Silberband 012 - Der Anti
Wächtern.«
In T-39 brach eine Welt zusammen. Er sah, wie der Roboter sich in Bewegung setzte und auf ihn
zukam. Ein Schrei des Entsetzens entrang sich seiner Kehle, und mit letzter Kraft klammerte es
sich am Bett fest.
»Ich will nicht! Kommandant, tun Sie etwas! Sie vermögen doch etwas zu tun! Jetzt, da die
Zukunft …«
Doch er kam nicht weiter. Irgend etwas schien plötzlich seinen Mund zu verschließen. Er dachte
an die vielen tausend Menschen in den Kabinen und Korridoren des Schiffes, die alle dem gleichen
Schicksal wie er entgegengesehen hatten und die nun eine Chance erhalten sollten, einer besseren
Zukunft entgegenleben zu dürfen.
Wenn er, T-39, sie nicht verriet.
Schlaff sanken seine Arme nach unten. Der Interkom war immer noch eingeschaltet. T-39 wußte,
daß der Kommandant lauschte. Er würde alles hören können, was hier in der Kabine geschah.
Die Verzweiflung des Technikers verwandelte sich in unbegreiflichen Mut.
»Es ist schon gut, Wächter«, sagte er ruhig. »Ich werde mich nicht mehr wehren und mit euch
kommen. Leben Sie wohl, Kommandant. Und – ich wünsche Ihnen alles Gute.«
»Seien Sie tapfer, T-Neununddreißig«, kam die Stimme aus dem Lautsprecher, und sie verriet
sichtlich Bedauern. »Was Sie jetzt tun, ist nicht umsonst gewesen. Sie tun es für uns alle.«
»Danke«, erwiderte T-39 leise, dann wandte er sich den Wächtern zu. »Gehen wir endlich.«
Ohne jedes Erstaunen registrierte der Wächter den fast unglaublichen Wandel im Wesen seines
Opfers. Er trat zur Seite und ließ dem Techniker den Vortritt. Ohne sich auch nur einmal
umzusehen, verließ T-39 seine Kabine und wandte sich draußen auf dem Gang nach rechts. Von dort,
so wußte er, waren die Roboter des Todeskommandos gekommen.
Sie nahmen ihn in ihre Mitte und führten ihn durch zahllose Korridore. Das bisher leise und
kaum wahrnehmbare Summen der großen Aggregate im Innern des Schiffes wurde deutlicher. Mechaniker
und andere Techniker begegneten ihnen. Sie blieben stehen und ließen die unheimliche Gruppe
vorbei. Man begegnete fast täglich irgendwo im Schiff dem Todeskommando. Es würde jeden abholen.
Es war nichts Besonderes.
T-39 sah geradeaus, nicht nach links oder nach rechts. Er wollte niemanden sehen, denn er
fürchtete sich davor, etwas zu verraten. Zum zweitenmal in seinem Dasein hatte er sich mit dem
unvermeidbaren Ende abgefunden.
Sie bogen in einen schmalen Gang ein, der in einer einzelnen Tür endete. Wie durch Zauberhand
öffnete sie sich und gab den dahinterliegenden Raum frei.
T-39 schritt weiter und blieb in der Mitte des Raumes stehen. Verwundert sah er sich um. Die
Wächter nahmen Aufstellung, nachdem sich hinter ihnen die Tür wieder geschlossen hatte.
T-39 wußte, daß niemand bei den Hinrichtungen zugegen sein durfte. Noch niemals hatte jemand
berichten können, wie es im Todesraum aussah. Die ovale Klappe dort in der Wand – das mußte
die Zuführung zum Konverter sein.
Der Führer der Wächter ging zu der Klappe und betätigte die elektronische Kontrolle. Langsam
schwang der ovale Metalldeckel vor und gab ein dunkles Loch frei, das groß genug war, einen
Menschen aufzunehmen. Dahinter wurde eine schräg nach unten führende Gleitbahn sichtbar. Was in
der Tiefe war, ließ sich nur erraten.
T-39 erschauerte. In ihm regte sich das unwiderstehliche Verlangen, etwas zu unternehmen, sich
nicht einfach töten zu lassen.
Aber dann glaubte er, wieder die eindringliche Stimme von O-2 zu hören, der ihm die Zukunft
ihres Volkes schilderte. Oder den Befehl des Kommandanten, seine letzten, guten Worte.
Nein. Es gab keinen Ausweg. Er mußte sich fügen.
»Stecke den Kopf in die Öffnung!« befahl der Wächter gefühllos.
T-39 hörte die Schritte der Roboter hinter sich näher kommen, und dann spürte er ihren Griff
an den Beinen.
Er erhielt einen kräftigen Stoß – und dann glitt er auf der Rutsche hinab in die finstere
Ungewißheit des Reaktors.
Irgendwo vor ihm mußte der Tod warten.
Oben schloß sich die Klappe wieder, und es wurde stockdunkel. Unten aber schimmerte plötzlich
ein Licht. Die Atomglut? Wo aber blieb die Hitze dieser atomaren Glut, die ihn verschlingen
sollte? Er spürte nichts davon. Aber vielleicht reagierten auch seine Nerven nicht mehr richtig,
und er hatte schon halb das Bewußtsein verloren.
Und dann, urplötzlich, hörte die Rutsche auf …
3.
Das Patrouillenschiff des Solaren Imperiums materialisierte und kehrte aus dem
Weitere Kostenlose Bücher