Sigma Force 01 - Sandsturm
sie so hart wie die Diamanten an ihrem Glasschneider … und genauso scharf. Sie arbeitete ruhig und mit höchster Konzentration. Doch Kara bemerkte auch das Funkeln in den Augen ihrer Freundin. Aufregung. Es war schon lange her, dass Kara ein solches Aufblitzen von Begeisterung bei Safia gesehen hatte, eine Erinnerung an die Frau, die sie einmal gewesen war.
Vielleicht gab es ja noch Hoffnung für sie.
»Das sollte reichen«, sagte Safia. Sie legte den Gummihammer beiseite und benutzte einen Pinsel, um kleine Splitter wegzuwischen und ihre Arbeitsfläche sauber zu halten. Danach drückte sie vorsichtig auf den Griff des Saughebers, zuerst in die eine Richtung, dann in die andere, sodass das Glasquadrat leicht hin und her schaukelte. Schließlich zog sie den Heber einfach senkrecht nach oben und löste den Glasblock sauber heraus.
Kara kam näher und starrte in die offene Brust der Statue. Das Herz war noch detaillierter, als sie es sich vorgestellt hatte. Die einzelnen Kammern waren deutlich zu erkennen und auch die winzigen Arterien und Venen auf ihren Oberflächen. Es ruhte perfekt in seinem Sandsteinbett, als hätte die Skulptur sich natürlich um das Herz herum gebildet, eine Perle in einer Auster.
Safia löste das Glas behutsam von dem Saugheber und drehte es um. Auf der Unterseite war ein Abdruck der oberen Herzseite zu sehen. Sie hielt das Glas in die Kamera. »Clay, haben Sie das alles gut drauf?«
Der Student stand gebückt hinter der Kamera und wippte auf seinen Sohlen. »O Mann, das ist fantastisch.«
»Ich nehme das als Ja.« Safia legte das Glas auf den Bibliothekstisch.
»Was ist mit dem Herz?«, fragte Fleming.
Safia drehte sich um und spähte in die offene Brust. Sie klopfte mit einem Pinselstiel gegen das Herz. Das Klingen war deutlich hörbar. »Auf jeden Fall Metall. Bronze, würde ich vermuten, wegen der rötlichen Farbe.«
»Das klang fast hohl«, bemerkte Clay und verschob das Kamerastativ, um einen besseren Blickwinkel in die Brusthöhle zu bekommen. »Machen Sie das noch einmal.«
Safia schüttelte den Kopf. »Lieber nicht. Sehen Sie, wie der Sandstein das Herz an einigen Stellen überlappt. Das steckt da ziemlich fest drin. Ich glaube, wir sollten es nicht mehr berühren. Auch andere Wissenschaftler sollten es in situ sehen, bevor wir es entfernen.«
Ein ganze Minute lang hatte Kara kaum gewagt zu atmen. Das Herz klopfte ihr in den Ohren, und das kam nicht von den Amphetaminen. Hatte es denn sonst niemand bemerkt?
Bevor sie fragen konnte, knallte weiter hinten im Gewölbesaal eine Tür. Alle schraken hoch. Schritte näherten sich. Zwei Männer.
Safia kippte einen Strahler so, dass er in die Tiefen des Saals leuchtete. »Direktor Tyson.«
»Edgar.« Kara trat vor. »Was machen Sie denn hier?«
Der Leiter des Museums trat beiseite, um seinen Begleiter zu präsentieren. Es war der Inspektor der Mordkommission der Central London Police. »Inspector Samuelson war bei mir, als ich die Nachricht von Ihrer brillanten neuen Entdeckung erhielt. Wir waren am Ende unserer Besprechung, und er bat mich, sich diesen erstaunlichen Fund selber ansehen zu dürfen. Wie konnte ich es ihm abschlagen, nach allem, was er für uns getan hat?«
»Natürlich«, sagte Kara in diplomatischem Tonfall, hinter dem sich jedoch eine gewisse Irritation verbarg. »Sie kommen gerade rechtzeitig.« Sie winkte die beiden zu sich und machte ihnen Platz. Ihre eigene Entdeckung musste nun noch ein bisschen länger warten.
Fleming nickte seinem Chef zu. »Ich glaube, ich habe jetzt genug gesehen. Ich sollte mal los und die Nachtschicht kontrollieren.« Doch bevor er ging, wandte er sich an Safia. »Vielen Dank, dass Sie mich haben zuschauen lassen.«
»Immer gern«, sagte sie abwesend, das freigelegte Herz interessierte sie mehr.
Kara bemerkte, dass der Sicherheitschef den Blick kurz auf Safia ruhen ließ und ihn dann enttäuscht abwandte, bevor er ging. Safia war für alles außer ihrer Arbeit völlig blind. Sie hatte schon bedeutendere Männer als Fleming abblitzen lassen.
Inspector Samuelson nahm den Platz des Sicherheitschefs ein. Er hatte sich die Anzugjacke über den Arm gehängt und die Ärmel aufgekrempelt. »Ich hoffe, ich störe nicht.«
»Überhaupt nicht«, sagte Safia. »Es ist eine sehr glückliche Entdeckung.«
»In der Tat.«
Der Inspektor beugte sich über die Statue. Kara war sicher, dass ihn mehr als nur Neugier hierher geführt hatte. Derartige Zufälle waren immer ein Grund für
Weitere Kostenlose Bücher