Silberband 004 - Der kosmische Lockvogel
als Rhodan eintrat. Er hockte hinter den Kontrollen und bediente
gleichzeitig die Funkgeräte, mit denen er die Einheiten der Robotarmee dirigierte. Er gab noch
einige Anweisungen und richtete sich dann auf.
»Gut, daß du kommst«, sagte er. »Allein hätte ich das nicht mehr lange durchgehalten.«
»Alles sonst in Ordnung?« wollte Rhodan wissen.
»Soweit ich es übersehen kann, ja. Aber ich meine allmählich, du siehst zu schwarz.
Deringhouse wird sich amüsieren, wenn er sieht, welchen Wirbel er verursacht hat. Vielleicht ist
nur seine Funkanlage ausgefallen …«
»Wir haben nicht mehr viel Zeit, über Zweck und Sinn unserer Vorsichtsmaßnahmen zu
philosophieren – es wird bald soweit sein«, teilte Rhodan mit.
Im selben Augenblick summte Rhodans Empfänger.
Freyt meldete sich. »Sind Sie schon in der Landezentrale?«
»Ja, Sie können umschalten.«
Sekunden später erschien Freyts Gesicht auf dem Bildschirm. Er starrte einen Moment in den
Raum, ehe er sagte: »Deringhouse hat das Tempo herabgesetzt. Der Kugelraumer ist in die
Erdatmosphäre eingedrungen und sinkt weiter. Wenn die jetzige Richtung beibehalten wird, landet
er auf unserem Gebiet.«
Nach kurzer Pause fuhr er fort: »Wir haben die K-VII im Bild. Äußerlich keine Veränderung.
Nähert sich weiter. Kein Schutzschirm aktiviert. Ich beginne zu glauben, daß wir Gespenster
gesehen haben.«
»Ich glaube nicht an Gespenster«, eröffnete ihm Rhodan und beendete das Gespräch. Er rief John
Marshall.
Der Telepath meldete sich sofort. »Mutantenkorps im Einsatz. Wuriu Sengu konnte bereits einen
ersten und undeutlichen Blick in die Zentrale der K-VII werfen. Er behauptet, daß Deringhouse das
Kugelschiff steuert. Wenigstens hat er Deringhouse im Pilotensitz erkannt. Ungewöhnlich, finden
Sie nicht auch?«
»Warum soll der Kommandant bei der Landung nicht selbst das Steuer übernehmen?« wunderte sich
Rhodan über die Ansichten Marshalls. »Sonst noch etwas?«
»Fellmer Lloyd nahm schwache Gehirnwellenmuster auf, die er jedoch nicht identifizieren
konnte. Er behauptet, sie bestünden in der Hauptsache aus Gleichgültigkeit. Außerdem spürt er
noch etwas Undefinierbares, aber er vermag nicht zu beschreiben, welche Gefühle den Unbekannten
bewegen.«
»Er soll sich weiter konzentrieren«, ordnete Rhodan an.
Er nahm wieder Verbindung mit Freyt auf. »Oberst, ich benötige sofort die genaue
Positionsangabe der K-VII.«
Zwei Minuten später saß Betty Toufry in einem bequemen Sessel und tastete nach Gedanken aus
der GOOD HOPE VII.
In atemloser Spannung wartete Rhodan auf das Ergebnis.
Das Gesicht des jungen Mädchens erhielt plötzlich angespannte Züge. Die Lippen kniffen sich
fest zusammen, und die Hände zitterten. Es schien, als lausche Betty auf eine weit entfernte
Stimme. Dann öffnete sie die Augen. »Es ist Deringhouse, der das Schiff steuert – aber es
ist doch wieder nicht Deringhouse. Einige der gefangenen Mutanten des Overhead hatten damals
ähnliche Gedankenmuster. Ich fürchte …«
Rhodan verlor keine Sekunde. Er rief Freyt und befahl ihm, sofort Alarmstufe I auszulösen.
Marshall wurde ebenfalls unterrichtet. Bully gab der Armee die notwendigen Anweisungen. Die
Roboter richteten die Geschütze in den inzwischen schwarz gewordenen Himmel.
Jeder wußte, daß Major Deringhouse verloren war.
Auch Leutnant Carell von der Grenzwache wußte es. Ihm oblag es, mit seiner kleinen Einheit die
Grenze der Dritten Macht nach Osten zu bewachen.
Er befand sich auf einem Inspektionsgang und stand mit Hilfe seines kleinen Funkgeräts in
permanenter Verbindung mit den Kommandostellen. Er schritt das Landefeld ab und kontrollierte die
dort untergebrachten Einzelposten.
Gegen den dunklen Horizont hob sich ein gewaltiger Schatten ab. Das war die STARDUST II, das
größte Raumschiff der Dritten Macht.
Dicht daneben standen die beiden inzwischen auf der Erde erbauten schweren Kreuzer der
TERRA-Klasse, TERRA und SOLAR SYSTEM, deren Durchmesser zweihundert Meter betrug. Auch sie
besaßen Kugelform. Die zwölf ›Kaulquappen‹, von gleicher Größe wie die anderen Schiffe der
GOOD-HOPE-Klasse, lagen mehr im Hintergrund und warteten startbereit.
Leutnant Carell registrierte alle diese Tatsachen, während er die letzten Alarmbefehle Rhodans
abhörte. Es schien ernst zu werden. Dabei war nicht einmal sicher, ob Deringhouse …
Es wurden Carells letzte Gedanken. Eben noch schritt er über das betonierte
Weitere Kostenlose Bücher