Silberband 013 - Der Zielstern
gekrampfter Finger lockerte sich.
Fellmer Lloyd, ein muskulöser, dunkelhaariger Mann, sah mich noch immer an, bis er schleppend
sagte: »Sir, ich bitte um Entschuldigung. Ich bemerkte den feinen Stachel erst, als Moku zum
Sprung ansetzte.«
»Stachel?« stammelte ich fassungslos.
»Ganz recht, Sir. Die Hirnwellenimpulse der Hündin waren mir genau bekannt. Als sie aus dem
Flugwagen Ihres Bedienungsroboters sprang, registrierte ich Schmerz, Not und noch etwas, was ich
nicht gut verstehen konnte. Das Tier war verzweifelt. Etwas war mit Moku geschehen. Sie rannte
sofort auf Sie zu, als wolle sie Ihnen ihr Leid mitteilen. Damit aber hatte jemand gerechnet.
Dieser Jemand wußte auch, daß Sie es kaum über sich bringen würden, den Schutzschirm nicht zu
öffnen. Ich zögerte beinahe zu lange. Sie sollten mir glauben, daß Moku auf andere Art nicht mehr
zu stoppen gewesen ist. Ich mußte schießen.«
Ich stand da wie betäubt. Mein Blick ging zwischen dem Mutanten, meinen blassen Begleitern und
der toten Boxerhündin hin und her.
Einige der Offiziere hatten ihre Waffen gezogen, die sie nun in die Halftern
zurücksteckten.
»Welcher Stachel?« fragte ich stockend. »Was meinen Sie überhaupt?«
»Seine Administrative Exzellenz nähern sich, Euer Erhabenheit«, flüsterte mir Truk Drautherb
mit einer Spur von Verzweiflung zu. »Euer Erhabenheit, der Empfang …«
Ich winkte den aufgeputzten Schwätzer zur Seite.
Ich kniete vor der Hündin nieder. Neben mir erschien Fellmer Lloyd. Vorsichtig hob er den
unverletzten Kopf des Hundes an und zog die Kiefer auseinander. Noch behutsamer schob er die
Zunge zur Seite, und da sah ich es selbst.
Ein fingerlanger, nadelspitzer Stachel war unter der Zunge mit einem biologischen, sofort
haftenden Klebstoff befestigt worden. Es war das gleiche Bioplast, das man in der Medizin zum
narbenlosen Verkleben von Operationswunden verwendet.
Wenn mich Moku in der gewohnten Art begrüßt hätte, wäre ich zweifellos von der Stachelspitze
verletzt worden. Wie benommen starrte ich auf das heimtückischste Mordwerkzeug, das ich jemals
kennengelernt hatte. Jemand war mit teuflischer Schlauheit vorgegangen. Man hatte mit meiner
Zuneigung für Moku gerechnet und das unschuldige Tier als Träger einer Waffe eingesetzt.
»Wir werden das an der Spitze haftende Gift zu analysieren versuchen, Atlan«, sagte da eine
bekannte Stimme. »Steh auf, alter Freund. Lloyd mußte tatsächlich schießen. Das Tier hätte nicht
mehr aufgehalten werden können.«
Jemand umfaßte meine zuckenden Schultern und zog mich auf die Beine. Als ich mich endlich
umdrehte, sah ich in Rhodans graue Augen.
Perry Rhodan gehörte zu den wenigen Männern, die mit den Augen lächeln können. Wenigstens
glaubte ich, die plötzlich aufglimmende Wärme körperlich zu spüren.
Nur wenige Meter entfernt standen etwa dreißig Mann eines terranischen Spezialkommandos.
Ich blickte zum leblosen Körper der Hündin nieder. Nach den auf Arkon gültigen Gesetzen mußte
er in einer Thermalkammer eingeäschert und anschließend aufgelöst werden.
Ich riß mich von dem Anblick los, als Fellmer Lloyd die Überreste auf die Arme nahm und zu
meinem wartenden Luftgleiter hinüberschritt. Ich wußte, daß er sich um alles kümmern würde.
»Er hat mir fraglos das Leben gerettet«, sagte ich und versuchte, die Ereignisse zu vergessen.
Mokus treues Gesicht, in dem man so deutlich ihre Gefühle hatte ablesen können, durfte mich nicht
länger verfolgen.
Rhodan war taktvoll genug, um keine überflüssige Bemerkung zu machen. Ein anderer hätte
vielleicht gesagt, es wäre zwar bedauerlich, aber schließlich hätte es sich ja ›nur‹ um einen
Hund gehandelt. Ich hätte einen solchen Ausspruch in diesem Augenblick kaum ertragen können, ohne
die Fassung zu verlieren.
Einige dröhnende Paukenschläge, denen sofort darauf gräßlich klingende Mißlaute folgten,
ließen mich erschreckt zusammenfahren. Rhodan stieß einen entsagungsvollen Seufzer aus, der von
dem rhythmischer werdenden Tuten, Blasen und Stampfen übertönt wurde.
Unbeherrscht schimpfend, drehte ich mich um. Ein Zeremonienmeister der dritten Klasse hatte
versucht, den ins Wasser gefallenen Empfang Seiner Administrativen Exzellenz, Perry Rhodan,
wenigstens mit Hilfe der Marschmusik zu retten.
Das auf etwa achthundert Musikstücke programmierte Robot-Musikkorps marschierte dröhnend und
klirrend auf uns zu. Dabei wirbelten zahlreiche Metallarme auf
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