Sigma Force 03 - Der Genisis Plan
hoffnungsvoll, teils spöttisch.
Das weiß ich nicht, antwortete Painter aufrichtig. Solange wir für sie nützlich sind, werden sie uns bestimmt nicht töten. Aber wenn es uns gelingt, ein paar Tage herauszuschinden, dann erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass entweder Hilfe von außen eintrifft oder dass sich die Umstände ändern.
Lisa kaute nachdenklich. Ehe sie sich versah, hatte sie das Brot verzehrt. Und sie hatte immer noch Hunger. Sie gaben Sahne über die Brombeeren und teilten sich den Inhalt der Schüssel. Auf einmal sah sie Painter in neuem Licht. Er war nicht nur ein zäher Bursche. Hinter seinen blauen Augen verbargen sich ein Brillanter Intellekt und eine große Portion gesunder Menschenverstand. Als spürte er ihre Musterung, sah er sie an. Lisa wandte den Blick ab und studierte aufmerksam das Tablett.
Schweigend beendeten sie die Mahlzeit und tranken hin und wieder einen Schluck Tee. Als sie sich den Bauch vollgeschlagen hatten, machte sich auf einmal Erschöpfung bemerkbar. Selbst das Reden war anstrengend. Außerdem genoss es Lisa, neben ihm zu sitzen. Es war so still, dass sie seinen Atem hörte. Der Duft seiner frisch gewaschenen Haut sieg ihr in die Nase.
Als sie den Honig gesüßten Tee getrunken hatten, massierte Painter sich auf einmal die rechte Schläfe. Sein rechtes Auge zuckte. Der Kopfschmerz war wieder aufgeflammt. Da sie nicht die Ärztin hervorkehren und ihn unnötig beunruhigen wollte, musterte sie ihn verstohlen von der Seite. Mit leicht vibrierenden Pupillen sah er ins erlöschende Feuer.
Painter hatte von Aufrichtigkeit gesprochen, aber wollte er wirklich wissen, wie es um ihn stand? Die Abstände zwischen den Anfällen wurden offenbar kleiner. Außerdem war sie eigennützig genug, sich zu fürchten – nicht um seine Gesundheit, sondern um die winzige Hoffnung aufs Überleben, die sie immer noch hatte. Sie war auf ihn angewiesen. Lisa erhob sich. Wir sollten jetzt schlafen. Die Nacht ist nicht mehr lang. Painter nickte stöhnend. Als er sich aufrichtete, sachwankte er so stark, dass sie ihn stützen musste. Es geht schon, sagte er. So viel zum Thema Aufrichtigkeit. Sie geleitete ihn zum Bett und schlug das Federbett zurück. Ich kann auf dem Sofa schlafen, sagte er.
Seien Sie doch nicht lächerlich. Legen Sie sich hin. Was sollen hier Anstand und Schicklichkeit? Wir befinden uns in der Gewalt von Nazis. Von ehemaligen Nazis. Ja, das ist wirklich ein großer Trost. Seufzend stieg er ins Bett, ohne den Bademantel zuvor abzulegen. Lisa ging ums Bett herum, legte sich ebenfalls hin und blies die Kerzen aus. Es wurde dunkler, doch die Glut im Kamin verbreitete noch immer ein angenehmes Licht. Lisa fürchtete sich vor der tiefen Dunkelheit.
Sie machte es sich bequem und zog die Decke hoch bis ans Kinn. Sie behielt einen gewissen Abstand zu Painter bei und kehrte ihm den Rücken zu. Offenbar spürte er ihre Angst, denn er wälzte sich auf die Seite. Falls wir sterben müssen, murmelte er, sterben wir gemeinsam. Sie schluckte. Das war nicht die Art Aufmunterung, die sie sich gewünscht hatte, doch anderseits hatte die Vorstellung auch etwas Tröstliches. Irgendwas in seinem Tonfall, seine Aufrichtigkeit und das Versprechen, das er ihr damit gegeben hatte, bewirkten mehr, als haltlose Beschwichtigungen es vermocht hätten. Sie glaubte ihm.
Sie kuschelte sich enger an ihn und verschränkte die Hand mit der seinen. Es war nichts Körperliches. Sie suchte lediglich Trost beieinander. Er drückte ihre Hand, fest und beruhigend. Sie rückte noch näher an ihn heran, und er schmiegte sich an ihren Rücken. Lisa schloss die Augen. Sie rechnete damit, schlaflos zu bleiben, doch in seiner Umarmung schlummerte sie schließlich eine.
22:39
Kopenhagen, Dänemark
Gray sah auf die Uhr. Seit zwei Stunden hielten sie sich jetzt schon versteckt. Zusammen mit Fiona war er in einen Wartungsraum eines Fahrgeschäfts geklettert, das Minen oder Bergwerk hieß. Es handelt sich um eine altmodische Jahrmarktsattraktion, bei der Wagen an comic-haften, bewegte Maulwurfmodellen in Bergmannskluft vorbeirollten, die in einem drolligen unterirdischen Steinbruch tätig waren. Ständig wurde ein und dasselbe Musikstück wiederholt, die akustische Version der chinesischen Wasserfolter.
Kurz nachdem sie ins Gewühl des Tivoli eingetaucht waren, hatten Gray und Fiona Karten für das Bergwerk gelöst und Vater und Tochter gespielt. Bei der ersten uneinsehbaren
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