Sigma Force 06 - Das Flammenzeichen
aktivierte den Plastikempfänger, den er sich ins Ohr hatte implantieren lassen.
Er vernahm Stimmenlärm und das Klirren des Geschirrs, das von den Tischen abgeräumt wurde. Die Geräusche wurden von der elektronischen Wanze übertragen, die er beim Händeschütteln an der Innenseite von Ivar Karlsens Sakkoärmel befestigt hatte. Das Gerät war nicht größer als ein Reiskorn. Die DARPA hatte es nach einem Entwurf Painters entwickelt. Schließlich hatte der jetzige Direktor von Sigma früher auch einmal Agenteneinsätze bestritten. Sein Spezialgebiet waren Mikroelektronik und Überwachung gewesen.
Painter beobachtete, wie Karlsen außerhalb des Bankettsaals
unvermittelt stehen blieb. Er schüttelte einem grauhaarigen Mann die Hand, der ebenso groß war wie er. Painter erkannte Senator Gorman. Painter blendete die Hintergrundgeräusche aus und konzentrierte sich auf die Unterhaltung.
»… Sie, Senator. Haben Sie meine Rede gehört?«
»Nur den Schluss. Aber ich bin mit Ihren Ansichten vertraut. Wie wurde die Rede aufgenommen?«
Karlsen zuckte mit den Schultern. »Ich fürchte, sie ist auf taube Ohren gestoßen.«
»Das wird sich ändern.«
»Ich fürchte, ja«, meinte Karlsen nicht ohne Bedauern. Dann klopfte er Senator Gorman auf die Schulter. »Übrigens habe ich gerade eben den Ermittler aus Washington kennengelernt. Scheint mir ein fähiger Bursche zu sein.«
Painter gestattete sich den Anflug eines Lächelns. Der erste Eindruck ist immer entscheidend…
Der Senator ließ den Blick durch den Saal schweifen. Painter hatte sich abgewendet und drängte sich geschmeidig durch eine Menschentraube. Aufgrund seiner niedrigen Sicherheitseinstufung wusste der Senator nicht von Sigmas Existenz. Er sah in Painter lediglich einen Ermittler des Verteidigungsministeriums. Gleichwohl zog Painter es vor, anonym zu bleiben. General Metcalf hatte ihn davor gewarnt, sich mit dem Senator anzulegen. Der Mann hatte ein reizbares Temperament und wenig Geduld, was er in diesem Moment unter Beweis stellte.
»Jemanden extra hierherzuschicken, stellt eine sinnlose Verschwendung von Ressourcen dar«, klagte Gorman. »Die Untersuchung sollte sich auf Mali konzentrieren.«
»Ich glaube, dahinter steht die Absicht, besonders gründlich vorzugehen. Mir macht das jedenfalls nichts aus.«
»Sie sind sehr freundlich.«
Die beiden Männer gingen gemeinsam fort.
Painter ließ den Mikroempfänger eingeschaltet, wandte sich zum Ausgang und lauschte weiter der Unterhaltung.
Es war beruhigend, zur Abwechslung mal im Vorteil zu sein.
In einem weiter entfernten Raum saß Krista Magnussen vor einem Laptop. Sie betrachtete das Foto des Mannes auf dem Monitor mit mildem Interesse. Mit seinem durchtrainierten Körper, dem schwarzen Haar und den funkelnden blauen Augen war er eine ausgesprochen angenehme Erscheinung. Beim Essen hatte sie alle beobachtet, die Kontakt zu Ivar Karlsen aufgenommen hatten. In einer Ecke des Saals hatte sie eine drahtlose Kamera platziert, die zum Podium hin ausgerichtet war. Die Kamera verfügte über kein Mikrofon, doch die aufgenommenen Bilder konnte sie mittels einer Gesichtserkennungssoftware mit der Datenbank der Gilde abgleichen.
Während sie wartete, wurde das Gesicht des Mannes in hundert Referenzpunkte zerlegt und hochgeladen. Kurz darauf leuchtete auf dem Bildschirm zusammen mit einem Einsatzcode in roter Schrift ein einzelnes Wort auf.
Auf einmal wurde ihr ganz kalt.
Sigma .
Der Einsatzcode war ihr ebenfalls geläufig.
Ohne Vorwarnung eliminieren.
Krista ließ wieder den Livestream der Kamera anzeigen. Sie beugte sich vor. Der Mann war verschwunden.
Antonio Gravel hatte heute einen schlechten Tag.
Ursprünglich hatte er Ivar Karlsen auf dem Gang abpassen und ihn ein letztes Mal bitten wollen, ihn nach Svalbard mitzunehmen. Er war sogar bereit, ihm Zugeständnisse zu machen und sich bei ihm einzuschmeicheln. Ivar aber war dem US-Senator über den Weg gelaufen. Antonio hatte im Hintergrund darauf gewartet, dass Karlsen ihn vorstellen würde, doch
der Mistkerl hatte ihn wie üblich einfach ignoriert. Die beiden Männer waren einfach weitergegangen.
Karlsens Geringschätzung verschlug Antonio den Atem. Er wandte sich wutschnaubend ab und prallte gegen eine Frau, die in diesem Moment aus einer Seitentür trat. Sie trug einen langen Pelzmantel und ein Kopftuch. Der Zusammenprall war so heftig, dass ihr die Versace-Sonnenbrille herunterfiel. Sie fing die Brille auf und setzte sie wieder auf die
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