die Säulen gestreut, die Uferböschung hoch und ragte an der Rückwand in die Höhe. Sie erinnerte Kara an Hafenstädte an der Amalfi-Küste, ein wenig sah das alles aus wie Bauklötzchen, die ein Kind über eine Hügelflanke gestreut hatte.
»Ubar«, sagte neben ihr die hodja.
Kara drehte sich um. Die Rahim knieten alle auf dem Deck. Nach zwei Jahrtausenden waren sie in ihre Heimat zurückgekehrt. Eine Königin hatte die Stadt verlassen, dreißig kehrten jetzt zurück.
Die Dhau war sofort langsamer geworden, jetzt dümpelte sie nur noch.
Omaha stellte sich neben Safia und legte den Arm um sie. »Näher ran.«
Sie legte die Hand wieder auf die eiserne Schulter. Sofort gewann die Dhau an Fahrt und segelte auf spiegelglattem Wasser auf die uralte, versunkene Stadt zu.
Vom Steuer rief Barak: »Noch ein Pier. Mal sehen, ob ich uns da hinbringen kann.«
Die Dhau fuhr auf die steinerne Lanze zu.
Kara starrte gebannt zu der langsam näher kommenden Stadt hinüber. Die Strahlen der Taschenlampen erreichten sie, in den Lichtkegeln schälten sich Details heraus.
Die Häuser hatten zwar alle Glaswände, waren aber mit Silber, Gold, Elfenbein und Keramikfliesen verziert. Ein Palast dicht am Ufer zeigte ein Mosaik, das aus Smaragden und Rubinen zu bestehen schien. Es stellte einen Wiedehopf dar. Der Vogel mit dem Federschopf war ein wichtiges Element in vielen Legenden über die Königin von Saba.
Sie waren alle überwältigt.
»Langsamer!«, rief Barak, als sie sich dem Pier näherten.
Safia nahm die Hand wieder von der Eisenstatue. Die Dhau wurde sofort langsamer. Barak steuerte sie geschickt längsseits des Piers.
»Festmachen«, rief er.
Die Rahim waren nun wieder aufgestanden. Sie sprangen auf den Steinpier und schlangen die Taue um silberne Pfosten, die zu den ebenfalls silbernen Rundstäben auf der königlichen Dhau passten.
»Wir sind zu Hause«, sagte Lu’lu mit Tränen in den Augen.
Kara führte die alte Frau zur Schiffsmitte, damit sie vom Boot auf den Pier steigen konnte. Kaum hatte die hodja festen Boden unter den Füßen, winkte sie Safia zu sich.
»Du solltest uns führen. Du hast uns Ubar zurückgegeben.«
Safia sträubte sich, aber Kara stieß sie an. »Tu der alten Dame den Gefallen.«
Mit einem Aufseufzen stieg Safia von der Dhau und führte die Gruppe zu den gläsernen Gestaden Ubars. Kara marschierte hinter Safia und Lu’lu her. Das war der große Augenblick der beiden. Sogar Omaha hielt sich zurück und rannte nicht los.
Im hellen Schein der Taschenlampen erreichten sie das Ufer.
Kara hatte den Kopf in den Nacken gelegt und schaute sich um. So abgelenkt, stieß sie mit Safia zusammen. Sie und die hodja waren plötzlich stehen geblieben.
»O Gott …«, stöhnte Safia.
Lu’lu sank einfach auf die Knie.
Kara und Omaha traten neben die beiden. So sahen sie das Grauen gleichzeitig. Omaha zuckte zusammen. Kara wich einen Schritt zurück.
Wenige Meter vor ihnen ragte eine beinahe skelettierte Mumie aus der Straße. Die untere Hälfte steckte fest im Glas. Omaha hob seine Taschenlampe und leuchtete die Straße entlang. Ähnliche Leichen lagen und kauerten, halb von Glas umklammert, auf dem Weg. Kara entdeckte eine einzelne vertrocknete Hand, die aus dem Glas herausragte, als würde der Besitzer in einem schwarzen Meer ertrinken. Es schien eine Kinderhand zu sein.
Sie waren alle in Glas ertrunken.
Omaha ging noch ein paar Schritte und sprang dann zur Seite. Er richtete seine Lampe auf die Stelle, wo eben noch sein Fuß gewesen war. Der Strahl durchdrang das Glas und beleuchtete eine dort unten eingeschlossene, bis auf die Knochen verbrannte, zusammengekrümmte Gestalt.
Kara konnte den Blick nicht abwenden. Es war wie bei ihrem Vater. Schließlich bedeckte sie ihr Gesicht mit den Händen und wandte sich ab.
Hinter ihr meldete sich Omaha zu Wort. »Ich glaube, wir haben eben die wahre Tragödie entdeckt, die die letzte Königin von Ubar von hier vertrieb und sie dazu brachte, die Stadt zu versiegeln und zu verfluchen.« Er kehrte zu den anderen zurück. »Das ist keine Stadt. Das ist ein Grab.«
20
Schlacht unter dem Sand
4. Dezember, 15:13
Shisur
Painter blickte sich in der provisorischen Krankenstation um. Wegen der Betäubungsmittel, die man ihm injiziert hatte, war sein Kopf noch immer voller Spinnweben, aber inzwischen war er schon wieder so klar, dass er einigermaßen vernünftig denken konnte. Er ließ es sich allerdings nicht anmerken.
Er sah
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