Silberband 010 - Thora
Selbstvorwürfe, nicht an Ort und Stelle gewesen zu sein, um zu helfen, zog er
sich zurück und verbrachte seine Zeit mit allen möglichen Arten von Beschäftigung, nur um
Ablenkung zu finden. An all dies mußte Freyt denken, ehe er sich wieder an Betty wandte.
»Ich werde ihm Bescheid geben, er soll sich mit Ihnen in die Bewachung des Mausoleums teilen,
Betty«, entschied er. »Das Mausoleum muß dauernd beobachtet werden. Wir dürfen keinen von Ellerts
Rufen mehr versäumen. Gucky wird in ein paar Minuten bei Ihnen sein.«
Betty reichte ihm die Hand.
»Ich werde aufpassen«, versprach sie. »Vielleicht verstehe ich mehr, wenn ich direkt vor der
Eingangstür stehe.«
Freyt nickte aufmunternd. Betty verabschiedete sich auch von Deringhouse und ging hinaus.
»Was haben Sie vor?« fragte Deringhouse, nachdem die Tür sich geschlossen hatte.
»Nachsehen«, antwortete Freyt. »Wir müssen wissen, weswegen Ellert uns ruft. Sie stoßen mit
CALIFORNIA bis in die Gray-Beast-Gegend vor und springen über Transmitter durch die
Überlappungsfront nach Hades. Die CALIFORNIA wird in sicherer Entfernung Position beziehen und in
bestimmten, unregelmäßigen Intervallen den Entladungstrichter anfliegen, so daß eine Flucht von
Hades mit Hilfe der Transmitter möglich ist. Sie wissen, was mit Ellert los ist: Sein
menschlicher Körper liegt dort drüben im Mausoleum – leblos, scheintot. Sein Geist existiert
in einem Druuf-Körper, auf einer anderen Zeitebene. Ich weiß nicht, wie Sie an Ellert herankommen
können. Versuchen Sie auf keinen Fall, auf Druufon, der Heimatwelt der Druuf, zu landen. Nehmen
Sie einen Telepathen mit, der sich von Hades aus mit Ellert auf Druufon in Verbindung setzt.
Ansonsten tun Sie, was Sie für richtig halten. Ich fürchte, ich habe Ihnen schon zuviel
Ratschläge und Anweisungen gegeben.«
Deringhouse lächelte spöttisch.
»Ich nehme gerne noch mehr entgegen«, sagte er. »Das verringert die Verantwortung.«
Marschall Freyt schien die Antwort nicht gehört zu haben. Nachdenklich sah er zum Fenster
hinaus.
»Hoffentlich macht Cardif Ihnen inzwischen keine Schwierigkeiten«, setzte Deringhouse von
neuem an.
Freyt wandte sich um und machte eine geringschätzige Handbewegung. »Er und seine Anhänger
stehen unter Beobachtung. Wenn sie versuchen sollten, mit Gewalt gegen die Regierung vorzugehen,
wird man sie verhaften.«
Deringhouse nickte. Er kannte Leutnant Thomas Cardif aus eigenem Erleben. Cardif, so hatte
Deringhouse erkannt, war ein tüchtiger, aber kein zuverlässiger Mann.
Vor wenigen Tagen, als die Meldung über Perry Rhodans Tod nach der Vernichtung des Stützpunkts
Gray Beast durch eine arkonidische Robotflotte auch auf der Erde offiziell herausgegeben worden
war, war Cardif im Amtssitz der Regierung erschienen und hatte erklärt, daß er allein der
rechtmäßige Nachfolger seines Vaters sei.
Es war sein Auftritt gewesen. Er war viel zu klug, um nicht zu wissen, daß er auf
solche Weise nicht ans Ziel kommen würde. Er hatte nur eine Erklärung abgegeben und damit sagen
wollen: Ich will die Macht. Ich habe euch den Krieg erklärt.
Da er Perry Rhodan ähnlich sah, war es ihm leichtgefallen, Anhänger zu finden. Es gab eine
Menge Leute, die in politischer Hinsicht unerfahren genug waren, um allein deshalb Thomas Cardif
Gehör zu schenken.
»Nein«, erklärte Marschall Freyt noch einmal mit Nachdruck, »um Cardif mache ich mir keine
Sorgen. Es gibt Leute, die ernster zu nehmen sind als er – vorläufig wenigstens.« Er sah
Deringhouse mit gefurchter Stirn an und fügte in gespieltem Zorn hinzu: »Warum stehen Sie noch
hier herum? Machen Sie sich gefälligst an die Arbeit!«
Deringhouse salutierte geziert.
»Zu Befehl, Marschall!« antwortete er.
Freyt reichte ihm die Hand.
»Treffen Sie die Vorbereitungen rasch, aber sorgfältig«, riet er ihm. »Ich würde mich ungern
nach einem neuen Flottengeneral umsehen. Und schauen Sie noch einmal herein, bevor Sie
starten.«
Deringhouse nickte. Dann wandte er sich um und ging hinaus.
16.
Sie brauchten anderthalb Stunden, um alle Signale zu geben, die sie sich ausgedacht
hatten. Am Ende der anderthalb Stunden waren sie so erschöpft, daß sie nicht mehr auf den Beinen
stehen konnten, sondern flach auf dem Boden liegenblieben und nach Luft schnappten.
Es war in diesem Augenblick der tiefsten Erschöpfung, in dem sie sich nicht einmal mehr gegen
den Angriff eines kleinen Kindes hätten wehren können,
Weitere Kostenlose Bücher