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Signum - Die verratenen Adler

Signum - Die verratenen Adler

Titel: Signum - Die verratenen Adler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Roemling
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endlosen Kolonne von Wagen und mit einer riesigen berittenen Eskorte. Der Zug kam schnell voran auf den gut ausgebauten Straßen. Die Landschaft ähnelte der zwischen den Alpen und Mogontiacum: römische Siedlungen wechselten sich mit keltischen Dörfern ab, und während auf der linken Seite des Rheins überall betriebsamer Verkehr herrschte, lag das rechte Ufer, das inzwischen wegen der Breite des immer stärker anschwellenden Stroms in die Ferne gerückt war, wie der Saum eines grünen Mantels vor der schweigenden und unermesslichen Weite der germanischen Wälder. Ein paarmal entfernte sich die Straße vom Fluss, um eine Biegung abzuschneiden. Die Fahrt wurde kaum unterbrochen, denn sobald ein Hindernis dem Zug in den Weg kam, sorgte die Leibwache des Statthalters rücksichtslos für freie Bahn, indem sie Ochsenkarren, Maultiergespanne, Handwagen und Fußgänger dazu zwang, an den Straßenrand auszuweichen. Einmal brach einem Bauern die Achse seines Wagens, als er beimAusschwenken in ein tiefes Schlagloch geriet. Ein großer Korb mit Eiern fiel von dem Karren und bildete eine matschige gelbliche Pfütze auf der Straße. Als das Pferd von einem der Leibwächter darin ausglitt und fast gestürzt wäre, warf der Reiter dem Bauern einen halb aufgegessenen Apfel an den Kopf.
    Am späten Abend erreichten sie das Lager von Novaesium, wo die XVII. Legion stationiert war. Sie fuhren in der hereinbrechenden Dunkelheit durch das Lagertor, ohne dass jemand die Wagen kontrollierte. Als Caius und Lucius gerädert von der endlosen Schaukelei ausstiegen, stand ein Sklave von Silanus am Wagenschlag, der ihnen und ihren Begleitern ein Quartier in einer spartanischen Unterkunft anwies. Da die Offiziere anscheinend viel zu besprechen hatten und sich ansonsten niemand um sie kümmerte, gingen die beiden bald zu Bett und schliefen sofort ein.
    Der Sklave von Silanus hatte ihnen noch ausgerichtet, dass sie besser daran täten, am nächsten Tag in aller Frühe nach Castra Vetera aufzubrechen, um nicht im Gewühl des Abtransports der Legion steckenzubleiben, die schon im Morgengrauen mit dem ganzen Gepäck auf Boote verladen werden sollte. Und so wurde es eine kurze Nacht.
    Bevor der Tag anbrach, weckte sie einer ihrer Sklaven. Caius und Lucius rieben sich den Schlaf aus den Augen, standen auf und ließen die Wagen wieder anspannen, während überall im Lager die ersten Frühaufsteher auf die Beine kamen. Als der kleine Zug das Lagertor vonNovaesium passierte, erklangen hinter ihnen die Hörner zum Wecken.
    Wieder waren sie einen ganzen Tag in einem eintönigen Wechsel aus Uferstraßen und Abkürzungen durchs Binnenland unterwegs, bis nach einer engen Flussschleife endlich Castra Vetera in Sicht kam. Wie in Mogontiacum gab es auch hier eine zu beachtlicher Größe angeschwollene Vorstadt, in der sich die Familien der Soldaten und Heereslieferanten, aber auch einheimische Handwerker und Händler niedergelassen hatten, um ihr Stück vom großen Auftragskuchen abzubekommen. Weil Silanus noch nicht da war, mieteten sie sich mit ihrer kleinen Gruppe in einer Taverne ein. Die Müdigkeit war noch bleierner als am Vorabend, und abermals fiel der Schlaf über sie her wie ein Wolfsrudel über ein altersschwaches Schaf.
    Am nächsten Morgen wurden sie Zeugen eines unglaublichen Schauspiels. Varus schien keine Zeit vergeuden zu wollen. Der Aufbruch ins rechtsrheinische Germanien war schon für diesen Tag vorgesehen, obwohl die XVII. Legion erst in der vergangenen Nacht in Castra Vetera angekommen war. Die Legionäre hatten in einem eigens für sie vorbereiteten Behelfslager etwa eine Meile vor den Toren des Hauptlagers übernachtet, nicht weit von der Vorstadt. Nach dem Frühstück verließen Caius und Lucius ihre Herberge und begaben sich auf den sanft ansteigenden Hügel, auf dessen Kuppe das Lager thronte, das von diesem Standpunkt aus mit seinem steil aufragenden Wall gigantisch wirkte. Es war noch früh, dennochstand die Sonne schon hoch am leicht bewölkten Himmel über dem glitzernden Fluss. Der Rhein war an dieser Stelle wohl eine halbe Meile breit und sah fast wie ein Binnensee aus, der in dem ausgedehnten Schwemmland an beiden Ufern in kleine und große Tümpel überging. Das Land war völlig flach bis auf den Hügel, auf dem das Lager stand. An normalen Tagen hätte der Blick sich von hier aus in der endlosen Weite

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