Silberband 010 - Thora
paßte sich harmonisch dem Hang an, der hinter dem
Bungalow steil anstieg und in einer über viertausend Meter hohen Felsspitze endete.
Das Valta-Gebirge war eine herrliche, wilde Kulisse mit seinen zerklüfteten Felsgiganten, der
Kette tätiger Vulkane und ihren Rauchwolken.
In zweitausend Meter Höhe lag der Bungalow, auf der Erde eine Höhe, die klimatisch nicht
besonders angenehm war, auf der Venus die ideale Lage, und jedes auf dieser Welt erbaute
Sanatorium suchte sich nach Möglichkeit einen Platz in dieser Höhe aus.
Weich setzte der Luftgleiter auf.
Dreißig Meter weiter befand sich die Terrasse.
Sie war leer, trotz des herrlichen Tages und der Windstille.
General Conrad Deringhouse sah nur einen Roboter am Rand der breitangelegten Terrasse stehen,
der sein Linsensystem auf ihn gerichtet hatte und jetzt herankam.
Die Maschine war nicht harmlos. Ihre Hauptaufgabe bestand darin, Thoras Leben vor jeder Gefahr
zu schützen.
Wie jedem Angehörigen der Solaren Raumflotte war auch Deringhouse der Umgang mit Robotern
alltäglich geworden.
Er gab seine Erkennungsnummer an, und in derselben Sekunde hatte der Robot bei seiner
Speicherpositronik zurückgefragt und die Bestätigung erhalten, daß er den Besucher durchlassen
konnte. Während er mit fast menschlicher Stimme seine Freigabe aussprach, liefen, ausgelöst durch
sein Linsensystem, die allerletzten Kontrollen. Bevor Deringhouse den ersten Schritt in Richtung
Terrasse machte, war er auf siebzehn verschiedene Arten untersucht worden.
Die großen Glastüren waren verschlossen. Kein Fenster stand offen. Der Bungalow wirkte wie ein
verlassenes Haus – verloren in der wilden Schönheit des Valta-Gebirges.
Als Deringhouse sich der ersten Flügeltür näherte, schwang sie auf und gab ihm den Weg ins
Haus frei.
Er kannte sich hier aus, denn er war in den letzten Jahren mehrmals Thoras und Perry Rhodans
Gast gewesen.
Die Tageshalle, lichthell bis in den verstecktesten Winkel, gähnte ihn mit ihrer Leere an.
Auch hier drängte sich ihm das Gefühl auf, ein unbewohntes Haus betreten zu haben. Deringhouse,
der sich umgesehen hatte, konnte ein leichtes Frösteln nicht unterdrücken.
Hinter der Tageshalle lag das Besuchszimmer. Auch hier war alles nach Thoras Geschmack
eingerichtet. Arkonidische Wohnkultur und irdischer Stil hatten sich harmonisch miteinander
verbunden.
An der Tür zur Bibliothek klopfte Deringhouse an. Er war überzeugt, Thora hier
anzutreffen.
Die Bibliothek war Thoras Lieblingsplatz innerhalb ihres Bungalows.
Doch er erhielt keine Antwort.
Deringhouse stutzte. Plötzlich erinnerte er sich der Warnung des Chefarztes Villnoess: »Reißen
Sie sich zusammen, wenn Sie Thora sehen, General.«
Er wandte sich nach links. Über eine freischwebende Treppe erreichte er den um zwei Meter
höher liegenden westlichen Teil des langgestreckten Bungalows.
Ahnungslos stieg er die geräuschdämpfenden Stufen hinauf.
Von der Treppe betrat man ein Zimmer, dessen Außenseiten vollständig verglast waren.
Da, als er es nicht erwartet hatte, stand General Conrad Deringhouse vor Thora.
Aber – das sollte Perry Rhodans Frau sein?
»Deringhouse, Sie …?«
Er hörte ihre Stimme, und an der Stimme erkannte er sie.
Langsam näherte er sich einer Greisin mit tausend kleinen Fältchen in einem kleinen Gesicht.
Blutleere Lippen, und auch diese faltig, versuchten zu lächeln. Eine fast durchsichtige Hand, von
pergamentener Haut überzogen, streckte sich ihm entgegen.
Mein Gott! dachte Deringhouse erschüttert, als er sich hinabbeugte und die Gattin
seines Administrators mit einem Handkuß begrüßte. Vor einem halben Jahr war sie doch noch eine
junge und schöne Frau.
»Schön, daß Sie mich besuchen, Deringhouse. Nehmen Sie doch Platz.«
Deringhouse fühlte, wie unsicher ihn diese Situation machte. Hatte Perry Rhodan Thora von
seinem Kommen nicht unterrichtet?
Er zog einen Sessel heran und versuchte, sich unbefangen zu geben.
»Ach ja«, sagte sie, »mein Mann hat mir eine Überraschung versprochen. Sie hängt mit Ihrem
Besuch zusammen. Was ist es denn, Deringhouse?«
In diesem Augenblick ging mit Thora eine erstaunliche Veränderung vor. Der leukämische Farbton
ihres Gesichts und auch ihrer Hände begann wieder sein normales Aussehen zu erhalten. Fast von
Sekunde zu Sekunde wurden die vielen kleinen Fältchen auf ihrem Gesicht weniger. Sie begann
aufzublühen, und ihre Arkonidenaugen zeigten jetzt den schwachen
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