Signale des Körpers: Körpersprache verstehen (German Edition)
stärker abschirmend als das »verhängte« wirkt das »verdeckte« Auge, bei dem das Oberlid fast geschlossen wird. Auch bei »zugekniffenen« Augen verdecken wir das Sinnesorgan, mit dem wir sehen, z. B. bei Mißtrauen, beim Nachdenken, bei Aggression; also in Augenblicken, in denen wir gerade nicht viel sehen wollen! Was wir jetzt jedoch für die Stirnfaltenbildung gesagt haben, gilt in noch stärkerem Maße für das Auge: Es bewegen sich immer mehrere Muskeln im Verband miteinander. Augenlidbewegungen gehen sowohl mit Augenbrauenbewegungen (Stirnbereich) einher, als auch mit Bewegungen der Mund muskulatur! Deswegen gilt auch hier die Regel, daß man lernen sollte, die Primär-Signale der Augen mit diesen Sekundärmerkmalen zu registrieren, erstere bewußt, letztere gleichzeitig, aber unbewußt.
Zum Trainieren der Wahrnehmung eignen sich sowohl schon beschriebene Experimente als auch das folgende: Bitten Sie jemanden, Ihnen etwas zu erzählen. Seine Darstellung soll etwas länger dauern, also mehrere Minuten. Fragen wie »Wie war es denn im Urlaub?« oder Erzählungen über einen gesehenen Film eignen sich hervorragend. Nun hat man die Person um die Information gebeten, so daß diese (unbewußt) von der Annahme ausgehen wird, daß man sie während des (aufmerksamen) Zuhörens ansehen wird. Dies aber tun Sie nicht! Auch wenn die Person selbst Sie kaum ansieht, weil sie nachdenkt (s. oben), wird sie bei kleinen Kontrollblicken feststellen, daß kein Augenkontakt zustande kommt. Dies empfindet sie als ein inkongruentes Signal von uns! Sofort wird sie sich unterbrechen bzw. fragen: »Ist was?« oder ähnlich. Nun versichern Sie, daß »nichts sei«, oder bitten: »Sprich nur weiter.«
Achtung, nach zwei- oder dreimaligem Wiederholen Ihres bewußten Nicht-Hinsehens wird die Person in der Regel verunsichert oder verärgert (zu Recht). Also bitte nicht übertreiben!
Trotzdem schulen solche Versuche unseren Blick enorm, da wir hier bestimmte Signale gezielt hervorrufen und für das Sehen-Üben nicht warten müssen, bis sie irgendwann einmal zufällig auftauchen!
Wiewohl wir schon Seiten mit der Besprechung des Blickens gefüllt haben, haben wir noch keinen Bruchteil der möglichen Informationen besprochen. Aber auch hier gilt m. E., daß weniger eher mehr ist. Wenn Sie auf die angeführten Aspekte zu achten lernen, dann sehen Sie als Geübter bereits weit mehr als früher!
Technisch gesehen gehört zum Mittelgesicht auch die Nase, sowie der Wangenbereich (und natürlich die Ohren). Da aber die mimischen Möglichkeiten von Nase und Ohren minimal sind, werden wir hier nicht gesondert auf sie eingehen. Dasselbe gilt für den Wangenbereich, wiewohl ich darauf hinweisen möchte, daß ein entspannter Mensch im Wangenbereich anders wirkt, als ein angespannter!
Als letzte Information ein Kombinations-Hinweis:
Man kann die Augenregion nicht entspannen, solange der Mund verkrampft ist, und umgekehrt!
5.5 Der Mund und das Kinn (Interpretation)
Wie unter 5.2.3 schon kurz angedeutet wurde, hat sich der Mund aus dem Ur-Schlund heraus entwickelt, den bereits sehr einfache Organismen aufweisen. Dieser stellt ihre einzige Verbindung mit der Außenwelt dar, da sie weder über Augen noch über Ohren oder Extremitäten (mit Tastorganellen) verfügen.
Daher ist es vielleicht nicht verwunderlich, wenn wir beobachten, daß ein akutes Wahrnehmen-Wollen häufig mit einem teilweise oder ganz geöffneten Mund einhergeht. (Auch beim Staunen öffnet sich der Mund.) Umgekehrt kann man beobachten, wie sich die Lippen verschließen, wenn man nicht wahrnehmen will. Der schon erwähnte mißbilligende Zug um den Mund ist ein gutes Beispiel hierfür.
Nun kann ein verpreßter Mund auch darauf hinweisen, daß man nichts»hinaus« lassen möchte 1 , z. B., wenn jemand sich nicht äußern will oder darf oder wenn jemand Angst hat, ein Geheimnis auszuplaudern bzw. wenn jemand sich »auf die Lippen beißt«, damit ein Gedanke nicht »herausrutschen« kann.
Wenn Sie die beiden Experimente zur Stirnfaltenbildung durchführen, werden Sie als Sekundärmerkmal den Mund wahrnehmen. Wenn Sie hingegen auf die Mundstellung achten, gehören die Augen und/oder Stirnsignale zu den mimischen Sekundärmerkmalen.
Unser Experiment zur senkrechten Stirnfaltenbildung wird immer auch den Mund der Versuchsperson mit einbeziehen. Damit Sie noch mehr üben können und mehr »Munition« für die gleichen Versuchspersonen haben, im folgenden ein Experiment, bei dessen
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