Silberband 012 - Der Anti
»Ich werde
in fünfzehn Minuten das Feuer eröffnen lassen. Selbstverständlich werden dabei auch die
unterirdischen Verliese vernichtet, in denen Ihr anscheinend verhältnismäßig sicher zu sein
glaubt. Wenn Ihr Euch vorher meldet und Euch bereit erklärt, das gestohlene Gerät auszuliefern,
werde ich Euch laufenlassen. Damit rettet Ihr Euer Leben. Falls Ihr Euch nicht meldet, werdet Ihr
in der Atomglut vergehen. Das ist alles. Ich gebe Leuten Eurer Art nur einmal eine Chance.«
Damit schaltete ich ab. Erschöpft und innerlich ausgelaugt sah ich mich nach Mercant um.
Der kleine Mann nickte anerkennend. »Gut, sehr gut. Warten wir also ab.«
Für mich begann die Periode des verzweifelten Wartens. Wie würde sich der Hohepriester
verhalten? Konnte er zu der Überzeugung kommen, ich hätte wirklich noch ein Zweitgerät? Würde er
es als akzeptabel ansehen, daß ich die erwähnten Schwierigkeiten bei der Neubeschaffung eines
notwendigen Duplikats scheute?
Fragen über Fragen türmten sich auf. Ich befand mich zweifellos in der schlechteren
Situation.
Rhodan teilte mir mit, das Flottenflaggschiff DRUSUS sei auf dem Raumhafen von Torgona
gelandet, um weitere Truppen ausschleusen zu können. Der Kreuzer TOGO stünde jedoch im Raum.
Die Sekunden schienen zu Ewigkeiten zu werden. Der Hohepriester meldete sich nicht.
Allan D. Mercants schmales Gesicht war blaß. Die Sorgen setzten ihm zu. Schließlich trat er
neben mich. »Dieser Segno Kaata ist ein kluger Mann. Nun ist mir auch klar, warum er den
Diebstahl persönlich ausgeführt, oder ihn wenigstens überwacht hat. Er ist über seine
Antifähigkeit informiert. Da aber bekannt ist, daß Sie eine Gehirnaktivierung erfahren haben, lag
die Vermutung nahe, Sie könnten telepathische oder sonstige Eigenschaften besitzen. Deshalb sind
die Antis bei dem Überfall eingesetzt worden.«
»Ich verstehe, Mercant.«
»Erstaunlich ist nur, daß John Marshall behauptet, durch empfangene Gehirnimpulse erwacht zu
sein. Die Antis kann er unmöglich wahrgenommen haben. Wahrscheinlich waren demnach noch andere
Leute an der Sache beteiligt. Ich werde mich darum kümmern.«
»Ich werde Ihnen vorsorglich einige Vollmachten erteilen«, sagte ich, während mich Schwäche
überkam.
»Das ist nicht nötig, Atlan. Der Hohepriester muß sich entscheiden. Es entspräche nicht seinem
Intelligenzgrad, wenn er sich dazu hinreißen ließe, den Aktivator grundlos zu zerstören. Er wird
wahrscheinlich abwarten wollen, ob Sie sich tatsächlich zur Feuereröffnung entschließen oder
nicht. Tun Sie es aber, wird er in seiner ohnehin schwankenden Meinung noch unsicherer werden.
Die Behauptung über die Existenz eines Duplikats ist durchaus nicht so unwahrscheinlich. Er wird
wohl das Für und Wider abwägen. Ich bin der Auffassung, daß er im letzten Moment die Bedingung
stellt, freigelassen zu werden. Dabei kommt es darauf an, ob er Ihr Versprechen für bare Münze
nimmt oder nicht.«
»Kann er fliehen?«
Rhodan hatte schweigend zugehört. Wortlos deutete er auf die geballte Truppenmacht. »Bei dem
Aufgebot? Er sieht uns sicherlich auf seinen Fernbildschirmen. Außerdem dürfte er wissen, daß der
Raum von Kampfschiffen aller Art wimmelt. Er muß einen anderen Weg suchen.«
»Ich glaubte auch daran, aber dieser Glaube war verkehrt. Wenn wir schon etwas mehr Erfahrung
mit den Antis gehabt hätten, wären andere Vorbereitungen getroffen worden.«
Ich hätte auf keinen Fall das riskiert, was dieser Unheimliche kurze Zeit später wagte.
Die fünfzehn Minuten waren ergebnislos verstrichen. Segno Kaata hatte sich nicht
gemeldet. Da glaubte ich zu ahnen, daß sich auch ein Mann vom Rang des Solaren Abwehrchefs irren
konnte.
Seit einigen Minuten wich er meinen fragenden Blicken aus. Mercant schien zu wissen, daß er
ausnahmsweise einmal danebengetippt hatte.
Ich dachte daran, die 65-Stunden-Forderung zu akzeptieren, um dem Hohenpriester anschließend
mein Robotdouble vorzuführen. Die Spezialmaschine war bereits zurückgerufen worden. Sie befand
sich in unserer Nähe.
Zweifellos hätte ich Kaata damit täuschen können, aber was wäre innerhalb der fünf
überzähligen Stunden mit mir geschehen? Sechzig Stunden konnte ich ohne Zerfallserscheinung
leben, obwohl ich jetzt schon spürte, daß meine Körperzellen in Aufruhr gerieten.
Nein, ich konnte nicht auf das Angebot des Baalols eingehen. Es wäre mein sicheres Ende
gewesen.
Vor zehn Minuten hatte ich zusammen
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