Silberband 004 - Der kosmische Lockvogel
Werftanlagen des Raumhafens gingen Roboteinheiten in Stellung. Gegen
eine mit Schutzschirmen versehene GOOD HOPE VII konnten die Strahler natürlich nichts ausrichten,
aber Bully handelte instinktiv. Ein Teil des Raumhafens lag außerhalb der schützenden
Energiekuppel und mußte entsprechend vorbereitet sein. Endgültige Entscheidungen konnten erst
dann getroffen werden, wenn sich die schlimmsten Befürchtungen bewahrheiteten. Und damit rechnete
Bully keineswegs.
Inzwischen informierte Rhodan das Korps der Mutanten. Sie nahmen die Nachricht sehr gefaßt
auf, lediglich Gucky benahm sich äußerst erregt.
Der ein Meter große Mausbiber hoppelte rastlos hin und her, schlug bei jedem seiner Schritte
heftig mit dem breiten Plattschwanz auf den Boden, fletschte wütend seinen Nagezahn und sträubte
sein kurzes rotbraunes Fell.
»Dieser Overhead!« rief er mit seiner hellen Stimme. »Diesmal werde ich ihn unschädlich
machen. Beim letzten Kampf durfte ich ja nicht richtig mitmachen.«
»Du darfst ihn nicht unterschätzen«, warnte Rhodan. »Außerdem wissen wir keineswegs, ob wir
angegriffen werden. Wir haben lediglich einen Verdacht und müssen abwarten, ob er sich bestätigt.
Marshall, Sie versuchen Verbindung mit Deringhouse zu erhalten. Setzen Sie die Orter, Späher,
Peiler und Telepathen ein. Marten soll versuchen, in Deringhouses Geist einzudringen und durch
seine Augen zu sehen. Gucky begleitet mich zum Raumhafen. Betty, du kommst ebenfalls mit.
Marshall, Sie übernehmen den Befehl über das gesamte Korps.«
Der Australier nickte. »Verstanden.«
»Wir bleiben in Funkverbindung. Auf keinen Fall verlassen Sie ohne ausdrücklichen Befehl den
Schutz der Energieglocke.«
Er eilte mit Gucky und Betty Toufry aus dem Gebäude und bestieg einen Wagen, der ihn und seine
beiden Begleiter zum Raumhafen brachte.
Der Alarm hatte bewirkt, daß die Straßen wie ausgestorben waren. Zwar dämmerte es bereits, und
bald würde die Nacht hereinbrechen, aber sonst begann um diese Zeit das Nachtleben von Terrania.
Heute war nichts dergleichen zu bemerken. Die von ihrer Arbeit Heimkehrenden waren in die
nächsten Bunker geeilt. Die Beamten der Verwaltungen blieben in den Häusern und begaben sich in
die Keller. Die Transportbandstraßen rollten weiter der City entgegen, aber sie waren so gut wie
leer. Hier und da patrouillierte ein einsamer Polizist.
Rhodan ließ die Stadt rechts liegen und jagte über die zehn Meter breite Piste dem
Raumhafengelände entgegen. Links dehnte sich die Wüste. Fern am Horizont war es bereits dunkel,
während im Westen der Himmel blutrot leuchtete und das Ende des Tages anzeigte.
Rhodan schaltete die Steuerung des Wagens auf Radar-Automatik und nahm mit seinem
Armbandfunkgerät Verbindung mit Oberst Freyt in der Zentralanlage auf. »Hallo, Freyt! Ich befinde
mich auf dem Weg zum Raumhafen, wo Deringhouse landen wird – wenn er landet. Was gibt es
Neues dort? Schon Kontakt mit der K-VII?«
»Nicht die Spur«, gab Freyt zurück. »Die GOOD HOPE läßt alle Anfragen unbeantwortet.
Vielleicht ist die Funkanlage defekt.«
»Auch eine Möglichkeit«, gab Rhodan zu, blieb aber skeptisch. »Aber meiner Meinung nach hätte
Deringhouse in einem solchen Fall von der Z-45 aus Nachricht gegeben. Er weiß zu genau, daß wir
jedes Raumschiff, das sich vor der Landung nicht identifiziert, als feindlich betrachten. Also
gut, ich bleibe auf Empfang. Melden Sie sich, sobald eine Änderung zu verzeichnen ist.«
Betty Toufry hatte große und ernste Augen. Sie sah Rhodan von der Seite her an, während sie
mit der linken Hand Guckys Fell streichelte.
»Wird es sehr schlimm werden?« fragte sie, denn sie las in Rhodans Gedanken die Besorgnis.
»Was kann geschehen sein?«
»Vieles, Betty. Wir wissen es nicht, und wenn wir es erfahren, kann es bereits zu spät sein.
Glaubst du, die Gedanken Deringhouses lesen zu können, wenn er sich noch jenseits der
Erdatmosphäre aufhält?«
»Vielleicht. Ich müßte die genaue Richtung haben, um mich zu konzentrieren.«
»Die bekommen wir rechtzeitig, Betty.«
Rhodan sah nach vorn und schaltete die Steuerautomatik aus. Die Werftanlagen tauchten in der
Dämmerung auf. Nur wenige Lichter brannten, und das sonst taghell erleuchtete Landefeld lag fast
in völliger Dunkelheit.
Vor dem Zentralgebäude hielt Rhodan an. Er eilte mit Betty auf den Eingang zu, gefolgt von dem
watschelnden und schrill schimpfenden Gucky.
Bully atmete erleichtert auf,
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