Silberband 010 - Thora
hatte, exponentiell ab, ging jedoch nicht bis
auf Null zurück. Die Kurve verlief ein kurzes Stück horizontal, dann erhob sie sich fast
senkrecht zur zweiten Zacke.
Das Bild war eindeutig. Die Zacken rührten von Ein- und Ausschaltvorgängen her. Das kurze
Stück horizontalen Kurvenverlaufs markierte den eigentlichen, stationären Wert des
Gravitationsfelds, das da ein- und ausgeschaltet wurde. Dieser Wert war so niedrig, daß der
G-Messer ihn gerade eben noch hatte wahrnehmen können. Wer auch immer da Schwerefelder ein- und
ausschaltete – er war entweder sehr weit entfernt, oder sein Schwerkraftgenerator taugte
nichts.
Welche der beiden Möglichkeiten zutraf, darüber konnte Peter Rayleigh im Augenblick keine
Entscheidung treffen. Dazu brauchte er die Anzeige mindestens eines weiteren Geräts. Lediglich
über die Richtung, aus der die Schwerkrafteinwirkung gekommen war, konnte er Angaben machen, denn
die wirksame Antenneneinstellung des G-Messers war auf dem Papierstreifen vermerkt. Im Kopf
rechnete Peter Rayleigh die Winkelwerte überschlagsweise auf solche Angaben um, unter denen er
sich etwas vorstellen konnte, und fand heraus, daß die Impulse von ›oben‹ gekommen waren. Der
Schwerkraftsender war also mit großer Wahrscheinlichkeit nicht auf Hades selbst, sondern draußen
im Raum zu suchen. Dieses Ergebnis war wichtig genug. Es bewies, daß kein Störeffekt, etwa aus
dem Innern des Stützpunkts, die Anzeige verursacht hatte.
Zu diesem Schluß kam Peter Rayleigh nach kurzem Nachdenken. Er kehrte zu seinem Platz zurück
und rief Captain Rous an. Gerade in dem Augenblick, in dem Rous' Gesicht auf dem kleinen
Interkomschirm erschien, sah Peter Rayleigh den Lichtzeiger des G-Messers ein drittes Mal zur
Seite ausschlagen.
15.
Die Ordonnanz machte ein verstörtes Gesicht. Marschall Freyt sah zögernd von dem
Plan auf, den er zusammen mit General Deringhouse studiert hatte, und war einige Augenblicke lang
noch zu tief in Gedanken versunken, um die Verwirrung des jungen Offiziers wahrzunehmen.
»Ja?« fragte er geistesabwesend.
»Verzeihung, Sir«, sagte die Ordonnanz, »da draußen ist ein – ein junges Mädchen, das Sie
sprechen möchte.«
Freyt runzelte die Stirn. »Ein junges Mädchen? Wie kommen junge Mädchen ins
Regierungsgebäude?«
Die Ordonnanz antwortete hilflos: »Ich – ich weiß nicht. Es hat alle Papiere, die zum
Betreten des Gebäudes nötig sind. Ich – äh …«
»Name?«
»Toufry, Sir. Miß Betty Toufry.«
Freyt fing an zu lachen. »Das hätten Sie gleich sagen sollen. Lassen Sie sie herein.«
Der junge Offizier trat ab, offenbar noch verwirrter als zuvor. General Deringhouse sah von
dem Plan auf und lächelte hinter ihm drein. Wenige Augenblicke später erschien unter der Tür das
›junge Mädchen‹, das der Ordonnanz so großes Kopfzerbrechen bereitet hatte.
Betty Toufrys Alter war schwer zu schätzen. Man hätte sie für siebzehn oder achtzehn gehalten,
wären nicht ihre Augen gewesen, die für ein Mädchen ihres Alters viel zu weise in die Welt
schauten. Nach den Augen zu schließen, war Betty mindestens dreißig, aber sie war in Wirklichkeit
fast achtzig Jahre alt. Sie gehörte zu den Mutanten, die auf Wanderer die Zelldusche erhalten und
damit relative Unsterblichkeit erlangt hatten.
Betty Toufry schien ziemlich aufgeregt, als sie Marschall Freyt und General Deringhouse die
Hand reichte. Freyt lehnte sich zurück, bot ihr einen Sessel an und betrachtete sie.
»Lassen Sie mich raten«, begann er freundlich. »Es ist etwas Wichtiges geschehen. Aber nichts
so Eiliges, daß Sie mich deswegen hätten anrufen müssen. Sie sind vorbeigekommen, weil Sie gerade
in der Gegend waren, stimmt das?«
Betty schüttelte den Kopf. Sie lächelte ein wenig. Sie kannte Freyts Art. Jedesmal, wenn er
ihr begegnete, bestand er darauf, ihre Gedanken erraten zu dürfen. Es war ein Spiel, das sie
entwickelt hatten, als Betty Toufry noch ein Kind und damals die begabteste Telepathin des
terranischen Mutantenkorps gewesen war.
»Falsch«, antwortete Betty und wurde sofort wieder ernst. »Die Sache ist sehr wichtig und sehr
eilig. Ich bin auf dem schnellsten Wege hierhergekommen, um Ihnen die Sache so ausführlich wie
möglich zu berichten.«
Conrad Deringhouse saß auf der Kante des mächtigen Schreibtisches.
Marschall Freyt sah Betty aufmerksam und auffordernd an.
»Ellert hat sich gemeldet«, stieß Betty hervor.
Deringhouse pfiff zwischen den
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