Silberband 009 - Das rote Universum
Handwerk pfuschen«, entgegnete Reginald Bull leise und
ungewohnt ernst. »Ich bin auf alles gefaßt. Vielen Dank für eure Bemühungen.«
Homunk gab mir ein Zeichen. Die beiden Reaktoren zeigten Grünwert, dann fuhr ich sie voll aus.
Der Anlaufstoß war hart. Wie gebannt sah ich zu den blauweißen Energiebahnen hinüber, die sich
innerhalb der abschirmenden und einengenden Isolationskraftfelder gebildet hatten. Es war
ebenfalls eine drahtlose Stromübertragung, nur nicht in einer so vollendeten Form, wie sie von
dem verschwundenen Kollektivlebewesen beherrscht wurde.
Meine I-Schirme hielten, obwohl die beiden Thermalkonverter mit einer Anfangsspannung von drei
Millionen Volt liefen. Was im Sockel des Physiotrons geschah, lag weit jenseits meiner
Vorstellungskraft. Ich hatte an den Eingangspolen lediglich einige Drähtchen bemerkt, so daß ich
es bei allem Wohlwollen nicht riskiert hätte, sie mit mehr als tausend Volt bei höchstens achtzig
Ampere zu belasten.
Was sie nun aufnahmen und offenbar anstandslos weiterleiteten, waren beim Verhältnis zur Größe
der Apparatur wahre Urkräfte.
Bully, den wir soeben noch klar gesehen hatten, wurde plötzlich zum wesenlosen Gebilde. Eine
Millisekunde später gewahrten wir nur noch eine rötlich leuchtende, pulsierende Energiespirale,
die im Zentrum der von Physiotron aufgebauten Kraftfeldlinien hing.
Ich sprang als letzter von der Plattform hinab. Einige weitere Sprünge brachten mich an
Rhodans Seite. Als ich ankam, schaltete der Robot.
Ein heftiges Dröhnen ließ mich zusammenfahren. Als ich zur Zelldusche hinüberblickte, war sie
kaum noch erkennbar. Ein blasses Glockenfeld hatte den Antigravgleiter völlig eingehüllt.
Wir brauchten fünf Minuten, um die richtige Justierung zu finden. Als wir den Maximalwert für
die 4-D-Abschirmung erreicht hatten, mußte innerhalb des Reflektorfelds ein fast naturgetreuer,
instabiler Halbraumzustand herrschen.
Rhodan sah auf die Uhr. Er schien sehr ruhig zu sein. »Wenn alles klappt, muß eine
Phasenverschiebung zu beobachten sein. Wahrscheinlich wird sich wieder alles in die Länge
ziehen.«
Von da an sprachen wir nicht mehr. Die Männer des Spezialkommandos lauerten auf plötzlich
hereinbrechende Gefahren, und wir waren bemüht, unsere Nervosität zu unterdrücken.
Bully mußte etwa neunzig Minuten in der Dusche bleiben. Es war seine einzige Chance.
Als sich drüben die Konturen verzerrten, was wir nur auf den Spezialmonitoren sehen konnten,
hörte ich Rhodans Atemzüge lauter und hastiger aus dem Lautsprecher dringen. Homunk überwachte
die Schaltanlagen des Physiotrons.
Nach dreißig Minuten hatten wir den Eindruck, als bestünde die massive Zelldusche nur noch aus
einem pfahldünnen Gewebe. Von der anderen Seite aus betrachtet, schien sich das Gerät ganz
erheblich verbreitert zu haben. Das war fraglos der Halbraumzustand, den einige von uns ein paar
Tage zuvor am eigenen Leib erfahren hatten.
Crest kam aufgeregt zu uns herüber. Sein schmales Gesicht wirkte abgespannt. Wir vernahmen
seine Stimme in unseren Druckhelmen, auf deren Klarsichtscheiben sich laufend kristallisierende
Dämpfe niederschlugen. Ich betastete besorgt die aus Metall gefertigten Stücke meines Raumanzugs.
Es war kein Vergnügen, sich in einer Chloratmosphäre aufzuhalten.
Crest las das Diagramm des transportablen Rechners ab. Danach betrug die Eigenzeitverschiebung
nur 1 zu 4,26374. Das war ein Wert, der mich noch besorgter machte. Wir bewegten uns nur vierfach
schneller als der eventuell auftauchende Gegner.
Nachdem die Daten feststanden, ahnten wir auch, welcher Sturm hier in Wirklichkeit herrschte.
Die gemessene Windgeschwindigkeit von knapp einundsiebzig Kilometern pro Stunde mußte nach einer
Eigenzeit-Angleichung zirka zweihundertfünfundachtzig km/h betragen. Erfahrungsgemäß neigte unser
Organismus zum Ausgleich. Weshalb das so war, konnte noch nicht genau gesagt werden. Noch
verblüffender war aber die unumstößliche Tatsache, daß auf einem Planeten der Druufebene nur ein
Verhältnis von eins zu vier zu finden war. Das mochte wieder schwerwiegende mathematische
Probleme mit sich bringen, die wir aber zur Zeit nicht in Angriff nehmen konnten.
Nachdem auch Rhodan das von Crest angefertigte Diagramm studiert hatte, kam plötzlich der
Alarm. Es geschah genau sechsundfünfzig Minuten, nachdem Bully das Physiotron betreten hatte.
Rhodans Haltung versteifte sich. Wir sahen uns einen Augenblick starr in
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