Signum - Die verratenen Adler
Würfel sind gefallen«, sagte Augustus zu Quintus, während der Bote sich mit seinem Auftrag entfernte. »Philippos holst du nicht ein.«
Sie saÃen noch eine Weile da und nippten an ihrem Wein, während das Gespräch zunächst um Belanglosigkeiten kreiste, bis wieder ein Sklave erschien und Augustus ein Zeichen gab. Der Princeps erhob sich und verkündete seinen Gästen, dass man sich zum Essen begeben könne. Quintus, Rullianus und Caius standen ebenfalls auf und folgten ihrem Gastgeber in die Vorhalle.
»Themistoklis zeigt euch den Weg«, sagte Augustus zu Rullianus und Quintus. Dann richtete er seine Aufmerksamkeit ganz unvermittelt auf Caius. »Du kommst mal mit mir«, forderte er ihn auf. »Ich möchte kurz mit dir reden.«
Caius war völlig verdutzt. Wortlos schloss er sich dem Princeps an, der sich nach links wandte, während der Sklave seinem Vater und Rullianus den Weg in die andere Richtung wies.
4
Caius folgte dem Princeps in einen Korridor, der von Feuerschalen erhellt wurde und von dem mehrere prachtvoll ausgemalte Räume abzweigten; im Vorbeigehen sah Caius eine Bibliothek, in deren Wände zahlreiche Fächer eingelassen waren, die der Aufbewahrung von Schriftrollen dienten. Dahinter knickte der Gang nach links ab und führte zu einer Treppe. Augustus hielt zielstrebig darauf zu und erklomm die Stufen mit einer Behändigkeit, die weder zu seinem Alter noch zu seiner Stellung passen wollte. Auf dem Treppenabsatz drehte er sich um und wartete. Caius kam in seiner Toga kaum nach. Die zweite Treppe mündete wieder in einen Flur. Nach vielleicht vierzig Schritten öffnete sich auf der linken Seite ein Raum, den Augustus jetzt betrat. Auch hier brannten einige Feuerschalen und erleuchteten einen über und über mit Schriftrollen bedeckten Schreibtisch und einen gepolsterten Stuhl. Das eigentlich Beeindruckende an diesem Zimmer aber war die Ausmalung: Die Wände waren in kräftigen Farben gehalten und wurden durch aufgemalte Säulenund Architrave strukturiert. Auf abwechselnd schwarzem, rotem und gelbem Hintergrund waren Bildfelder aufgetragen, deren Dekoration mit einer Sorgfalt ausgeführt war, wie sie Caius noch nie gesehen hatte. Schwäne, Greifen, Reiher und verspielte Blütenornamente wechselten sich ab und gingen elegant ineinander über. Die Ausmalung der Wände endete an einem Gesims, das von einer mit Stuckfeldern verzierten Decke überwölbt wurde. Der Raum war klein und wirkte dadurch umso höher.
»Mein Arbeitszimmer«, sagte Augustus. »Aber das ist es nicht, was ich dir zeigen wollte.« Mit diesen Worten machte er zwei Schritte auf die Wand rechts neben der Eingangstür zu. Erst jetzt bemerkte Caius, dass dort eine Tür eingelassen war, die kaum auffiel, weil die Bemalung der Wände sich auf dem glatt polierten Holz fortsetzte. Augustus öffnete sie. Dahinter führte eine schmale Treppe steil nach oben. Er wandte sich zu Caius um. »Pass auf die Stufen auf, es ist nicht besonders hell hier drin«, sagte er. Dann stieg er hinauf.
Der Weg nach oben schien endlos und wurde nur durch kleine senkrechte Schlitze in den Wänden rechts und links erhellt. Sie mussten schon weit über die Deckenhöhe des Arbeitszimmers hinaus sein, als Augustus stehen blieb und eine Luke aufstemmte. Tageslicht flutete durch den breiter werdenden Schlitz herein und erleuchtete mit einem Schlag die Treppe. Augustus erklomm die letzten Stufen und tauchte in das gleiÃende Licht ein. Seine weiÃe Toga strahlte in der Sonne.
Zögerlich stieg Caius die letzten Stufen hinauf und trat ins Freie. Sie standen auf einer quadratischen Terrasse, die von einem Holzgeländer begrenzt war. Der Blick von hier oben war atemberaubend. Augustus schwieg, als wollte er Caius das Panorama in Ruhe genieÃen lassen.
Caius schaute sich um. Die rechte Seite wurde vom Apollotempel beherrscht, dessen Giebel zum Greifen nah schien und der aus dieser Perspektive noch gröÃer wirkte. Tief unten im Schatten lag der Vorplatz, über den sie den Palast betreten hatten. Nach vorn überblickte man die Dächer der wenigen anderen Häuser auf dem Palatin, dahinter fiel der Hang zum Forum steil ab. Aus der Senke erhob sich das Säulenmeer der mit Marmor verkleideten Tempel und Basiliken, überragt von der gewaltigen doppelstöckigen Fassade des Staatsarchivs, fern dahinter stieg das Gelände wieder an. Die
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