Silberband 012 - Der Anti
liegen, aber
auch er eröffnete nun das Feuer.
Die flammenden Umrisse des unsichtbaren Angreifers wurden deutlicher. Sein Körper war also
widerstandsfähig genug, Energiestrahlen zu reflektieren. Konnte er nicht vernichtet werden? Aber
dann sah Rhodan etwas, das ihm neue Hoffnung gab.
Der Fremde schwankte und erwiderte das konzentrische Feuer nicht.
Aber es waren nur die Umrisse, die zu sehen waren, nicht der eigentliche Körper des
Unsichtbaren. Die abfließenden Energiestrahlen machten das möglich. So ähnlich mußte es sein,
wenn man einen Eimer Wasser über einen unsichtbaren Menschen leerte. Am Wasser würde man die
Umrisse des Menschen erkennen können.
Doch dann, in wenigen Sekunden, geschah das Unfaßbare.
Vielleicht war es das Zusammentreffen der drei Energiestrahlen, vielleicht auch ein anderer
Umstand. Rhodan glaubte seinen Augen nicht zu trauen, als er plötzlich dreißig Meter vor sich den
Schnee verschwinden sah – und zwar den Schnee hinter den feurigen Umrissen.
Der Unsichtbare nahm Gestalt an. Er wurde sichtbar. Er wurde zu fester Materie.
»Feuer einstellen!« rief Rhodan und begann zu laufen.
Es waren ein verzweifelter Gedanke und eine genauso verzweifelte Hoffnung, die ihn
vorantrieben. Der Fremde hätte längst wieder geschossen, wenn ihm der Gegenangriff nichts
ausgemacht hätte. Und wenn er jetzt Formen angenommen hatte und mit seinem Körper sogar den
Schnee abdeckte, dann mußte man ihn auch mit den Händen greifen können.
Und genau das war es, was Rhodan vorhatte.
Gucky und Sengu hatten ihre Waffen gesenkt und sahen mit aufgerissenen Augen zu, was Rhodan
tat. Der Mausbiber war viel zu verblüfft, um seine telekinetischen Fähigkeiten einzusetzen und
den Fremden vielleicht festzuhalten. Er stand nur da und schaute. Der Arm mit der Pistole hing
schlaff am Körper herab.
Noch während Rhodan mit einem gewaltigen Satz die letzten trennenden Meter zurücklegte,
begannen sich die Formen des Fremden wieder zu verflüchtigen. Der Schnee schimmerte bereits
wieder durch.
Da war Rhodan heran.
Seine Hände – nun völlig frei, denn die Waffe hatte er fallen lassen – packten zu
und fühlten Widerstand. Die Finger krallten sich in etwas Weiches. Ein Strom haßerfüllter
Gedanken traf ihn und ließ ihn unwillkürlich zusammenzucken. Die Schmerzen im Gehirn wurden
unerträglich.
Dann entmaterialisierte der Fremde und entglitt Rhodans Händen. Ein zweiter Angriff erfolgte
nicht mehr. Die Gedankenimpulse wurden schwächer und erloschen ganz.
Rhodan bückte sich und nahm seine Waffe auf.
Gucky sagte: »Was war das? Keine Teleportation, kein Spiegelfeld? Du hast ihn packen können,
aber er verschwand wieder. Ich begreife nichts mehr.«
»Sei beruhigt, ich habe auch keine Erklärung«, entgegnete Rhodan verbittert. »Aber immerhin
wissen wir nun, daß sie nicht ganz so unempfindlich sind, wie wir befürchteten. Im konzentrischen
Feuer unserer Waffen werden sie sichtbar und materiell. Vielleicht empfinden sie sogar Schmerzen.
Wer weiß, vielleicht sterben sie sogar und entmaterialisieren dann. Ich möchte nur wissen, wer
sie sind, woher sie kommen und was sie hier wollen.«
Die schweigende Landschaft unter dem sternenlosen Himmel gab keine Antwort.
»Dort drüben die Wand«, fuhr Rhodan fort, »sie ist künstlich oder zumindest bearbeitet worden.
Vielleicht können Sie feststellen, was dahinter ist, Sengu.«
Das war für den Japaner nicht schwer. »Sie ist nur einen Meter dick, dahinter liegt eine
Halle – sieht aus wie ein Bahnhof. Viele Schienen und Fahrzeuge. Dann ein Tunnel schräg in
die Tiefe. Zwei Schienenstränge. Kein Licht.«
Rhodan zeigte auf den Beutel, den Sengu trug. »Wir haben eine Lampe mitgenommen. Also gut,
Gucky, bringe uns hinter die Wand. Wir werden uns Barkon jetzt von innen ansehen. Ich fürchte,
auf der Oberfläche haben wir nichts mehr verloren – wir könnten höchstens das Leben
verlieren. Das da eben …«, er zeigte auf die Stelle, an der er den Fremden gefühlt hatte,
»war purer Zufall.«
Gucky kam herbei und nahm die Männer bei der Hand. »Ich fühle mich auch wohler, wenn ich eine
Decke über mir sehe und nicht diesen unheimlichen Himmel ohne Sterne. Wie man sich doch an die
Sterne gewöhnen kann.«
»Man merkt es erst, wenn man sie nicht mehr sieht.«
Der Mausbiber konzentrierte sich und teleportierte.
Der Sprung überbrückte nicht mehr als zehn Meter, aber er führte durch die
Steinmauer, die sie in
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