Silberband 006 - Der Robotregent
zu
deren Heilung nur die teuren Medikamente der Aras verhalfen. Der Kreis würde sich dann
schließen.
Er bäumte sich auf und zerriß unter Anspannung aller seiner Kraftreserven den Riemen, der
seinen linken Arm an den Tisch fesselte. Sofort sprangen einige der Aras auf ihn zu und drückten
ihn zurück.
Plötzlich spürte er einen stechenden Schmerz im Nacken. Er wirbelte herum, aber die Hand mit
der Injektionsnadel zog sich schnell zurück.
Die Lähmung kam sofort und raste von Gehirn in die Arme und Beine. Er wehrte sich nicht mehr,
als sie ihm den Arm erneut an den Tisch fesselten.
Sengu schien von dem Vorfall nicht viel bemerkt zu haben. Mit schreckgeweiteten Augen starrte
er schräg nach oben gegen die Decke. Sein Blick wanderte dann zur Wand, glitt an ihr herab und
endete schließlich auf dem Fußboden.
Dann schloß er die Augen.
Es war, als wollte er nun nicht mehr sehen, was weiter passierte.
Teilnahmslos ließ er es geschehen, daß ein Ara sich näherte und ihm ebenfalls die lähmende
Injektion gab.
Zehn wertvolle Sekunden verstrichen ungenutzt.
In diesen zehn Sekunden war die Kabine fast fünfhundert Meter tief gestürzt, und die
Fallstrecke wuchs mit dem Quadrat der Zeit.
Rhodan schwebte mitten im Raum. Auf seinem Gesicht zeigte sich Schrecken, aber dann kehrte
seine gewohnte Überlegung zurück. »Gucky – anhalten! Schnell!«
Der Mausbiber konnte sich auch im Schwebezustand ungehindert und zielbewußt bewegen. Trotz der
mehr als bedenklichen Situation vergaß er nicht den Zweck ihres Hierseins. »Tiffs Sender ist
ausgefallen – wenigstens die telepathischen Impulse. Ich höre nur noch die normalen
Sendezeichen. Er muß schlafen oder bewußtlos geworden sein. Von Sengu spüre ich nichts mehr.«
»Die Narkose«, stieß Rhodan erschrocken hervor. »Beeile dich, Gucky!«
Der Mausbiber nickte gelassen und schob RK-999 zur Seite, der wie ein Ballon in die andere
Ecke schwebte.
Nun bewies Gucky, was ein Telekinet vermochte.
Sein Blick richtete sich auf den Metallhebel der Schalttafel, dessen abgebrochenes Ende
silbern glänzte. Er konzentrierte sich und bündelte seine telekinetischen Kraftströme auf diesen
Stift, den er mit den Fingern nicht erreichen konnte.
»Vierzig Sekunden«, sagte Rhodan tonlos. »Nahezu achttausend Meter.«
Gucky hörte nicht. Seine Augen wurden merkwürdig starr.
Der abgebrochene Hebel bewegte sich millimeterweise auf die Nullstellung zurück, über die man
ihn hinausgeschoben hatte. Er hörte in seiner Bewegung nicht auf, sondern glitt weiter.
Rhodan sank auf den Boden der Kabine, die beiden Roboter folgten ihm. Und dann spürte er, wie
das alte Gewicht zurückkehrte – sich allmählich verdoppelte. Der Andruck stieg. Rhodan brach
in die Knie und tat dann das Vernünftigste, was zu tun blieb. Er legte sich flach auf den Rücken,
Arme und Füße lang ausgestreckt. Crest folgte seinem Beispiel.
Eine Minute.
Längst mußten sie die Zehn-Kilometer-Marke überschritten haben, aber der Schacht nahm noch
kein Ende. Niemand wußte, wie tief er sich in den Planeten hineinbohrte.
Gucky schien zu lauschen. Er sah nicht mehr auf den Hebel, sondern schräg nach oben zur Decke.
»Wir sind bereits tiefer als Tiff und Sengu – aber der Lift steigt bereits wieder.
Geschafft!«
»Halte ihn an, wenn wir auf gleicher Ebene mit Tiff sind«, riet Rhodan atemlos. Das Atmen fiel
ihm schwer.
Wieder konzentrierte sich Gucky. Der Hebel kroch langsam in entgegengesetzter Richtung. Das
Gewicht wurde normal, dann hielt der Lift an.
»Wir sind da«, zirpte Gucky und schien mit dem Erfolg seiner Tätigkeit zufrieden. »Tiff kann
nicht weit sein, auf jeden Fall hält er sich in gleicher Höhe wie wir auf.«
Rhodan suchte nach einer Vorrichtung, die Tür des Liftes zu öffnen, aber er fand keine. Gucky
las in seinen Gedanken, pfiff schrill und – wie gewöhnlich – sehr unmelodisch. Mit
gesträubtem Nackenfell löste er das Problem ganz auf seine Art, ehe Rhodan Einwendungen machen
konnte. »Aufpassen, RK-999 – und nicht erschrecken!«
Ehe der schwere Kampfroboter wußte, was mit ihm geschah, fühlte er sich in die Höhe gehoben,
schwebte gegen die Rückwand der Kabine und schnellte dann – wie ein Pfeil von der Sehne
eines kräftigen Bogens – in die entgegengesetzte Richtung. Mit einem splitternden Krachen
brach er durch die verschlossene Tür und landete in einer hell beleuchteten Halle. Rhodan sprang,
ohne zu überlegen, hinter ihm
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