Silberband 008 - Festung Atlantis
ignorierte den Befehl von der DRUSUS und beschloß, Nachforschungen auf eigene Faust anzustellen.
Zu diesem Zweck verließ er die Kreisbahn und stieß wie ein Raubvogel auf die Oberfläche von
Mirsal III hinab.
Er wählte mit Absicht die Nachtseite. Hier fühlte er sich vor einer Entdeckung durch den
unheimlichen Gegner sicherer als im hellen Licht der Sonne. Er konnte natürlich nicht wissen, ob
die Unbekannten im Dunkeln vielleicht genauso gut sahen wie im Hellen. Marcel Rous wollte diesmal
kein Risiko eingehen.
Eine Invasion im üblichen Sinn hatte nicht stattgefunden, das erkannte Rous auf den ersten
Blick. Dort unten schien alles friedlich und normal.
In den großen Städten waren die schnurgeraden Straßen hell beleuchtet. Die Bewohner von Mirsal
III kannten also die Elektrizität, obwohl sie doch in einem verhältnismäßig primitiven
Entwicklungsstadium lebten. Vielleicht hatten die Arkoniden ihnen geholfen, wenigstens dieses
Produkt moderner Zivilisation zu finden. Jedenfalls waren die Städte hell beleuchtet und
verrieten scheinbar pulsierendes Leben.
Der Eindruck blieb, bis Rous sich entschloß, noch tiefer zu gehen und über dem Zentrum der
Stadt anzuhalten. Die Bildschirme brachten die Häuser und Straßen noch näher an das Auge des
Franzosen, der plötzlich den Atem anhielt.
Es dauerte fast zehn Sekunden, ehe er sich an den zweiten Mann wandte, der mit ihm die
Zentrale teilte.
»Was fällt Ihnen daran auf, Becker?«
Der Kadett beugte sich vor und richtete seine Aufmerksamkeit auf das Bild, welches sich ihm
bot. Es dauerte eine Weile, ehe seine Augen sich an die Helligkeit gewöhnt hatten, dann lehnte er
sich langsam zurück und erwiderte: »Warum beleuchten sie ihre Städte, wenn alle schlafen?«
Rous nickte langsam. Genau das war es, was er sich auch fragte: »Es ist längst nach
Mitternacht Ortszeit. Wozu noch Straßenbeleuchtung? Und nicht nur das, Becker! In fast allen
Häusern brennt Licht. Wie etwa gegen neun Uhr abends, würde ich sagen. Übrigens ist weiter
östlich ebenfalls alles hell erleuchtet, auch wenn es dort bereits vier Uhr morgens ist. Ja, sehr
merkwürdig.«
Kadett Becker stand seinem Vorgesetzten hinsichtlich der Unternehmungslust in nichts nach.
»Wenn wir landen würden, könnten wir vielleicht …«
Rous tat unentschlossen. »Dazu fehlt uns die Erlaubnis, Becker. Wir dürfen nicht auf eigene
Faust handeln. Und wenn, dann trügen wir die Verantwortung für die gesamte Mannschaft. Wenn etwas
passiert …«
»Was soll passieren?« kam Becker mit der erwarteten moralischen Unterstützung. »Die Bewohner
kennen nicht einmal Energiewaffen, von ihnen haben wir kaum etwas zu befürchten. Und was die
angebliche Invasion der Unbekannten angeht – nun, ich habe davon noch nichts bemerken
können.«
Rous zögerte deutlich. »Ich weiß nicht, vielleicht sollte ich Verbindung zur DRUSUS aufnehmen
und die Genehmigung zur Landung einholen.«
»Wie Sie meinen, Sir«, sagte Becker förmlich. »Ich bin allerdings davon überzeugt, daß man uns
die Genehmigung nicht erteilen wird. Der Chef geht keine unnötigen Risiken ein, und wenn, dann
übernimmt er sie selbst.«
»Hm«, knurrte Rous, unsicher geworden.
Er wurde in seinen Überlegungen unterbrochen. Aus dem Lautsprecher kam die Stimme von David
Stern, der Dienst im Funkraum der DRUSUS machte. »K-7, melden Sie sich! Standort
bekanntgeben!«
Rous stieß einen leisen Fluch aus und schaltete den Sender auf Betrieb. »Hier Leutnant Rous!
Nachtseite von Mirsal III.«
»Sie haben die Kreisbahn verlassen?« kam es erstaunt zurück.
»Ja. Wir verfolgten ein fremdes Schiff, verloren es aber aus den Augen und Geräten. Es müßte
in der unter uns liegenden Stadt gelandet sein. Sollen wir es verfolgen?«
Es dauerte eine Minute, ehe die Antwort kam. »Befehl von Oberstleutnant Sikermann: Sie landen
an einer übersichtlichen Stelle und schleusen zwei Kampfroboter und drei Besatzungsmitglieder
aus. Sie selbst bleiben an Bord der K-7 und starten beim geringsten Zeichen eines Angriffes.
Verstanden?«
»Und meine Leute?« fragte Rous. »Ich kann sie doch nicht einfach im Stich lassen.«
»Das Schiff darf nicht in die Hände des Gegners fallen. Um Ihre Leute werden wir uns schon
kümmern.«
»Sonst noch Befehle?«
»Nein, Leutnant Rous. Bleiben Sie mit mir in Verbindung. Das ist alles. Ende.«
Marcel Rous sah Kadett Becker an, in dessen Augen es aufleuchtete.
»Wie es aussieht, habe ich Pech gehabt,
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