Silberband 014 - Rhodans Sohn
vorüber, freundlich grüßte er nach rechts und links. Fast alle,
denen er begegnete, waren Bekannte, doch kein einziger war sein Freund. Er hatte kein Bedürfnis
danach, Freundschaften zu schließen. Wie seinerzeit auf Aralon, so lebte er auch hier
zurückgezogen.
Was jedoch seine Stellung und seine Arbeit anbetrafen, so standen diese zu seinem privaten
Leben im krassen Gegensatz.
Er war Chef der medizinischen Abteilungen und der pharmazeutischen Endfertigung. Er bestimmte
und überwachte die Chargen. Ohne seine Freigabe verließ nichts den Tempelbezirk.
Er arbeitete mit der Genauigkeit einer positronischen Kontrollanlage, sein Überblick über
sämtliche Zusammenhänge, gleichgültig, ob sie medizinischer Natur waren oder auf dem Gebiet der
Technologie lagen, war phänomenal.
Im Tempelbezirk gab es kein intelligentes Wesen, das Doktor Hugher schon einmal aufbrausend,
laut oder verärgert erlebt hatte. Eine gleichmäßige Freundlichkeit zeichnete diesen Mann aus.
Und noch eine Eigenschaft war an Hugher bemerkenswert: seine Dankbarkeit den Antis gegenüber,
die ihm dazu verholfen hatten, den Planeten Zalit zu verlassen und auf Aralon Arzt zu werden.
Seine Dankbarkeit war grenzenlos, er stellte sie über alles andere. Unbewußt hatte er sich in
ein Abhängigkeitsverhältnis geflüchtet und eine Scheinethik um sich herum aufgebaut, indem er
sich selbst sagte, daß die Antis richtig handelten und er als Mediziner ihren Auftrag auszuführen
habe.
Mit freundlichem Gruß betrat er sein Arbeitslabor. Zwei Priester blickten von ihrer Arbeit auf
und erwiderten seinen Gruß.
Ruhig nahm er hinter seinem Schreibtisch Platz. Er überflog die Folien, die sauber
ausgebreitet vor ihm lagen. Mit einem Blick hatte er das Wichtigste erkannt, um es für alle Zeit
als gedankliches Gut zu behalten.
Doktor Edmond Hugher ahnte nicht, daß es in der Galaxis noch einen Menschen mit dieser
Fähigkeit gab, das Wichtigste aus vielen Unterlagen mit einem Blick zu erfassen, zu verarbeiten
und zu behalten: seinen Vater, Perry Rhodan, den Ersten Administrator des Solaren Imperiums.
Er blickte nun zu Urzan hinüber. »Urzan, die Chargen 10.C-399 bis 11.C-999 müssen in zwei
Stunden verladen sein und noch heute abend auf Terra eintreffen.«
Der Priester zeigte Verwirrung, er glaubte, sich verhört zu haben. Jede einzelne Charge
Liquitiv – und Hugher konnte nur den Likör gemeint haben, weil er wie gewohnt darauf
verzichtet hatte, das Präparat zu benennen – bestand aus tausend Flaschen zu zwei
Kubikzentimeter. Und die Sendung, die er zur Erde leiten sollte, umfaßte damit sechzehn Millionen
Standardeinheiten. Diese Menge machte vier Fünftel ihres Bestands aus.
»Termol«, sprach Hugher freundlich den anderen Priester an, »setzen Sie sich bitte mit Tupar
in Verbindung und unterbreiten Sie ihm diesen Fall. Bitte, wollen Sie mir diese Folie
abnehmen?«
Termol wußte noch nicht, über welches Thema er mit Tupar, dem Fanatiker, sprechen sollte, doch
als er einen Blick auf die Folie warf, erkannte er die große Bedeutung dieses Auftrags.
»Termol, rufen Sie mich bitte von Tupars Anschluß an, wenn Sie Ihre Besprechung mit ihm
beendet haben.« Hugher lächelte dabei, doch in Gedanken überschlug er schon, wieviel Zeit
erforderlich war, um den Reservebestand an Liquitiv wieder auf zwanzig Millionen
Standardeinheiten zu bringen.
Unterdessen rief Urzan den Hauptraumhafen von Lepso an. Das zerfurchte Gesicht eines alten
Springers tauchte auf dem Bildschirm auf. Der Mann grinste zufrieden, als er Urzans Order
hörte.
»Ich schicke sofort Lastengleiter hinüber«, sagte er mit seiner tiefen Stimme. »Mit fünfzig,
bei einem Fassungsvermögen von hundertdreißig, komme ich doch aus, ja?«
Urzan überschlug kurz. »Schicken Sie sechzig Schweber, Singoll, das ist sicherer. Mit welchem
Schiff bringen Sie die Fracht nach Terra?«
»Mit der SIN XI, meinem neuesten Raumer. Er ist noch kein Jahr alt«, erwiderte der
Springerchef stolz. »Beförderung erfolgt nach Tarif D, billiger kann ich es nicht machen.«
Die Springer waren noch nie schlechte Kaufleute gewesen, und sie scheuten sich auch nicht, die
Anhänger des Baalolkults kräftig auszunutzen.
Der Frachttarif D war der teuerste. Urzan protestierte schon, als Hugher sich freundlich
lächelnd einmischte und von seinem Schreibtisch aus dem Priester zurief: »Akzeptieren Sie Tarif
D, Urzan. Springer Singoll möchte bitte sofort die Frachtpapiere
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