Signale des Körpers: Körpersprache verstehen (German Edition)
Nachdenken oft wegsehen, nehmen wir doch so manches Signal aus den Augenwinkeln heraus auf oder wahr, wenn wir sensibel sind. Es gibt aber auch Menschen, die dies gar nicht merken, die also »stur« weiterreden, egal welche Signale Ihre Umwelt Ihnen verzweifelt zu senden versucht, wenn sie nicht direkt unterbrechen will.
Diese beiden Experimente werden sowohl Ihre Aufnahmefähigkeit erhöhen, als auch in bezug auf Untengesagtes von großem Wert sein können.
5.4.5 Augenkontakt als Strategie?
Wiewohl ich dringend davon abraten möchte, »den« Augenkontakt als »Strategie« einsetzen zu wollen, da dies unweigerlich zu Auswüchsen wie unter 5.4.1 beschrieben, führen wird, möchte ich auf folgende Regel verweisen:
Augenkontakt im Sinne von Kontrollblicken stellt einen wesentlichen Aspekt der erfolgreichen Gesprächsführung dar.
Die Betonung liegt auf »einen wesentlichen Aspekt«. Zum einen hat Ihnen die Beschreibung des Experimentes (s. Kap. 5.4.3 ) eine Möglichkeit gezeigt, die den kurzen Kontrollblick umfaßt. Zum anderen ist es eine Tatsache, daß man beim Nachdenken oft wegblickt. Dies bringt uns zu einer Sünde bei Verhandlungen, die leider nur allzu häufig gemacht wird:
Erinnern Sie sich an unser Partygespräch-Beispiel, in dem Sie sich für das Auto Ihres Gegenüber interessierten (s. Kap. 4.2.3 )? Wenn wir diese Situation einmal als Beispiel für eine Verhandlung betrachten wollen, dann war doch ein wichtiger Hinweis seine sich plötzlich verändernde Körperhaltung! Nachdem wir den Preis genannt hatten, den wir bezahlen können, hatte er sich uns plötzlich zugewandt (dabei sein Körpergewicht abrupt verlagernd), während er behauptete: »Viel zu wenig«.
Stellen Sie sich nun vor, Sie hätten über Ihr Preisangebot nachdenken müssen. Dann hätten Sie vielleicht zur Decke geschaut und kalkuliert, was der Wagen laut seiner Erklärung alles beinhaltet. Sie hätten vielleicht gedacht: »Er sagt, die Reifen seien noch neu, eine Stereoanlage sei auch dabei.. .«. Stellen Sie sich weiter vor, Sie hätten Ihr Preisangebot noch immer ohne Augenkontakt gemacht. Dann hätte es gut möglich sein können, daß er wieder zurückgelehnt dasäße, bis Sie wieder hinschauten. Das bedeutet: Sie hätten den wesentlichsten Hinweis für Ihre Preis-Strategie überhaupt nicht wahrnehmen können! So daß wir für die tägliche Praxis ableiten können, daß wir in solchen Situationen erst »zu Ende« denken und den anderen wieder ansehen sollen, ehe wir unsere Informationen preisgeben. Nur so können wir unsere Interpretation der körpersprachlichen Signale auch einsetzen. Was nützt das beste Wissen, wenn ich die notwendigen Signale überhaupt nicht wahrnehmen kann, weil ich nicht hinschaue?! (Deswegen empfehle ich, die erste Übung unter Kap. 5.4.4 so oft wie nötig durchzuführen!)
Als letzter Punkt zur Strategie des Augenkontaktes sei noch auf Menschen verwiesen, die scheu oder schüchtern sind, bzw. die dem Augenkontakt auszuweichen scheinen. Hier reagieren wir dann oft falsch, indem wir uns unwohl fühlen und ebenfalls wegsehen. Überlegen Sie einmal mit: Wenn der andere Sie aus irgendwelchen Gründen nicht anschauen kann (s. auch Kulturunterschiede, Kap. 9 ), dann bedeutet dies nicht automatisch, daß er von Ihnen nicht gesehen werden möchte! Wenn Sie ihn hingegen ansehen (natürlich nicht »fest« anstarren, womöglich noch mit einem angedeuteten Stirnrunzeln!), dann werden seine kleinen, ab und zu eingesetzten Kontrollblicke ihm zeigen, daß man ihn nicht »übersieht«, mißachtet, nicht ernst nimmt, etc.
Übrigens werde ich an dieser Stelle im Seminar immer gefragt: »Ja, wie steht es aber mit einem Gegenüber, welches schielt oder stottert oder irgendwie verkrüppelt ist?«
Antwort: Der schielende Mensch hat schon genügend Probleme, wenndas Schielen (wie häufig der Fall) auch mit einer (teilweisen) Sichtbehinderung einhergeht. Warum sollen wir ihn auch noch strafen, indem wir verhindern, daß er angesehen werden kann? Außerdem leidet ein Mensch mit irgendeinem Gebrechen doch hauptsächlich dadurch, daß seine Mitmenschen ihn nie vergessen lassen, daß er »anders« oder »behindert« ist! Unsere Tendenz hier wegzuschauen, ergibt sich m. E. aus unserer eigenen Unbehaglichheit, nicht etwa weil wir dem anderen »helfen« wollen, wie verbal gerne behauptet wird.
Was einen Menschen angeht, der stottert: Ohne hier auf die psychoanalytischen und anderen angebotenen Theorien eingehen zu wollen, können wir
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