Silberband 014 - Rhodans Sohn
Bericht stammte aus der Zentrale der General Cosmic Company. Er enthielt nur einige
Textzeilen, dafür um so mehr Zahlenkolonnen. Nüchtern war darin aufgeführt, wieviel Liquitivlikör
seit zwei Jahren ins Gebiet des Solaren Imperiums eingeführt wurde.
Bullys Hand zitterte leicht, als er das Blatt zur Seite legte.
Der zweite Bericht war ein Protokoll und enthielt in gekürzter Form noch einmal die
wichtigsten Aussagen der auf Lepso befreiten achtundvierzig Menschen. Hinter einem großen Teil
der Namen stand ein Kreuz. Tot.
Bully fühlte, daß er sowohl von Perry Rhodan als auch von Mercant und Nike Quinto beobachtet
wurde. Er las: »Ich habe erstmals gegen Ende des Jahres 2090 oder zu Anfang 2091 den Likör
getrunken. Als ich nach dreimaliger Einnahme feststellen konnte, daß ich nicht nur ein
jugendliches Aussehen erhielt, sondern mich auch psychisch und physisch verjüngt fühlte, nahm ich
das Liquitiv regelmäßig. Bei diesen kleinen Mengen war auch der geringe Prozentsatz von Alkohol
keine Gefahr. Als Mediziner beobachtete ich mich über einen Zeitraum von sechzehn Monaten. Als
ich nach Ablauf dieser Zeit bei mir nicht die geringsten Nebenerscheinungen bemerkte, habe ich
den Likör allen meinen Bekannten und Freunden als harmloses, aber äußerst wirksames
Zell-Auffrischungs- und Aktivierungsmittel empfohlen.«
Zum Teil kannte Bully diese Aussagen schon, aber in dieser gekürzten, gedrängten Form wirkten
sie plötzlich wie eine Drohung. Jedes der Opfer hatte besonders vermerkt: Harmlos, keine
Nebenwirkungen! Verblüffende Verjüngungserscheinungen!
Auf dem dritten und vierten Blatt waren die Untersuchungsergebnisse von Fachleuten, die in
ihren Analysen zu ähnlichen Ergebnissen gekommen waren.
Bully hatte sich bis zur Hälfte durchgearbeitet, als er die Unterlagen sinken ließ und fast
hilflos sagte: »Ich verstehe jetzt gar nichts mehr. Wieso können alle behaupten, der Likör wäre
ein Verjüngungsmittel und harmlos, während wir auf Lepso achtundvierzig menschliche Ruinen, die
durch das Liquitiv unheilbar süchtig geworden waren, aufgelesen haben? Dieser Widerspruch will
mir nicht einleuchten. Kommt denn im Solaren Imperium ein anderes Liquitiv auf den Markt als auf
den übrigen Welten?«
Nike Quinto erwiderte: »Das haben wir nachgeprüft. Wir sind noch weiter gegangen und haben
Vergleichsuntersuchungen angestellt, indem wir das Testmaterial nochmals scharfen Kontrollen
unterzogen. Anschließend entnahmen wir der letzten Sendung zweihundert Flaschen von je zwei
Kubikzentimeter Likörinhalt und testeten ihn auch. Hier, auf der letzten Seite, finden Sie das
Resultat: Seit Jahr und Tag kommt ein und dasselbe Liquitiv zur Erde. Die chemische
Zusammensetzung ist gleich.«
»Hm«, brummte Bully und machte ein unzufriedenes Gesicht. Er kam jedoch nicht mehr dazu,
Quinto zu antworten, denn Rhodan wurde über Hyperfunk von Atlan angerufen. Das Gespräch, das nun
von der Zentrale in Rhodans Büro gelegt wurde, kam nicht überraschend, denn Rhodan hatte vor ein
paar Stunden Arkon angerufen, um von Atlan etwas über das Liquitiv zu erfahren. Der Arkonide
hatte versprochen, Nachforschungen anzustellen.
Das Gesicht des Arkoniden erschien auf dem leicht gewölbten Bildschirm. Mit einem Blick hatte
Atlan erkannt, wer sich bei dem Ersten Administrator des Solaren Imperiums aufhielt. Nach kurzer
Begrüßung kam er zur Sache.
Er sagte bitter: »Ohne Übertreibung behaupte ich, daß das arkonidische Sternenreich vom
Liquitiv verseucht ist. Ich habe das Robotgehirn befragt: keine Auskunft. Ich habe die Aras
alarmiert und mehr als deutlich mit ihnen gesprochen. Sie behaupten, vor einem Rätsel zu stehen.
Was ihre Aussagen glaubwürdig macht: Auf den Welten der Galaktischen Mediziner besteht diese
Sucht nach dem Liquitivlikör auch. Dies läßt den Schluß zu, daß nur eine kleine Gruppe von
Aras – ohne Wissen und Billigung ihrer Regierung – mit den Antis zusammenarbeitet. Ich
bin davon überzeugt, daß hinter der Liquitiv-Geschichte eine ganz bestimmte Absicht steckt. Es
scheint so, als ob die Antis damit die galaktische Ordnung in ihren Grundfesten erschüttern
wollten, um in dem entstehenden Chaos die Macht an sich zu reißen. Nur eines ist mir dabei noch
unklar. Nach den bisherigen Auswertungsergebnissen steht fest, daß ein dauernder Genuß des Likörs
über einen Zeitraum von 12 Jahren und 4 Monaten zum rapiden körperlichen und geistigen Verfall
der Süchtigen und
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